Falsche Prophet:innen

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Punkhistorische Betrachtungen (Teil 1)

In Folge 2 des Ox-Podcasts (nachzuhören auf der Ox-Website) hatte ich im 37-minütigen Gespräch mit Joachim Hiller davon erzählt, dass die Punk/Hardcore-Szene der Achtziger Jahre in unserem gemeinsamen schwäbischen Provinzgefilde Heidenheim aufgrund der vor Ort grassierenden Alternativlosigkeit äußerst mobil sein musste, wenn es darum ging, am (diesem Milieu zugeordneten) gegenkulturellen Angebot zufriedenstellend bis ausfüllend partizipieren zu können. Denn dieses ausschließlich durch konkrete, durch hinreichende physische Präsenz konsumier-, sich zutiefst anverwandelbare Angebot konnte eben nur in Städten oder Dörfern oder Kleinstgemeinden rezipiert werden, die nicht Heidenheim an der Brenz (HDH) waren – also außerhalb standen. Direkt in HDH haben etwa SOCIAL UNREST niemals gespielt.

Dieses Außerhalb hatte in seinen extremsten Ausläufern einen Durchmesser von fast 400 Kilometern und reichte in Nord-Süd-Ausdehnung von Raunheim in Hessen bis nach Konstanz hinunter, während die West-Ost-Achse von Freiburg im Breisgau und München definiert wurde. Und: Wir sprechen hier über Hin-und-Zurück-Ein-Tages-Trips! Und: Wir sprechen in diesem Fall von einem Zeitraum von etwa neun Jahren. Ich war, bevor ich dann im September 1991 nach Heidelberg gezogen bin – dort war soeben ein großes, relevantes Autonomes Zentrum erkämpft worden, das bis Anfang 1999 stehen sollte –, von Mitte 1982 an aktiver Teil der süddeutschen Punk-Szene, die immer schon einen sehr starken Drall zum Hardcorigen hatte.

Underground Hits
Am weitaus Prägnantesten bringt dies der famose Aggressive Rockproduktionen-Sampler „Underground Hits“ zum Ausdruck, der Ende 1982 – also passend zu meiner Inauguration – erschienen war und in und an mir einen bis in die Gegenwart grell leuchtenden, pushenden Sozialisations-Marker setzte (und mit CHAOS Z aus Stuttgart war darauf ja auch eine südwestdeutsche, durchaus hardcorig grundierte Combo vertreten). Ich weiß heute noch, wie mein Kumpel Roger und ich uns im Wehrenfeld – so hieß die von abgefuckten beigefarbenen Hochhäusern durchzogene Gegend, in der wir beide sozialwohnungssozialisiert aufgewachsen sind –, bei Roger zusammen vor seine in einem Wandregal eingezwängte, im Abspielmodus scheppernde Musikanlage inklusive halbautomatischem Plattenspieler gehockt und uns das im Gegensatz zu den leichter einklaubaren Kompaktkassetten „wertvolle“ Vinyl reingezogen haben. „Arsch im Sarge“ und „B-Alarm“ von RAZZIA – zwei nach wie vor unglaubliche, Alterungsprozessen erfolgreich trotzende Tracks – hörten wir uns (im Angesicht des dadurch drohenden Diamantnadel-Verschleißes) gefühlte 1,37 Millionen Mal an, um die von Rajas Thiele genialst hingerotzten, von Enjambements geprägten Texte Zeile für Zeile sinnzusammenhängend zu entlarven und sodann in einem Fluss auf einem Blatt Papier fixieren zu können. „Arsch im Sarge“ hat uns fast wahnsinnig gemacht! Wir haben diesen „Arsch“ dann aber irgendwann „entschlüsselt“ ... In meinem Zimmer hängt noch immer der auf edles hellbraunes Marmorpapier gedruckte und folierte korrekte Text an der Wand.

