NOTHING

Foto© by Ben Rayner

Durchs Feuer gehen

„Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn die Leute einsehen würden, dass die menschliche Existenz keinem tieferen Sinn unterworfen ist.“ NOTHING-Mastermind Domenic Palermo ist kein einfacher Charakter und scheint vom Leben zutiefst desillusioniert. Aufgrund einer Affekthandlung verbrachte er wichtige Jahre seines Lebens im Gefängnis. Eine Zeit, die ihn nachhaltig geprägt hat, genau wie den Titel des dritten Albums seiner Hauptband.

Dance On The Blacktop“ ist einem alten Gefängnis-Jargon entliehen und bedeutet, dass beim Hofgang ein Kampf angezettelt oder ein Häftling von anderen angegriffen wird – jeder kann sich die Szenen dank dem einen oder anderen Film vorstellen. Auf die Frage, was ihn an dieser Zeit besonders geprägt hat, antwortet Palermo: „Das Gefängnis hat mir zwei Jahre meines Lebens genommen, davor stand ich zwei Jahre vor Gericht und diese Zeit hat sich eigentlich nicht von der späteren Haft unterschieden. Ich möchte nicht jemand sein, der diese Erfahrung zur Selbstdarstellung nutzt, aber für mich persönlich wird diese Zeit einfach immer relevant sein.“

Die Musik von NOTHING vereint scheinbare Gegensätze in Perfektion. Einerseits ist da dieser sphärische, luftige Shoegaze, der sich mit Leidenschaft in den Gitarrensounds der Neunziger suhlt und dem Ganzen einen grungigen Biss verleiht, auf der anderen Seite thematisiert der über allem schwebende Gesang nichts anderes als den Abstieg, die Verzweiflung und die Verachtung gegenüber der Welt. „Nothing’s a surprise anymore“ heißt es programmatisch in „The carpenter’s son“. Ist Palermos Dasein tatsächlich dermaßen deprimierend oder verwechselt man das mit dem lyrischen Ich, einem Charakter, der ein bestimmtes Bild erzeugen soll? „Alles auf der Welt entstammt purem Zufall und es ist sinnlos, ständig den Sinn in allem zu suchen. Seitdem ich das eingesehen habe, geht es mir besser. Trotzdem bin ich aber kein Nihilist, ich habe nur eine sehr zynische Sichtweise auf die Dinge. Ich bin jemand, der stets Ausschau nach dem Silberstreif am Horizont hält und wer das Chaos, aus dem alles entspringt, akzeptiert, wird auch Schönheit darin finden. Es zahlt sich für jeden aus, durchs Feuer zu gehen und zu versuchen, unsere Existenz als das zu begreifen, was sie ist.“

Auch Palermos andere musikalischen Projekte kommen beziehungsweise kamen inhaltlich nicht wesentlich lebensbejahender daher. Das Nebenprojekt DEATH OF LOVERS hat vergangenes Jahr mit „The Acrobat“ ein fantastisches Album veröffentlicht, laut Palermo schon etwas versöhnlicher, aber in erster Linie dazu da, die NOTHING-Fans auch mal zum Tanzen zu bringen. Angesprochen auf seine alte Hardcore-Band ­HORRORSHOW muss Palermo lachend zugeben, dass der Zeitpunkt, das Thema anzuschneiden, sehr günstig ist: „In den nächsten Tagen werden wir bekanntgeben, dass wir mit HORRORSHOW ein Konzert spielen. Das wird aber nur ein Ausflug in die Vergangenheit, eine einmalige Sache. Eigentlich bin ich damit durch, wie ein Verrückter auf der Bühne hin und her zu rennen. Heute bin ich immer auf der Suche nach der ruhigsten Musik, die ich finden kann.“