RONNIE ROCKET

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Der einzige echte Rockstar Österreichs (Teil 1)

Der 1956 als Ronald Iraschek in Krems in Niederösterreich geborene und in Wien wirkende Ronnie Rocket (vormals Ronnie Urini), ist eine der raren überlebensgroßen Figuren der österreichischen Populärmusik. Mit THE VOGUE, DIRT SHIT und RUCKI ZUCKI PALMENCOMBO und unter eigenem Namen mit seiner Begleitband DIE LETZTEN POETEN war er wesentlich an Songs und Alben zwischen Pop, Sixties Psychedelic und Punk beteiligt, die mit ihrer anderen Ästhetik und Weltsicht am Mainstream des Landes mit dem A wenigstens kratzten. Im schwierigen Jahr 2020 ist Ronnie Rocket so kreativ und ideenreich wie eh und je.

Legendenvisite“ drängte sich als Überschrift eines in der Wiener Zeitung Augustin im Juli 2011 erschienen Porträts unseres, ja, Helden, geradezu auf. Damals wie heute lebt er, seit mittlerweile 27 Jahren, in einer Wohnung in Favoriten, dem 10. Wiener Gemeindebezirk. Ganz oben, mit toleranten Nachbar:innen. Denn das prominent im Hauptzimmer aufgebaute Schlagzeug wird vom Drummer, der später zum singenden Frontmann wurde, tatsächlich genutzt. Es mag definitiv kein Palast sein, wo und wie Ronnie Rocket lebt, der mit der von ihm produzierten, 1980 erschienenen „Donaustrand“-EP – einer 7“ mit THE VOGUE, TOM PETTINGS HERTZATTACKEN (beide Wien), MISS MOLLY’S FAVOURITES und WILLI WARMA (beide Linz) – einen wesentlichen Urmeter anderer österreichischer Musik initiierte.

Bei WILLI WARMA, der besten Live-Band, die der Autor je gesehen hat, saß Urini wenigstens für einige Proben auf dem Schlagzeughocker. Mit dem Ergebnis, dass Ronnie Urini deren Adaption eines Textes des Schriftstellers und Dandys Konrad Bayer (Wiener Gruppe) verinnerlichte, zurück in Wien ruckzuck eine eigene Version von „Niemand hilft mir“ einspielte und damit 1982 einen erstaunlichen Airplay-Hit bei Ö3, dem bis heute meist gehörten Radiosender in A, landete. Hörer:innen-Irritation inklusive, ein Textauszug: „Niemand hilft mir / Niemand spricht mir / Niemand gibt mir ein Stück Brot / Jeder betrachtet mich / Jeder verachtet mich / Jeder wünscht ich wäre tot / Das ist lustig / Das ist schön / Das ist das Zugrundegehn“.

Tatsächlich beschäftigte die Geschichte der musikalischen Urheberschaft des Songs, von ERSTES WIENER HEIMORGELORCHESTER 2009 mit Urini als Gastsänger noch einmal eingespielt, sogar das Gericht. Der daraus resultierenden Hassliebe zwischen WILLI WARMA-Sänger Kurt Holzinger und Ronnie Urini verdanke ich einen der heftigsten Tequila-Räusche meines Lebens. Als noch jüngerer Punk berauschte ich mich – ’85/86/87? – mit diesen beiden für mich ganz schön legendären „Typen“ an ganz schön vielen Runden, die der im Sommer 2019 verstorbene Holzinger Ronnie nötigte zur Befriedung zu bezahlen. Was Kurt nicht hinderte, dann doch eine Ohrfeige oder einen Fausthieb zu platzieren – die Erinnerung verschwimmt, letztlich als Ausdruck von komplizierter Zuneigung.

Für solche Storys ist Ronnie Urini Rocket immer gut. Nicht schlecht auch jene, wie er Mars Bonfire, der „Born to be wild“ (STEPPENWOLF) geschrieben hat und mit dem er einige Zeit spielte, nach einer Tour zum Flughafen bringt und diesen beim Abschied anschnorren muss, weil er völlig pleite ist. Im gebräuchlichsten Internet-Nachschlagwerk Wikipedia findet sich zu Ronnie Urini Rocket der schöne Satz: „Er gilt als großer Geschichtenerzähler.“ Bei aller Lust an fiktiven Fakten und faktensatter Fiktion blickt der bekennende „Perry Rhodan“-Fan auf eine beeindruckende, real existierende, wenngleich schwer erhältliche/auffindbare Diskografie zurück und bemüht sich um eine klare Haltung. In seiner unveröffentlichten „Neo Beat Novel“ „BEAT“ schreibt er: „Es gibt auf der ganzen Welt nur zwei Gruppierungen: ‚Die Internationale Partei der Vereinigten Arschlöcher‘ und deren Gegner. Das sind Leute, die anderen in irgendeiner Form helfen, wenn es darauf ankommt, und sei es nur durch kleine Gesten wie die Schenkung von Zigaretten, etwas Geld, Auskünfte oder lebensnotwendige Unterstützung. Das sind die Guten.“