Ami-Hardcore
Noch war nicht ganz entschieden, wohin meine musikalische Geschmacksreise gehen sollte, aber schon damals – ich war als „echter“ 68er gerade einmal 14 Jahre jung (weiß, „männlich“, klassenstrukturell proletarisch, dem Globalen Norden zugewiesen) – waren für mich die auf der Compilation vertretenen US-amerikanischen Bands BLACK FLAG, BAD BRAINS und ANGRY SAMOANS „technisch“, „druckverdichtend“ einfach von einem ganz anderen, unerreichbaren Stern. Von Liedern wie „Right side of my mind“, „Fix me“, „Wasted“ oder „Right brigade“ waren die tatsächlich besten Deutschpunk-Kracher der damaligen Zeit meilenweit entfernt. Mir wird jetzt noch ganz anders, wenn ich mir überlege, wie es Anfang der Achtziger Jahre, als noch „ein Grauschleier über den Städten“ der BRD (in der Ära der „Konservativen Wende“) lag, auf mich gewirkt haben muss, wie sich ein irregewordener, aus dem Stand Salti springender H.R. in „Right brigade“ in ein böses, tödliches Riff hineinshoutet, das bis zum Ende des Songs brachialst durchgehalten wird. Beim Hören dieses wuchtigen Hardcore-Klassikers war mensch tatsächlich immer wieder froh, wenn er nach zweieinhalb Minuten zu wüten aufgehört hatte – auf diesem Level sich erfüllender, hart anschlagender Intensität droht bei Überdehnung ein Abdriften ins Selbstreferenziell-Gewöhnliche; dies war bei den Hardcore-Brettern von BAD BRAINS einfach nicht möglich ...

More than music Pt. I
Für mich war das Ganze aber immer schon mehr gewesen als das an sinnlicher, sensorischer Intensität nicht zu toppende Sich-Einverleiben sehr schneller, sehr harter, sehr lauter, sehr schräger „Musik“, die im Fluidum programmatischer Akzentuierung eher eine überdosierte Negation oder Destruktion dessen darstellte, worauf sie rekurrierte oder zu rekurrieren gezwungen war. Bei den ehedem ebenfalls verehrten SKEEZICKS ist dies prägnant-deduktionistisch auf den kleinsten vorstellbaren Nenner heruntergebrochen worden: „We are SKEEZICKS – We hate music! – We are SKEEZICKS – We make noise!“ Dies war „die eine Seite“. Mir war damals relativ zügig einleuchtend: „Musik“ im kanonischen, also zur reguliert-rezipierbaren Richtschnur werdenden Sinne, sollte das, was da von den Punx mit tonerzeugenden Instrumenten ausgedrückt, fabriziert wurde, nicht genannt werden. Das ursprünglich und unglaublicherweise bereits 1978 als sehr roughes Demo veröffentlichte „Pay To Cum“ von BAD BRAINS ist meines Erachtens der erste wirkliche Hardcore-Klopper ever. Er stellt alles vorher Dagewesene in den Schatten und betreibt hinsichtlich der Lyrics und der „Musik“ ein Hochgeschwindigkeitsmassaker, das die stadionrockigen Siebziger Jahre zerhackt hinter sich lässt: „1:33 of free-fire guitar rage that established BAD BRAINS’ mastery of hardcore punk“. Punx und noch mehr die Hardcore-Punx der Achtziger Jahre hassten Musik, die noch in ihrer avantgardistischsten Form als Expression der „Schönen Künste“ rubrizierbar war, und wollten „Noise“, also „Lärm“ machen – sonst nix! Die erste Platte der bereits 1981 gegründeten LÄRM aus den Niederlanden trug nicht von ungefähr den mit ihrem Bandnamen korrelierenden Titel: „Campaign For Musical Destruction“.

