MIR KANN KEINER

Florian Günther

Günther legt mit „Mir kann keiner“ seinen bereits sechsten Gedichtband vor, und es scheint, als sei Bukowski nie gestorben, damals, irgendwann im März. Doch hier schreibt ein Lebendiger, wenn auch nicht Quicklebendiger, wie Unmengen von Bier vermuten lassen.

Und mehr noch: Hier schreibt kein billiges Bukowski-Plagiat, sondern ein Ostler, der bereits zu seiner eigenen Schreibe gefunden hatte, bevor er Bukowski überhaupt kannte. Und so beherrscht Florian Günther all die schwierigen Tricks, um den immer gleichen Sujets Alltag, Alltag, Alltag eben doch Tiefsinn und Heiterkeit abzugewinnen, auch wenn diese Heiterkeit manchmal vielleicht Sarkasmus weichen muss, aber dennoch lächeln lässt.

Günther kann es sich erlauben, mit Wiederholungen zu kokettieren, denn: „Als sie zur Tür/ herausspazierte, wußte ich,/ sie würde/ wiederkommen. (Die Nächste)“ Und eines ist klar: Die Nächste ist niemals die einzige und erst recht nie die letzte, und so wird Günther dem Alltag in Berlin auch weiterhin genug Zeilen abgewinnen, um diese in Gedichte pressen zu können.

Es scheint aus dem Ärmel geschüttelt, improvisiert und ein leichtes – und ist genau deshalb großartige Handwerkskunst. Hier schmiedet ein Dichter an seinem Talent, und er benutzt den alltäglich Wahnsinn als Amboss.

Und dann, inmitten der Seiten, so etwas wie Selbsterkenntnis: „Hier der Autor/ der geschliffenen Zeile,/ dort nichts/ weiter als ein Säufer mehr;/ faul, arbeitslos/ und laut. (Nichts ist sicher)“ Wer also zur Klärung für philosophische Fragen auf Habermas, Heidegger & Co verzichten kann und die wesentlichen Dinge eher auf einen Bierdeckel schmiert (und mehr wesentliche Dinge gibt es nicht!), sei hiermit bedient.

Und das allemals besser, als von langfüßigen Kellnern in Paris.