STATTMATRATZEN

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Nix Girl-Punk!

Auf die Bezeichnung „Girl-Punk“ reagieren die Berliner THE STATTMATRATZEN allergisch, von „Boy-Punk“ rede ja auch keiner, und wo sie Recht haben, da haben sie Recht. Vor ein paar Wochen erschien ihr Album „Egoshooter“ auf Aggressive Punk Produktionen. „Guter Deutschpunk aus der Hauptstadt hat nicht mit der VORKRIEGSJUGEND in den Achtzigern aufgehört zu existieren, vielleicht hat er nur zu lange am Kottbusser Tor rumgehangen. Die STATTMATRATZEN beweisen also, wie frischer Berliner Punkrock im Jahr 2010 geht [...] – und das, ohne auf längs verblichene Mauerstadt-Klischees zurückgreifen zu müssen“, hieß es dazu im Ox. Und so stellte ich meine Fragen, die Nika beantwortete.

Kollege Timbob fühlte sich in seiner Ox-Besprechung von euch an das Berlin-Musical „Linie 1“ erinnert. Trifft das, oder schmeichelt das? Und erklärt mal für Auswärtige, was „Linie 1“ war oder ist.

Ha, erwischt, und wir sind ja auch nicht alle original Berliner Gören, aber klar „Linie 1“ war eines der bekanntesten deutschen Musicals mit weltweitem Erfolg, mal ganz abgesehen von der Berliner Story. Das schmeichelt ohne Frage! Zur Erklärung: Die Linie 1 ist die heutige U1, die von Friedrichshain aus durch Westberlin fährt. Im Übrigen trifft man da heute noch eine Menge absonderlicher Gestalten, aber die trifft man ja in Berlin sowieso überall.

Berlin ist groß, zu welcher Stadtteilszene gehört ihr und kommt ihr da auch mal raus?

Wir wohnen alle in unterschiedlichen Stadtteilen und drehen meist unser eigenes Ding. Ab und an treiben wir uns in den einschlägigen Kneipen und Clubs rum, die Berlin so zu bieten hat, hocken in Parks, auf Schulhöfen, in S- und U-Bahnen und bieten Omis unseren Platz an oder kaufen ein paar Blumen für Mutti! Und klar kommen wir da mal raus, schon allein durch die Konzerte sind wir ja immer wieder unterwegs und wir jumpen auch von Stadtteil zu Stadtteil. Gibt ja überall ’ne Menge zu entdecken. Uns verschlägt’s ja sogar wöchentlich bis ins tiefste Marzahn, um zu proben. Da soll mal einer sagen, wir wären Bezirkslobbyisten. Aber sicher gibt es Orte, an denen wir uns am liebsten aufhalten. Die werden aber nicht verraten, höhö!

Was macht ihr in Sachen Berliner Girl-Punk richtig, was so eine miese C-Celebrity-Combo wie PANDA völlig falsch verstanden hat?

Ganz unabhängig von PANDA müssen wir uns mal definitiv von dem Begriff Girl-Punk distanzieren, was soll das denn sein? Mädchen-Punk? Und die Jungs machen alle Boy-Punk? Yeah, das wird ein Fest. Da wir natürlich tagtäglich unser Ego füttern, wie sich das für die gepflegte Göre vom Kiez gehört, gibt es eigentlich nur drei Dinge, die uns auf dem Weg zu musikalischer Erleuchtung begleitet haben:1. Diätjoghurt; 2. Chronischer Geldmangel; 3. Kreuzberger Nächte. Um das Kreativpotenzial voll auszuschöpfen, sind das die besten Begleiter.

„Matratze“, das kann auch ein übler, sexistischer Ausdruck für eine Frau sein, von der Männer den Eindruck haben, sie lasse jeden „drüber“. Könnt ihr uns aufklären, was es mit eurem Namen auf sich hat?

Mann oder Frau sieht immer das, was er/sie sehen will. Wenn man damit nur Sexismus in Verbindung bringen will, dann macht man das auch. Man hört sich die Platte nicht an, weil der Bandname so furchtbar unerhört ist, ja man geht sogar so weit, die Platte nicht zu besprechen, weil man so peinlich berührt ist. Ist interessant, wie ein lapidarer Bandname im Jahr 2011 noch so viel Kontroverse auslösen kann. Provokation und Wortwitz war ursprünglich die Zielsetzung. Wir sind jetzt um ein paar Bekanntschaften mit verklemmten Journalisten, Möchtegernsexisten, und so genannten Feministinnen reicher. Halleluja.

Apropos Matratzen: Irgendwie sind die deutschen Städte voll von den überall gleich aussehenden Billig-Matratzen-Läden – auch schon mal aufgefallen? Kauft da überhaupt jemand oder werden da dunkle Geschäfte abgewickelt? Ihr als Matratzenfachfrauen müsstet das doch wissen.

Das läuft eigentlich unter Betriebsgeheimnis. Aber klar, wenn es die werten Ox-Leser interessiert, wie echte Matratzenpolitik abläuft, dann wohl eher Letzteres. Sekt und Soja für alle!

Und noch eine Namensfrage: Das „The“ vor eurem Namen, wo kommt das her? Ist euch das zugelaufen? Irgendwie ist das ja wie mit Männern und Frauen – entweder eine Band hat ein „The“ und dann muss das auch da sein, oder sie hat einen total bekloppten Namen aus fünf Worten und komische Emo-Frisuren.

Nanu, da ist ja ein THE vor STATTMATRATZEN! Jetzt wo du es sagst ... Very British! Wir müssen jetzt los, it’s tea time und Queen Mum wartet.

Zugelaufen – ist euch das auch euer Produzent, der TERRORGRUPPEn-Archi?

Eher umgekehrt, er hat uns angefüttert und dann war es auch schon passiert. Wir hockten andauernd bei ihm im Studio und holten uns gute Ratschläge ab, um im Musikbizmorast nicht zu versumpfen. Irgendwann hat’s ihm dann gereicht und er bot uns an, die Platte einfach bei ihm aufzunehmen. Und das war der beste Ratschlag überhaupt. Versumpfen tun wir jetzt höchsten im Berliner Nachtleben, hehe.

Zum Schluss dürft ihr noch kreativ sein: Punk ist ...

...was den Kopf befreit!