SUPERSUCKERS

The Spaghetti Incident

Seattle ist nicht Texas, und trotzdem tragen Eddie Spaghetti und seine SUPERSUCKERS, vor einem Jahrzehnt im regnerischen Nordwesten gegründet, beim Rocken gerne einen Stetson im Genick.

Mit „The Evil Powers of Rock’n’Roll“ erschien jetzt das neue Album der SUPERSUCKERS, nicht mehr auf ihrer alten Homebase Sub Pop, sondern auf ???, das die SUCKERS in eine Liga mit den geschätzten SOCIAL DISTORTION katapultiert und diese angesichts eines Killertracks wie „Going Back To Tucson“ in Zugzwang bringen dürfte, endlich ein neues Album vorzulegen. Mein Gespräch mit dem SUPERSUCKERS-Frontmann Eddie Spaghetti nimmt von Anfang an eine seltsame Wendung, als er mir unaufgefordert von seiner unstillbaren Leidenschaft nach Sex mit kleinwüchsigen Menschen erzählt – „Dwarf fucking“ lautet der Fachausdruck, und Mr. Spaghetti, der für einige Interviews in Deutschland weilt, beklagt die Tatsache, dass es keine „große Zwergenpopulation“ in Deutschland gebe. Ich weise ihn auf den oxymoronhaften Charakter seines Statements hin, er muss mir Recht geben und unterstellt mir, vorlaut zu sein. Ein guter Einstieg ...
Mit „The Evil Powers of Rock’n’Roll“ – nomen est omen – sind die SUPERSUCKERS zu ihren Ursprüngen zurückgekehrt, haben ein grandios punkrockendes Album aufgenommen, das ganz anders ist als der countrylastige Vorläufer. „Ich hatte gedacht, unsere Fans würden uns für dieses Country-Album, das als einmalige Sache gedacht war, hassen, aber dem war nicht so. Im Gegenteil, wir bekamen ausgesprochen positive Reaktionen darauf“, wundert sich Eddie immer noch. „Trotzdem sollte direkt darauf wieder eine Rockplatte als stilistische Klarstellung folgen, einfach um Konfusion darüber zu vermeiden, was für eine Band wir nun sind. Leider hat sich das Album immer wieder verzögert, doch jetzt sind wir zurück – als Rock’n’Roll-Band. Denn hingerotzter Rock’n’Roll, das ist es, was wir am besten können – und davon braucht die Welt definitiv viel, viel mehr.“
Deutliche und wahre Worte, die Eddie auch noch weiter begründen kann: „Wir lieben einfach den puren, straighten Rock’n’Roll mit gutem Songwriting, gespielt von Leuten, die ihre Instrumente beherrschen, das aber nicht raushängen lassen. Zum Glück gibt es seit ein paar Jahren wieder mehr Bands dieses Kalibers, und das, obwohl die Mainstream-Musikpresse nicht müde wird den „Tod des Rock’n’Roll“ zu verkünden – oder sein Revival. Und dabei werden dann auch noch ganz grausige Bands erwähnt, die mit meinem Verständnis von Rock’n’Roll überhaupt nichts zu tun haben: The Dave Mathews Bands auf der einen Seite, LIMP BIZKIT und KORN auf der anderen. Dabei ist das ein Hybrid aus Metal und Rap, der mit Rock’n’Roll rein gar nichts zu tun hat. Oder KID ROCK: ich habe hier gerade ein Magazin vor mir, in dem KID ROCK als Rock’n’Roll bezeichnet werden – Blödsinn! Ich mag sogar selbst ein paar KID ROCK-Songs, aber das ist Rap. Aber das hat wohl alles etwas mit der anderen Realität zu tun, in der sich der Musikjournalismus bewegt, denn Rock’n’Roll sind für mich die SUPERSUCKERS, die HELLACOPTERS, ROCKET FROM THE CRYPT, ZEKE – eben Bands, die weit über das hinausgehen, was man im Radio hört oder auf MTV zu sehen bekommt. Wir selbst haben übrigens seit ’95 kein Video mehr gemacht, soviel dazu ... “
Erfolg? Der misst sich im Falle der SUPERSUCKERS daran, dass man zwar keine Goldenen Schallplatten an der Wand des Gästeklos hängen hat, aber dafür seit Jahren auf eine stabile Fanschar vertrauen kann und es nicht mehr nötig hat, zwischen den Touren arbeiten zu gehen. Eddie: „Wir sind nicht reich, wir können die Miete zahlen, müssen nicht irgendwelche shitty jobs machen, sondern leben von dem, was uns am meisten Spaß macht.“ In den USA sind selbst grössere Clubs gut gefüllt, wenn die SUPERSUCKERS in die Stadt kommen, hierzulande – Ende Februar war es mal wieder so weit – ist zwar das Backen kleinerer Brötchen angesagt, aber ein paar hundert Leute haben auch jeden Abend ihren Spaß gehabt, wenn auch nicht, wie von Eddie erhofft, beim Doppelpack mit ihren schwedischen Seelenverwandten, den HELLACOPTERS: „Eine Tour mit denen, das wäre wie eine gemeinsame Tour von ZZ Top und LYNYRD SKYNYRD: für jede von beiden kommen ganz gut Leute, aber beide zusammen, da kommt eine ganze Shitload von Leuten.“