Bevor wir, mäandernd, in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft eintauchen, bestellt Rocket noch telefonisch in der Stammpizzeria Bier, Essen „für später“, Wein und Tschik (Zigaretten) zur Zustellung. So viel Rockstar darf sein! Ein Rockstar, als der Ronnie seit gut vier Jahrzehnten auf seine ureigene Art lebt, dieses Rockstartum eben nicht über materiellen Wohlstand oder Breitenwirkung definiert – und der sich auch nicht so definieren lassen muss.

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Wir beginnen unser Gespräch mit einem Ansichtsexemplar des 1987 erschienenen Albums „Ronnie Urini In Bats. The True Story Of Rock’n’Roll“ in den Händen, dessen Cover die Optik des damals sehr erfolgreichen Musicals „Cats“ persiflierte.
Richtigen Ärger hat es gegeben, als sich die Leute vom Plattengeschäft Ton um Ton mit der Platte vor dem Theater an der Wien, wo „Cats“ gespielt wurde, hingestellt haben und die an Japaner verkauft haben – die werden sich zu Hause dann ganz schön gewundert haben ... Vor Gericht ging’s gut für uns aus, weil ein Sachverständiger den Unterschied zwischen einer Katze und einer Fledermaus darlegte.

Alles drauf, „Pushin’ too hard“ von Sky Saxon/THE SEEDS, „You’re gonna miss me“ von Roky Erickson ...
Und meine Version von „Summer wine“ war recht erfolgreich ... Sky Saxon, Roky Erickson, die kennt ja in Wirklichkeit kaum wer, Lou Reed, und Iggy Pop, bitte, aber ...

Erzähl doch mal vom aktuellen Projekt „Zeit-Sturm“.
„Zeit-Sturm“ ist mein Opus magnum, wenn man das selber so sagen kann, haha. Es kommt einmal der erste Teil, dreißig Nummern habe ich aufgenommen, mit absoluten Profis, vor zwei Jahren. Mit Freunden einspielen, schön und gut, aber ich wollte es schnell durchziehen – und gut. Wir haben gearbeitet im Studio bei Thomas Rabitsch, der schon bei Falco und DRAHDIWABERL gespielt hat, der hat auch mitgespielt und sich gefreut, „endlich wieder Rock“. [Rabitsch fungiert sonst als musikalischer Direktor von „Dancing Stars“ und ähnlichen TV-Formaten, Anm. des Verf.] Mein langjähriger Gitarrist Chris Mayer war mit dabei, der hat schon bei „Niemand hilft mir“ gespielt, bei allen meinen Platten. Er ist für mich wie Ron Asheton oder James Williamson für Iggy Pop. Wir kennen uns schon aus der Schule in Krems, er hat dann auch mit mir bei THE VOGUE gespielt, er am Bass und ich Schlagzeug, wir waren die Rhythmussektion, bis wir uns wegen der berühmten „musikalischen Differenzen“, haha, aufgelöst haben.

