ALBUM LEAF

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Sounds of silence

Mit „Between Waves“ hat Jimmy LaValle ein weiteres Album seines Projektes THE ALBUM LEAF im Alleingang geschrieben und produziert. Er selbst beschreibt seine Musik als Soundtrack zum Reisen. Tatsächlich laden die acht atmosphärischen Ambient/Instrumentalrock-Songs dazu ein, in die Musik des Amerikaners einzutauchen und die Außenwelt kurz auszusperren. Dabei zeigt er sich dieses Mal vielseitiger als vor sechs Jahren beim Vorgänger „A Chorus Of Storytellers“. Was ihn immer wieder antreibt, Songs zu veröffentlichen, und was „Between Waves“ so besonders macht, erzählt er im folgenden Interview.

Jimmy, „Between Waves“ ist wie gewohnt sehr atmosphärisch und fast schon verträumt geworden. Was bedeutet Stille für dich als jemanden, der mit allerhand Sounds hantiert?

In einem Song kann eine ruhige Stelle sehr zum Spannungsaufbau beitragen. Nicht alles, was laut ist und jemanden geradezu anschreit, hat Gehör verdient. Es ist mir wichtig, ganz bestimmte Dinge in Szene zu setzen, ohne sie dabei zu detailliert mit Worten zu beschreiben. Bei instrumentalen Songs ist es ja etwas schwieriger zu erklären, welche Gefühle oder Ideen dazu geführt haben, dass alles so klingt. Stille bietet uns auch die Möglichkeit, über viele Dinge nachzudenken und mal kurz Luft zu holen.

Und was definierst du musikalisch als Lärm?

Musikalisch ist das gar nicht so einfach. Ich würde eher vieles, das während des Musikhörens passiert, als Lähm oder Störung bezeichnen. Zum Beispiel gibt es immer Momente, in denen ich total in der Musik versunken bin, und dann sehe ich irgendwelche Dinge, die mich wieder ablenken können. Es gibt natürlich auch grässliche Popmusik, die man getrost als Lärm bezeichnen kann. Ich würde jedoch nicht so weit gehen, zu sagen, dass ich je Lärm bewusst eingesetzt habe. Anders als Stille, von der wir gerade sprachen.

Hast du dich jemals missverstanden gefühlt während mit dir über deine Musik gesprochen wurde?

Manchmal schon. Dabei muss ich den Leuten jedoch zugute halten, dass der Hauptteil meiner Songs ja rein instrumental ist und es eine gewisse Zeit und Aufmerksamkeit braucht, um darin einzutauchen. Hörst du sie nur nebenbei, kann es sein, dass sie an dir vorbeirauscht. Lässt du dich aber darauf ein, kann sie wohlmöglich dein Leben bereichern. Viele Songs funktionieren auch erst an ganz bestimmten Plätzen. Es ist wie Filmmusik, die die Stimmung einer Sequenz beeinflusst. So gesehen geht eine große Macht von Musik aus.

Wie sah denn der Entstehungsprozess bei „Between Waves“ aus? Schließlich bist da als Soundtütfler bekannt. Zudem klingt die Platte viel mehr nach einer Bandplatte als nach einem Ein-Mann-Projekt.

Ich hatte einen bestimmten Sound im Kopf, der wieder etwas traditioneller klingen sollte. Wobei traditionell die Sache vielleicht nicht gut beschreibt. Es war eher ein Instrument, das ich hauptsächlich verwenden wollte. Ich wollte weg vom bereits bekannten Sound und verschiedene Dinge weiterentwickeln. Die Songs sind als richtige Bandsongs ausgelegt. Das hat damit zu tun, dass ich es mag mit anderen Musik zu machen. Als Inspiration nehme ich gerne die Momente, wenn ich auf Reisen oder generell unterwegs bin. Ich versuche dann, in meiner Garage diese Momente mit Musik nachzustellen.

Musstest du die Ideen deinen Bandmitgliedern erst erklären oder bist du weiterhin ein Ein-Mann-Projekt?

Ich schreibe alles allein und nehme es dann auch selber auf. So gesehen bin ich immer noch das Ein-Mann-Projekt, wie zu Beginn. Live habe ich immer eine Band dabei.

Wann entscheidest du denn für dich, ob Songs fertig oder gut sind?

Ich mag es, die Dinge im Bezug auf THE ALBUM LEAF zu hundert Prozent in der Hand zu halten. Natürlich setze ich mich damit auch der Gefahr aus, dass ich möglicherweise mit meinen Ideen nicht den Zeitgeist treffe. THE ALBUM LEAF ist das, was ich bin und was musikalisch aus mir herauskommt. Ich könnte und wollte nicht anders klingen. Was andere damit machen, kann ich nicht beeinflussen und spielt zumindest beim Schreiben der Songs auch keine so große Rolle.

„Between Waves” ist dein mittlerweile neuntes Album. Hast du einen Favoriten unter deinen alten Platten?

Schwer zu sagen. Natürlich ist gerade das besonders schön, was am aktuellsten ist. Ich weiß noch, wie viel Zeit und Aufmerksamkeit, ja sogar Liebe, da drin steckt. Ich mag die Soundtrack-Alben auch immer noch sehr, weil in diesem Fall das Konzept über ein reines Album hinaus ging.

Kannst du beschreiben welche Bilder du vor deinem inneren Auge siehst, wenn du deine Musik selber hörst?

Andere Menschen verbinden verschiedene Farben mit Musik und Tönen. Bei mir sind es Landschaften und Momente, die ich auf Reisen in anderen Ländern gesehen und erlebt habe. Mich reizen offene Landschaften mehr als dicht besiedelte Städte. Irgendwie ist da mehr Raum, um sich selbst zu entfalten.

Welche Länder wirken auf dich denn als größte Inspirationen?

Es gibt in Amerika ein großes Angebot an freien Flächen und Landstrichen, die fast wie unbewohnt wirken. Kanada ist auch sehr schön. Ebenso wie Norwegen und Schweden in Europa. Generell mag ich es aber auch immer wieder neue Länder zu bereisen und auf mich wirken zu lassen.

Du hast dein Projekt THE ALBUM LEAF nach einer Komposition von Chopin benannt. Wie würde ein klassischer Musiker über „Between Waves“ denken?

Ich würde mir wünschen, dass es ihm gefällt. Jedoch kann man klassische Musik und das, was ich nun mache, nur bedingt vergleichen.

Wie wichtig ist es dir, in deiner Musik einen politischen Standpunkt zu vertreten?

Heutzutage sollte jeder, der wenigstens ein bisschen in der Öffentlichkeit steht, seine Meinung zu desaströsen Entwicklungen äußern, um die Menschen aufzuwecken. Die Frage ist, wer uns denn zuhört. Wenn wir jedoch schweigen, können wir auch nichts bewegen. Es ist eine absolute Horrorvorstellung, wenn sich egoistische und rückschrittliche Geister durchsetzen, nur weil sich niemand gegen sie gestellt hat.

Hast du jetzt schon Ideen für ein weiteres Album?

„Between Waves“ ist jetzt abgeschlossen und ich werde mich mit der Platte erst mal auf Tour begeben. Es gibt natürlich jetzt schon Ideen, die ich festhalten muss. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werde ich wieder alles sammeln und dann geht es direkt weiter.