DIRECT HIT!

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Das musikalische Äquivalent zu Jerry Bruckheimer

2007 in Milwaukee gegründet, haben DIRECT HIT! nicht nur einige Besetzungswechsel hinter sich, sondern seitdem auch etliche EPs, Splitveröffentlichungen (unter anderem mit den MIXTAPES und THE BROKEDOWNS) sowie drei Alben zustande gebracht. Das aktuelle heißt „Wasted Mind“ und kam im Juni auf Fat Wreck Chords raus. Meine Fragen gingen an Sänger und Gitarrist Nick Woods. Dessen Antworten verdeutlichen recht gut, was neben der Musik den Charme von DIRECT HIT! ausmacht.

Nick, wann hat das letzte Mal einer von euch nach der Show gekotzt?

Das ist schon etwas länger her. Danny und ich sind die Einzigen, die kotzen. Ohne Steven und Devon zu nahe treten zu wollen, aber wir sind die zwei, die sich am meisten verausgaben müssen, um den Songs gerecht zu werden. Inzwischen sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir vor einer Show nichts mehr essen, und es unmittelbar vor unserem Set bei ein zwei Drinks belassen. Würde ich es anders machen, wäre das Kotzen auf und nach der Bühne eine Routine. Ich schreie viel und habe weder eine gesangliche Ausbildung noch Ahnung, wie ich angemessen mit meiner Stimme umgehe. Nach vier oder fünf Stücken ist der Reiz immer da, allerdings bin sehr gut darin geworden, meinen Mageninhalt bei mir zu halten. Es gibt aber auch Ausnahmen, die extremen Umständen geschuldet sind. Während unserer ersten Release-Show von „Wasted Mind“ im Juni habe ich mich in der Mitte von „We’re fucked“ über die komplette Bühne erbrochen.

Es gibt das Gerücht, die RAMONES hätten nur so schnell gespielt, weil sie sich nicht leiden konnten. Euer Grund?

Wir haben einen Schlagzeuger, der es nicht besser weiß. Er ist ein brutaler Zuchtmeister, der von uns anderen erwartet, dass wir mithalten.

Wie schon der Vorgänger „Brainless God“ ist auch „Wasted Mind“ inhaltlich ein Konzeptalbum.

Für mich ist diese Herangehensweise in Bezug auf das Schreiben der Texte einfacher. Poesie war nie mein Ding. Da macht das Erzählen von Geschichten schon mehr Sinn. Wenn ich die Wörter zu einem Song suche, und eine Story habe, der ich folgen kann, schreibt sich das Ganze eigentlich fast von selbst. Inhaltlich dreht es sich dabei immer um Dinge, die mich faszinieren, und die ich dann näher untersuche. Im Fall von „Wasted Mind“ war Ausgangspunkt und Inspiration der Film „A Field in England“. Bei DIRECT HIT! drehte sich bisher alles um das Übernatürliche und Paranoia, halt Zeug aus Horror- und Science-Fiction-Filmen. Aber wenn du einmal damit angefangen hast, über Geister, Mörder und Monster zu schreiben, gehen dir irgendwann auch die Themen aus. Der Horror des eigenen Verstands, darum geht es in „A Field in England“. Das ist ein Thema, über das ich vorher noch nicht nachgedacht hatte. Das hat es für mich interessant gemacht. Der schlimmste und angsteinflößendste Scheiß passiert in deinem Gehirn. Eine Mischung aus Paranoia und der eigenen Vorstellung übertrifft in dieser Hinsicht alles, was die Realität zu bieten hat.

Drogen spielen in diesem Zusammenhang auf dem Album auch eine Rolle. Hast du recherchiert?

Man könnte behaupten, ich habe mit Drogen aus Gründen der Recherche experimentiert. Das hat mich auch mit neuen Perspektiven versorgt. Wichtiger war aber die Tatsache, dass ich Lust hatte, Drogen zu nehmen. Immerhin kann mich jetzt niemand einen Poser nennen, der über Sachen schreibt, von denen er keine Ahnung hat.

Ist es dir wichtig, dass die Leute die Zusammenhänge auf dem Album bergreifen?

Es ist mir nicht wirklich wichtig, ob jemand in unserer Musik eine höhere Bedeutung erkennt. Wenn es passiert, großartig. Aber wir verstehen uns eher als das musikalische Äquivalent zu Jerry Bruckheimer. Ich versuche Songs zu schreiben, die begeistern und unterhalten. Wenn man danach sucht, besteht die Möglichkeit, so etwas wie eine übergeordnete Absicht zu finden. Darauf ziele ich beim Schreiben trotzdem nicht ab.

Neben dem offensichtlichen Pop-Punk klingt bei euch auch immer wieder älterer Hardcore durch.

Wir sind alle von unterschiedlichen Künstlern beeinflusst. Als es mit der Band losging, hatte ich die RAMONES, die THERMALS und Andrew W. K. im Sinn. Abgesehen davon höre ich mir aber auch an, was immer gerade im Radio läuft, wenn ich unterwegs bin. Für Devon sind es Bands wie BOMB THE MUSIC INDUSTRY, Ska und alter R&B, der ihn beim Schreiben inspiriert. Bei Steve ist es massenhaft Metal. Was uns allen am besten gefällt, ist Musik, die entsteht, wenn wir zusammen spielen. Dieses Ergebnis richtet sich wohl schon an den zwei von dir genannten Stilen aus. Was Hardcore angeht, waren es in letzter Zeit PEARS, CAREER SUICIDE, FUCKED UP und TRASH TALK, die mich begeistern. Im Fall von Pop-Punk ist es der gesamte Mix. DILLINGER 4, DEAR LANDLORD, THE COPYRIGHTS, TEENAGE BOTTLEROCKET, THE DOPAMINES, LIPSTICK HOMICIDE und eine Menge anderer Bands.

Wunderst du dich manchmal über eure konsequente Entwicklung beziehungsweise darüber, wie gut es für euch läuft?

Ich denke, viel liegt daran, dass wir einfach immer weitermachen. Ich liebe DIRECT HIT! und die Menschen und Orte, die wir durch die Band kennen gelernt haben. Diese Motivation und der Mangel an Ambitionen auf eine Karriere haben uns viel ermöglicht. Niemand will eine Band unterstützen, der es nur darum geht, bezahlt zu werden.