THE VOGUE existierten vor DIRT SHIT?
Die Reihenfolge wäre so: Erst DIRT SHIT, das war mein Einstieg in die Punk-Szene, dann die RUCKI ZUCKI PALMENCOMBO. Bernhard Tragut, der Bassist von DIRT SHIT hat mich gefragt, als sich die Band in komplettem Chaos, haha, aufgelöst hat, ob ich Rock’n’Roll auch spielen tät. Ich spiele alles, habe ich gesagt. Mit „Südseeträume“ hatten wir dann einen unerwarteten Hit [dieses charmante Lied war im Sommer 1982 für sechs Wochen in den Charts, höchste Platzierung: 14, Anm. des Verf.] Dann kamen THE VOGUE, danach gleich DIE LETZTEN POETEN. Zurück zu „Zeit-Sturm“: Am Bass habe ich mir Willi Langer geholt, der wohnt witzigerweise auch in Krems, hat mit Gloria Gaynor und den SUPREMES gespielt, ein Bass-Wunderkind, da war ich mir sicher, der schaut sich die Akkord-Sheets an und lacht. Ganz wichtig war mir der Schlagzeuger, Rudi Staeger, den habe ich schon in den Siebzigern bei ACID bewundert – legendäre österreichische Rockband, unter anderem mit Robert Ponger, der später Falco produzierte. Mein Idol am Schlagzeug, und er hat mir 1975, das weiß er nicht mehr, im Hinterzimmer von Toni Breitners Drum City in der Währingerstraße, eine Schlagzeugstunde gegeben. In das ganze Projekt ist eine Lebensversicherung geflossen, die meine Mutter für mich eingezahlt hat. Was soll ich damit machen? Genau das! Mit meinen besten Liedern natürlich. Anfang 2021 erscheint der erste Teil, 15 oder 16 Lieder, da sind wir gerade in der Endfertigung.

Was erwartet uns da genau?
Die Lieder sind deutschsprachig, waren aber ursprünglich mal auf Englisch. Vor zwei oder drei Jahren habe ich mir Stimmungsaufheller besorgt, und habe 72 englischsprachige Lieder von mir ins Deutsche übersetzt, ich wollte das schnell durchziehen. Normalerweise brauche ich eine Woche, bis das wirklich hinhaut, so ist das manchmal in fast zwei Stunden gegangen, mit diesen beschleunigenden Medikamenten. Mich nervt’s, wenn die Bands da auf Englisch singen, damals schon. Wenn dann die Metal-Poser singen „Hell is my home“ – „Die Hölle ist mein Zuhause“ ist doch viel leiwander. Das Lied „Steppenwolf“ habe ich zum Beispiel mit Mars Bonfire geschrieben.

Deine Songs, deine Musik kamen in den letzen Jahren doch immer gerne mit übergeordnetem Konzept daher. Dein Album „Fire Waves“ aus dem Jahr 2011, eingespielt mit THE SUBCANDIES hatte den Untertitel „A cyber trash road movie“.
„Zeit-Sturm“ war ursprünglich ein Musical, „Cyberella“, dann hat es „Rocket-Bar“ geheißen, ich hab’s jetzt für mich „Cosmical“ genannt, leichte Science-Fiction- und Cyberpunk-Handlung. Aber zurück zu „Steppenwolf“, das habe ich Mars Bonfire geschrieben und war 1990 sogar Nummer 1 auf Hawaii. Schon schöne Bilder auf Englisch, aber auf Deutsch, das war eine Freude: „Die Welt voll Alien-LSD, Bildcrash im Flimmerschnee, im magischen Theaterlicht, doch nirgends ein Wolf, keine Wölfe in Sicht.“ Rabitsch hat gesagt, wenn es schon so anfangt, dann muss es gut sein. Weil es immer heißt Deutsch ist zu sperrig blablaba ... Ich habe ja 1983 ernsthaft begonnen, Musik zu machen mit der LP „Aus den Kellern der Nacht“, komponieren konnte ich noch nicht, aber texten. Ich habe meine Lieblingslieder ins Deutsche übertragen, auch absurdere Lieder, „Tango Whiskyman“ von CAN, da habe ich zum Spaß einen Text drüber geschrieben.

Also auch zu „abstrakterer“ Musik?
Na ja, ich habe ja Germanistik studiert, was alleine noch nichts heißt. Ich habe meine Diplomarbeit über Paul Celan geschrieben. Ich habe Gedichte eingebaut unter einem Akronym meines Namens. Ich habe da einen ungarischen Symbolisten aus der Zeit von Paul Celan erfunden und von mir geschriebene Gedichte von ihm eingebaut. Der betreuende Professor hat gesagt: „Einen Monat haben wir gebraucht, bis wir draufgekommen sind, dass das ein Schwindel ist.“ Für „Psycho killer“ habe ich aus Spaß einen deutschen Text geschrieben. „Er kam übers Wasser“ von CCR war auf der Platte, ein Exemplar habe ich noch davon, meine letzte. „Ich bin 18“ ist ganz einfach „18“ von ALICE COOPER, ein paar eigene waren dabei, „Niemand hilft mir“ ist schon aufgetaucht, auch eine Vertonung eines Textes von H.C. Artmann ...