Lärm etymologisch
Wenn wir eigeninteressegeleitet das Substantiv „Lärm“ etymologisch aufdröseln, dann kommen wir „auf dieser Seite“ der Sache tatsächlich schon ziemlich nahe. Der Begriff verweist nicht nur auf „als störend und unangenehm empfundene laute, durchdringende Geräusche“, sondern auch auf etwas Aufständisches, Aufsehenerregendes, Unruhiges, Aufrührerisches, Knallendes, Tumultuöses, Polterndes, Dröhnendes, Krawalliges, Rabatziges, Krakeeliges. Dies war die Antwort auf die das alltägliche Dasein der Punx prägende, ja beherrschende Exklusion, Stigmatisierung, Diskriminierung, Unterdrückungsmechanik –, die stante pede umschlagen konnte in brutale physische Gewalt, die viele „am eigenen Leib“ (unmittelbar) erfuhren. Und weil „sie“ – also die vermeintlich amorphe Masse der Herrschenden, der Arbeitskraftausbeuter:innen, der Produktionsmitteleigen-tümer:innen, der Institutionen, der Behörden, der Eltern – uns unentwegt nur zur stromlinienförmigen Verwertbarkeit disziplinieren, wir aber nicht an ihrem hegemonialisierten „Leben“ partizipieren wollten, bildete die zum globalen Phänomen werdende oder gewordene, nonkonformistische Punk-Szene hierzu den undergroundig vernetzten Antipoden, der kulturindustriell nicht einhegbar war, zunächst auch nicht eingehegt werden sollte. Um diese kulturindustrielle Nicht-Einhegbarkeit dauerhaft von sich aus oder aus sich heraus zu gewährleisten, musste „Musik“ destruiert und als unerträglicher „Lärm“ ausgeschieden werden („Campaign For Musical Destruction“).

Do they owe us a living?
CRASS hatten die Frage „Do they owe us a living“ noch mit einem augenzwinkernden, drastisch-zynischen „Of course they fucking do“ selbst beantwortet (und sie damit in eine rhetorische verwandelt), wohl wissend, dass das sowieso nichts mehr werden könne. Auf die/den Einzelne:n bezogen: „The living that is owed to me I’m never going to get.“. Die hier aneinandergereihten Kernaussagen des vorwurfsvollen, anklagenden, zwischen Kollektiv und Individuum hin und her changierenden Textes, der aggressiv – und von abgehacktem, nervösem Krach untermalt oder sekundiert – in die bis ins Mark verrottete Gesellschaft hineingebrüllt wird, lauten: „In der Schule geben sie dir Scheiße (oder „füttern dich mit Scheiße“), lassen dich in die Grube (oder „ins Loch“) fallen. Du bist ein Paradebeispiel dafür, wie oder was sie niemals sein (oder „werden“) dürfen. Sie würden dich gerne aus dem Weg geräumt, würden dich gerne tot sehen (für sie wäre es gut, du wärest tot, bevor du anfängst, richtig „Stress“ zu machen). Sie machen dich zum Inbegriff von allem, was (in ihren Augen) falsch ist (oder „falsch“ zu sein habe). Sie machen dich zum Ziel von Forderungen und Ratschlägen (zur Disziplinierung für stromlinienförmige Verwertbarkeit). Solltest du darauf nicht eingehen, werden sie (mit ihren Mitteln nachdrücklich) behaupten, du seist voller Laster (also voll von Fehlern, Schuld, Sünde, Unrecht, Vergehen, Verstößen, Pflichtverletzungen).“

More than music Pt. II
Aber zurück zur „anderen Seite“ beziehungsweise zu dem, was über das reine, selbstzweckhafte Verdammen und Destruieren von „Musik“, die damit zur gegenkulturellen, von bürgerlich-kapitalistischen Ästhetisierungen entkoppelten Aufbereitung wird, hinausweist und aufhebungsperspektivisch ins Konkret-Utopische transformiert, also einen emanzipatorischen Gehalt hat, dem sich kollektiv und individuell angeschlossen werden kann. Das ist das Mehr an dieser ganzen Punk/Hardcore-Szene (gewesen). Das interessierte mich. Mir war also von Anfang an evident wichtig, wie im Punk – als gegenkulturellem Movement von unten – Agitation und Propaganda mit polterndem „Kampfliedgut“ zusammenkommen und sich sozial bewegt in systemantagonistische, außerparlamentarische Politiken einklinken lassen konnten – ohne dabei genuin die „Vermittlung kommunistischer Politik leninistischer Ausprägung“ betreiben zu müssen. Aus diesem Grunde begab ich mich auf die explizite Suche nach Formationen, die etwas zu sagen hatten, die sich offen mit staatsfeindlichen Gruppierungen solidarisierten oder gar selbst aktiver beziehungsweise aktionistischer Teil emanzipatorischer Zusammenhänge waren. Und wurde – eigentlich überall auf der Welt – fündig. Es gab Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre unzählige, von mir „aufgespürte“ Bands auf dem ganzen Globus, die mich in dieser Hinsicht sättigen konnten.

