35 Jahre später: BILLY IDOL - Rebel Yell (LP, Chrysalis, 1983)

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Mühselig die Diskussion, ob Billy Idols zweites Studioalbum „Rebel Yell“ überhaupt noch etwas mit Punk gemein hatte, oder ob es mehr war als chartkompatibler Airplay-Rock mit Punk-Historismus für die Generation MTV. Sicherlich ist „Rebel Yell“ ein smartes Album mit hohem Unterhaltungswert. Aufgenommen in New York in den von Jimi Hendrix eingerichteten Electric Ladyland Studios, fasziniert es mit Gassenhauern wie „Rebel yell“, „Flesh for fantasy“, „Eyes without a face“ und „Catch my fall“. Billy Idol kultiviert und zelebriert den theatralisch inszenierten Showpunk auf plakative Weise. Eine Lehrstunde in Sachen Selbstinszenierung und Marketing. Der Rolling Stone brachte auf den Punkt: „In short, Rebel Yell is a ferocious record, sharp as a saber, hard as diamond, as beautiful and seductive as the darker side of life with which it flirts.“

Natürlich spielt Steve Stevens, der über LED ZEPPELIN und THE WHO zum Gitarre spielen fand, keinen Punk, sondern einen Sound, den man später auch bei GUNS N’ ROSES oder MÖTLEY CRÜE hätte unterbringen können, so what! Billy Idol nimmt den Ernst aus der Sache und widmet sich gänzlich und schonungslos dem Unterhaltungswert der Songs. Tanzen statt Message, so what! Die Keyboards und Synthies sind klebrig wie Honig, aber stimmig. Steve Stevens passte seinen Gitarrensound gar den Synthies an und machte dies auch dem Produzenten Keith Forsey deutlich: „Bevor du Keyboards aufnimmst, lass mich erst all meine Gitarrenparts einspielen. Ich möchte Gitarrenparts kreieren, die wie Keyboards klingen. Wenn du anschließend immer noch Synthies brauchst, dann können damit die noch freien Stellen gefüllt werden“.

Die optische Inszenierung ist essenzieller Bestandteil im Gesamtwerk Idols. Als sich Steve Stevens und Billy Idol 1981 kennen lernten, dachte Billy Idol, Steve wäre – so Stevens in einem Interview – „so ein langhaariger Hippie-Gitarrist“. Den Albumtitel entlehnte er der Bourbon-Marke Rebel Yell. Die Flasche sah er in einem Beitrag über die ROLLING STONES, als sich Keith Richards an dieser verlustierte. Und das bringt es auf den Punkt: Es geht hier nicht um ein spätes Erweckungserlebnis in Sachen 77er Punk, sondern um die telegene Punkrevolte von der Schulbank, die niemandem wehtat und niemals kontrovers war. 1984 zierte er das Cover der Bravo mit dem Untertitel „Billy Idol – der neue Rock-Typ ’84“.

„Rebel Yell“ hat nach 35 Jahren immer noch seine Berechtigung, und man muss es mit Billy Idol nicht ganz so böse meinen wie einst Joe Strummer mit Billy Idols Vorgängerband GENERATION X: „I hate bands like that. They stand for nothing, they mean nothing, they are essentially just a bunch of wimps.“