Das war der Anfang deiner Soloarbeit?
Wie sich die ganzen Bands immer wieder aufgelöst haben ... DIRT SHIT ... RUCKI ZUCKI PALMENCOMBO eh ganz im Frieden, Bernie wollte wieder mehr malen. Bei THE VOGUE war es so ein BEATLES-Phänomen, wie Lennon und ... wie hat seine Frau geheißen, ich werde alt, jetzt fällt mir Yoko Ono nicht mehr ein. Auf einmal war Gary ein Künstler, der Sologitarrist war Beamter, mein Freund Chris ein Bacchus und ich ein Garagenpunker – zu wenig Kunst. Mein Papa hat was Interessantes gesagt: „Schau, Ronnie, deine ganzen Bands – ihr spielt jahrelang, dann wird’s ein bissl was, dann hört’s wieder auf. Mach doch endlich was unter eigenem Namen, weil du wirst dich nicht auflösen.“

Wenn ich so drüber nachdenke, du hast ja immer schon Geschichten und Images transportiert, das war immer ein „ganzes Paket“.
Das Leben schreibt die Geschichten eigentlich, ich habe das nicht kreiert. Wie es zum Beispiel zu Urini gekommen ist, das ist so eine Geschichte. Bei DIRT SHIT war das so, der Sänger hat Mich Monoton geheißen, der Bassist Bernie Bedenklich, der Gitarrist Roli Rostig und ich habe geheißen Ronnie Ruini, ursprünglich – den hätte ich mir gegeben, den Namen. Aber der fantastische Rennbahn Express [die österreichische Bravo, Anm.] hat einen Urini daraus gemacht und noch in den Artikel geschrieben: „der grenzdebile Schlagzeuger“. Ich habe mich sehr gefreut darüber, weil aus Bilgeri [Reinhold Bilgeri, österreichischer Sänger, Anm. des Verf.] ist ja der Rockprofessor geworden. Ich wollte ja nicht, dass die Menschen wissen, dass ich Magister bin. Der Punkmagister, das wär doch nichts gewesen. Ich habe die Journalistin angerufen, Ursula Pöttler, heute verehelichte Fellner, die hat sich entschuldigt: „Das hat alles der Fellner umgeschrieben, damit es sensationeller klingt.“ So habe ich halt Urini geheißen. [Wolfgang und Uschi Fellner kann mensch das Aland-„Medienpaar des Bösen“ nennen. Österreich, Woman und oe24.tv sind Mainstream-Formate, die eine Gesellschaft einmal verdauen muss, Anm. des Verf.] Dann habe ich aber schon noch eine andere Geschichte dazu erfunden, warum ich Urini heiße: Ich hätte eine Urgroßmutter in Sardinien gehabt, die Marquesa D’Urini. Komme ich am Wochenende zu meinen Eltern nach Krems, Papa liest die Zeitung und fragt meine Mutter: „Du, Ilse, wir haben Vorfahren in Sardinien – hast du das gewusst?“ Ich war dann auch öfter im Leute-Magazin, der Herausgeber hat den Namen so lustig gefunden.

Der Switch zu Ronnie Rocket?
Das hat dann schon überhandgenommen und mir war das dann auch zu blöd und ich wollte schon als Kind „Rocket“ heißen, das habe ich 1990 vollzogen, ist auch schon wieder lange her.