CRASS
CRASS stellen vielleicht die perfekteste, die schlüssigste, die kompromissloseste, die konsequenteste Symbiose aus Agitation und Propaganda und polterndem „Kampfliedgut“ dar. Sie waren eine in die Siebziger Jahre hinein gebildete, für den „Fight war, not wars“-Anarchismus „werbende“ Agitprop-Truppe. Sie verkörperten das bewusste Fliehen in krankmachenden, nicht tanzbaren Krach, vor dessen bedrohlicher Kulisse sie ihre linksradikalen Analysen gellend verbalisierten, rezitierten oder vomitierten. CRASS, von denen die später illegalisierte, kriminalisierte Botschaft „Deutschland hat Baader-Meinhof, England den Punk. Aber jenen können sie nicht töten“ stammt, waren „die Speerspitze einer revolutionären Bewegung [und] eine der ersten Bands, die ihre eigenen Platten, Filme, Magazine selbst veröffentlichten und auf ihrer unanfechtbaren Autonomie bestanden. CRASS waren ein musikalisches, soziales und politisches Phänomen“ (George Berger in: „Subversive Zeiten. Die Crass-Story“). CRASS haben „die andere Seite“ definiert; für sie musste der Punk, der in großen Stadien endete, in denen schon LED ZEPPELIN aufgetreten waren, für tot erklärt werden („Yes that’s right, punk is dead“ – „We’re CRASS not CLASH“). George Berger hat dies richtig interpretiert: „Punk Is Dead [stellt] überaus treffend die frisch gebackenen Punk-Stars als neue soziale Elite bloß.“ Wenn das Underdog-Fanzine im äußerst lesenswerten Artikel „Crass – Punk, DIY und Anarchie“ (siehe underdog-fanzine.de) postuliert, dass „hochpolitisierte Gruppen wie CRASS“ der zweiten Punk-Generation angehörten, die nun in „Großbritannien und Europa ... ihre wütende Stimme“ erhoben hätten, dann trifft dies auf CRASS nur bedingt zu. Dies unterstützt auch das von CRASS früh verwendete Baader-Meinhof-Zitat von oben: Hierbei wird unter positivem Rekurs versucht, eine in der metropolitanen BRD operierende Stadtguerilla mit einer sozialen Bewegung namens Punk zu parallelisieren, die vom Staat nicht getötet werden könne. Musikhistorisch betrachtet sind sie eindeutig in der ersten Punk-Generation zu verorten, weil sie bereits 1976 damit begonnen hatten, sich als Band zu konstituieren, wenn auch noch sehr inkohärent; außerdem erschien ihr erster Longplayer, „für viele ... die bahnbrechende Anarch@-Punk-Platte“ schlechthin, bereits 1978. (Das Underdog hierzu: „Die Debütveröffentlichung von CRASS, die in das von Gee Vaucher entworfene, unverwechselbare Cover gehüllt war, markierte eine Veränderung in der Entwicklung des Punk in England.“) Von zweiter Punk-Generation, zu der auch ich mich im zweiten Ox-Podcast gezählt habe, wird gemeinhin erst ab 1980 gesprochen. Ich weiß, für viele stellt das Jahr 1978, das „Feeding ...“-Jahr, eine punkhistorische Zäsur dar, aber letzten Endes waren dies doch langgezogene(re) Entwicklungsprozesse, vor allem dann, wenn mensch sie in anderen Szenen herauszuarbeiten versucht – zum Beispiel beim überall sich hartnäckig festsetzenden Punk-Milieu in West-Deutschland, das über BETON COMBO, HASS, SLIME, RAZZIA oder auch TIN CAN ARMY sehr stark in der sich nun herausbildenden autonomen Antifa-Szene aufgegangen ist oder aus ihr kam. Hierbei gilt der 6. Mai 1980 als Aufsehen erregender „Startschuss“ der Autonomen, der Militanten: An diesem Tag kam es in Bremen im Zuge der massiven Proteste gegen die erste Gelöbnisfeier seit Bestehen der Bundeswehr zu einer der größten Straßenschlachten in der Geschichte der BRD, an der viele Punx beteiligt waren.

