LEFT HAND BLACK

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Grüße aus dem Land der Dunkelheit

Das Epizentrum des Subgenres Horrorpunk wird zumeist in den USA verortet, schließlich wurde es dort einst von Glenn Danzig und seinen MISFITS erfunden. Skandinavien dagegen galt – Death und Black Metal sei Dank – bislang eher als ein paar Stufen brachialer. Nun aber haben LEFT HAND BLACK aus Göteborg ihr selbstbetiteltes Debütalbum aufgenommen und verfolgen den festen Plan, auch den schwedischen Horrorpunk auf die Landkarte der musikalischen Subkultur zu setzen. Frontmann Hans Hagström stellte uns seine Band vor.

Hans, bislang kam kaum mal eine Horrorpunk-Band aus Skandinavien. Dabei ist das doch die Region der Erde, in der Dunkelheit, Death Metal und Deathpunk regieren und daher die perfekte Umgebung für dieses Genre herrscht, oder?

Haha, das ist richtig. In Skandinavien gibt es sehr viel Metal aller Art. Also ist es wohl wirklich die perfekte Umgebung für alles, was mit Dunkelheit und Düsternis zu tun hat. Ob nun in Göteborg, wo wir ja herkommen, oder meinetwegen in Norwegen, wo vor allem Black Metal sehr populär ist. Und an Horrorpunk mangelte es bislang tatsächlich. Auch weil einige bekanntere Bands des Genres aus Skandinavien vor ein paar Jahren zu verschwinden schienen – unter anderem THE SPOOKSHOW oder THE NIGHTSHIFT. THE INSEMINOIDS waren bislang eigentlich die einzige aktive Horrorpunk-Band – zumindest meines Wissens nach. Und nun gibt es eben auch noch uns. Wir dachten, wir können diese Lücke mit LEFT HAND BLACK nun ein bisschen füllen.

Dann erzähle uns doch bitte den Werdegang von LEFT HAND BLACK.
Nun, alle Bandmitglieder sind auf einer kleinen Insel außerhalb Göteborgs aufgewachsen. Wir kennen uns also von klein auf. Jonathan, unser Gitarrist, und ich spielten schon mal Horrorpunk in einer Band namens THE DEAD NEXT DOOR. Johan, unser Bassist, und Drummer Anton waren bei OVERDRIVE SOLUTION aktiv. Gemeinsam hatten wir zudem alle mal eine Coverband. Und als Jonathan fragte, ob wir Interesse hätten, uns zusammen dem Horrorpunk zu widmen, waren wir sofort dabei. Wir begannen im Frühjahr 2019 mit dem Proben. Und sieben Monate später haben wir dann schon das Album im Welfare Sounds-Studio in Göteborg aufgenommen – und zwar live binnen eines Wochenendes. Es ging alles sehr schnell. Seitdem haben wir tatsächlich international eine unglaubliche Resonanz erhalten. Und würde die Welt nicht gerade wegen des Corona-Virus stillstehen, wären wir jetzt wahrscheinlich auch schon unterwegs auf Tour.

Lass mich raten: Euren Bandnamen habt ihr bei dem gleichnamigen Song von DANZIG entlehnt.
So ist es.

Was bedeuten euch Glenn und seine Bands DANZIG, MISFITS und SAMHAIN?
Sehr viel, um nicht zu sagen alles. Er hat ja quasi ein ganzes Subgenre begründet. Und jeder, der sich unser Album anhört, wird erkennen, dass wir eine ganze Menge an Inspiration von MISFITS und DANZIG erhalten und uns zunutze gemacht haben. Auch am Coverartwork dürfte man das sehen. Ich werde jedenfalls niemals vergessen, wie ich zum ersten Mal „Mother“ hörte – getragen von der Stimme eines Engels. Eines dunklen Engels.

Und worin liegt für dich die generelle Faszination am Horrorpunk?
Es sind wahrscheinlich diese typischen großartigen Melodien mit den ziemlich gruseligen Texten, was mich am meisten begeistert. Mir macht es jedenfalls jedes Mal einen Heidenspaß, einen Song mit vielen „Oohs“ und „Ahs“ zu einem Ohrwurm zu machen, dessen Text davon handelt, wie man jemanden um die Ecke bringt. Ich halte das für eine großartige Kombination! Auch der Großteil der Covergestaltung im Horrorpunk ist sehr, sehr gut und übt eine magische Anziehung auf mich aus, haha.

Soweit ich weiß, tragt ihr auf der Bühne keine Masken. Ist es nicht eigentlich ein Muss, ein ungeschriebenes Gesetz der Szene, dies zu tun?
Es scheint ein Muss zu sein. Aber wenn es am Ende jeder macht, dann wird die Auswahl an Kostümen und Make-up immer kleiner. Wir sagen über uns selber lieber, dass wir die einzige Horrorpunk-Band sind, die hässlich genug ist, um ohne Maskerade zu spielen, haha. Aber wer weiß, vielleicht finden wir irgendwann ein Kostüm, das wir dann nicht mehr ablehnen können.

Ein Song eures Albums trägt den Titel „Let’s scare Jessica to death“. Existiert diese Jessica, die ihr da zu Tode erschrecken wollt, wirklich?
Ich bin tatsächlich mit einer Frau namens Jessica zusammen. Aber ich habe – zumindest noch nicht – die Absicht, sie zu Tode zu erschrecken, haha. Der Titel stammt von dem gleichnamigen Horrorfilm aus dem Jahr 1971.

Wann hast du dich zum bislang letzten Mal fast zu Tode erschreckt?
Als sie bei uns die Grenzen wegen des Corona-Ausbruchs dichtmachten, hatte ich eine entsetzliche Angst vor einem drohenden Mangel an Bier. Das war schlimm. Denn ein Leben ohne Bier wäre kein lebenswertes, haha.

Du sprichst es an – wenn auch auf ironische Weise: Die Welt lebt in Angst vor dem Corona-Virus. Schweden scheint dabei einen nicht so strengen Weg bezüglich Kontakt- und Ausgangssperren zu gehen. Bei uns in Deutschland diskutieren sie viel über diese Art des Umgangs mit der Pandemie. Wie ist die Situation bei euch wirklich?
Es stimmt, es ist nicht so streng wie anderswo. Die Schulen sind weiterhin geöffnet. Und auch die Restaurants. Die Regierung ist aber darauf angewiesen, dass die Menschen in diesem Fall eben die Empfehlungen, die sie zum Abstandhalten geben, umso konsequenter befolgen. Also ist es so, dass Restaurants dann doch schließen müssen, wenn sie zu viele Menschen reinlassen. Die Richtzahl ist fünfzig. Es dürfen nicht mehr als fünfzig Personen am selben Ort sein. Bisher hat das recht gut funktioniert. Aber ob das eine gute Strategie war, werden wir erst am Ende der Pandemie sehen.

Schon viele Künstler – Musiker, Autoren, Filmemacher – haben sich mit dem Szenario einer Pandemie oder mit der Postapokalypse beschäftigt. Weil es eben auch unter „Horror“ subsumiert werden kann. Hat die Corona-Krise euch schon zu entsprechenden Songs inspiriert?
Nur das Corona-Bier, haha! Aber im Ernst: Nicht wirklich. Lediglich mit „28 days later“ haben wir ein Stück über den gleichnamigen Film gemacht, der sich ja mit einem ähnlichen Szenario beschäftigt. Und Filme an sich sind letztlich auch unsere größte Inspiration. Nicht so ein Virus. Das könnte sich vielleicht noch ändern, wenn sich alles noch schlimmer entwickeln sollte, was ich nicht hoffe.