Deine letzte Veröffentlichung, die HAWKWIND-Hommage „Firemachine“, findet sich die auf „Zeit-Sturm“ wieder?
Kommt natürlich vor, ich habe einen deutschen Text dafür geschrieben, heißt „Feuermaschin“. Fängt so an: „Die Aliens kommen, nein, sie sind schon da!“ Ob die Platte bei Panza [verdienstvoller Wiener Punk, der auf Panza Platte „Firemachine“ veröffentlichte, Anm. des Verf.] rauskommt, da haben wir noch nicht drüber geredet. Fängt auf jeden Fall an mit „Hier kommt Rakete“ und hört auf mit „Hier kommt Rakete“, mit jeweils anderem Text, das soll auch die Single werden. Da geht’s darum, dass der Hauptheld einmal auftaucht und am Schluss dann wieder verschwindet, haha. Es kommt ein Zeitsprung vor, ich liebe so etwas ja, Science Fiction. Es gibt bei dem Thema immer so viel Unlogik ... Ich beschäftige mich viel mit Astronomie, Astrophysik [Ronnie trägt ein Shirt mit „NASA“-Aufdruck, Anm. des Verf.], mit Quanten- und Relativitätstheorie und schaue mir die ganzen Filme an. Der eine, der wirklich lustig ist, „Zurück in die Zukunft“, vor allem wegen der einen Szene – jetzt sage ich ganz gescheit: „Retrokausalität!“, die Beeinflussung der Gegenwart durch die Zukunft –, wo Marty McFly Rock’n’Roll-Gitarre spielt und den Duckwalk macht. Backstage ruft wer seinen Cousin an und sagt: „Hey Chuck, das musst du dir mal anhören.“ Der Cousin ist Chuck Berry. Beim „Terminator“ ist das auch sehr lustig, diese Retrokausalität. Ich wollte eine eigene Theorie entwickeln, bei mir gibt’s einen „Rücksturz“, mit Gag-Effekt. Wenn ich also bewusst in die Vergangenheit reise, dass es mich dort wegträgt – es darf mich ja nicht zweimal geben, zwei Ronnie Rockets in einer Zeit wären zu viel, haha – also, wie ich dort ankomme, schleudert es den von dort gleichzeitig in die Zukunft und der schaut dann wirklich extrem deppat drein. Ich habe dann überlegt, da geht es nur um zwanzig Jahre oder so, wie kann ich einen Unterschied erkennen zwischen 2000 und 2020, wenn ich jetzt runter auf die Straße gehe – da hat sich nicht so viel verändert, ich lebe schon seit 1993 hier, da wurde nicht so viel umgebaut. Wie würde ich merken, dass es 2000 ist oder 2020, die Autos sind nicht so anders ...

Von wegen Zeitstürzen, gehen wir zurück zum Anfang deiner Diskografie.
[Legt eindrucksvollen Stapel auf den Tisch. Anm. des Verf.] Das ist mein Singles-Œuvre ... Angefangen hat alles mit der DIRT SHIT-Single, die erste Punk-Platte, die erste unabhängige Platte Österreichs, 1979, ein Jahr vor der „Blutrausch“-Compilation. 300 haben wir gepresst, ich habe ja auch nicht viel Geld gehabt, dann haben wir das Cover gedruckt, im Hinterzimmer einer Kopieranstalt, die Gesichter vorne angemalt, mit Eiweißglasurfarben, damit wir ein Farbcover haben, 300 mal ... Eine Original-7“ steht bei Discogs für 1.500 Euro. Damals haben wir 300 gepresst und keiner hat die Platte gekauft, die Punx wollten die Platte alle geschenkt, der Sound war sehr kannibalistisch, des is hoid so worn. Ich bin dann, ich war um die zwanzig, ganz nonchalant zur Polydor am Westbahnhof rein und habe gesagt: „Ich will eine Platte machen.“ – „Was ist das?“ – „Punkrock, SEX PISTOLS kennen Sie?“ – „Nein, so was machen wir nicht, aber wir haben ein Presswerk in Heiligenstadt, da gehen Sie hin mit diesen Bändern und können eine Single machen.“ – „EP auch?“ Bin ich hingefahren, hat ja vorher keiner gewusst, dass man einfach Platten machen kann. Der Herr Leistner – den Namen habe ich mir gemerkt –, der den Umschnitt gemacht hat, hat gesagt: „Das klingt ja grauslich!“

To be continued in Ox #154

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Diskografie
DIRT SHIT: „Rattenloch EP“ (7“, Ratt, 1979) THE VOGUE: „The Frozen Seas Of Io / Dancing In Trance“ (7“, Gig, 1981) • „Running Fast – The Complete Recordings“ (CD, Trost, 2013) RUCKI ZUCKI PALMENCOMBO: „Ruck’N’Zuck!“ (LP, Atom, 1983) DIE LETZTEN POETEN: „Niemand hilft mir / Stadt aus Stahl und Glas“ (7“, Dada, 1982) • „Aus den Kellern der Nacht“ (LP, Ton um Ton, 1983) Solo: „Ronnie Urini In Bats“ (LP, Coma, 1987) • „Decade Of Decay“ (LP, Ton um Ton, 1988) RON URINI & THE WILD BUNCH feat. Mars Bonfire: „Wild Venus On Wheels“ (7“, Sympathy For The Record Industry, 1990) RONNIE ROCKET SUPERSTAR: „20th Century Hits“ (CD, Monkey, 2011) RONNIE ROCKET: „Firemachine“ (7“, Panza Platte, 2019)