Der neue Punk-Untergrund
Was aber in Bezug auf CRASS auf jeden Fall zutreffend ist, ist die Tatsache, dass sie mit konfliktorischer Vehemenz und Stringenz den „neuen Punk-Untergrund“ einläuteten, indem sie kontrapunktisch zu bereits von der Kulturindustrie vereinnahmten, okkupierten Phänomenen ihre „Musik als Sprachrohr des aktiven Widerstands [nutzten], der sich in verschiedenster Form manifestierte, ob in Tierbefreiungen aus Versuchslaboren, in antifaschistischen Aktionen oder in militanten Protesten gegen die kapitalistischen Verwerfungen des Thatcherismus“ (Underdog), in profeministischen Praxen, in radikalen Klimakämpfen, im Squatting, im Antimilitarismus, im Graffitiing/Spraying. Selbstverwaltet, basisdemokratisch, konsensual, subsistenziell, kollektivistisch, syndikalistisch, eigenverantwortet – DIY. Und diese im Jetzt konkretisierbaren Ausdrücke des verstetigten Herbeiführens grundlegenden Wandels haben sie im globalen Maßstab – an je spezifischen Orten, die immer einen je spezifischen, komparativ zu inspizierenden Kontext aufweisen – aufploppen lassen: CRASS-Platten konntest du bald überall auf der Welt kaufen oder klauen. Obwohl sich klauen bei CRASS fast nicht gelohnt hat; ihre Platten waren ganz offiziell spottbillig: „Pay no more than ...“ stand auf dem Cover. Armin Hofmann von den SKEEZICKS hat einmal kritisch darauf hingewiesen, dass eine solche weltweite Distribution das einzige „Politikfeld“ gewesen sei, das nicht vollumfänglich im DIY-Modus beackert, bewirtschaftet werden konnte – zumindest nicht auf diesem sehr ausgedehnten Level. Auch wenn CRASS mit ihrem „neunten Mitglied“, John Loder, dem Mitgründer der Southern Records Distribution Company, jemanden am Start hatten, der von alternativem Vertriebsmanagement viel Ahnung hatte ...

Das Distributions-Dilemma
Der bis heute anhaltende, auch mit dem höher und höher werdenden Absatz ihrer Erzeugnisse zusammenhängende globale Bekanntheitsgrad von CRASS spricht hier eine deutliche Sprache – ja, es ist möglich, eine Bestellung von fünf „Sheep Farming In The Falklands“-Singles aus Neuseeland im besetzten Haus bei London oder Essex zu erledigen und das damit bestückte Päckchen dann irgendwann einmal auf die Post zu bringen und zu hoffen, es nehme fortan erfolgreich seinen Weg zur anderen Seite der Erde. Aber irgendwann brauchte auch die härteste, konsequenteste Anarch@-Punk-Kapelle Anfang der Achtziger Jahre die Musikindustrie (oder Gliederungen oder Vertriebsnetze von ihr) – zumindest die (teilweise) Inanspruchnahme von deren damals schon unglaublichen Distributionsmöglichkeiten. Was aber immerhin dazu geführt hat, dass CRASS ungefiltert, unzensiert auf der ganzen Welt „eingesaugt“ werden konnten (wenn nicht vorher staatliche Konfiszierungsmaßnahmen ergriffen wurden) – und viele Punx wurden dazu ermutigt, bei sich in direkte Aktion zu treten und sich auf emanzipatorische Pfade zu begeben; dabei krachige, „inkompatible“ Musik mit systemantagonistischen Texten hörend oder machend oder produzierend oder vertreibend. Eben: „Sich mit der Welt um sich herum auseinanderzusetzen, ... einen Ausdruck [zu finden], der über den Punkt der Skizzierung hinausgeht“ (Underdog-Fanzine).
(Fortsetzung folgt im nächsten Ox)