Foto

BRUCE SPRINGSTEEN

Letter To You

Wenn ein (Rock-)Titan wie Bruce Springsteen, seit schlanken 71 Jahren auf dem aus den Fugen geratenen Planeten, sein zwanzigstes Studioalbum veröffentlicht, dann weckt „Letter To You“ beinahe unermessliche Erwartungshaltungen, Hoffnungen, Sehnsüchte .... Mehr noch, weil nach „Western Stars“, das sich etwa diesem Springsteen-Fan bisher nicht erschloss, der Boss wieder mit seiner E STREET BAND aufgenommen hat. Die resultierenden elf Songs, besonders schick in der Doppel-Vinylversion mit drei bespielten Seiten angerichtet, machen tatsächlich glücklich. Ein souveränes und berührendes Spätwerk, das sich ganz ohne urteilsmildernde Präfix „Spät-“ als zwingender Eintrag in die Diskografie erweist, vergleichbar mit „Colorado“ von NEIL YOUNG & CRAZY HORSE (Gitarrist Nils Lofgren spielt auf beiden Alben). Themen wie Sterblichkeit und Vergänglichkeit, die „großen Fragen“, sind omnipräsent. Aber so wie Springsteen am Broadway den eigenen Mythos total auseinandergenommen hat, von wegen „Working Class“, oder Autos/Autofahren als große US-amerikanische Identitätsbausteine, um ihn noch heller strahlen zu lassen, gelingt hier Transzendenz, weit mehr als von Musik noch zu erwarten wäre. Als würde sie noch immer davon erzählen, unbedingt das eine Gesicht zu finden, das nicht durch einen hindurchsieht, wie Springsteen es in „Badlands“ seit Jahrzehnten stellvertretend für uns alle beschwört.