ZEKE

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Schlaflos in Seattle

Mehr als 14 lange Jahre sind seit „’Til The Livin’ End“ vergangen, dem letzten Studioalbum von ZEKE. Bis auf eine Handvoll Shows waren die Jungs aus Seattle völlig von der Bildfläche verschwunden. Im Sommer 2017 kam dann ein umjubelter Headliner-Auftritt beim ScumBash Festival im niederländischen Rotterdam mit neuer Besetzung. Und im März 2018 gibt es plötzlich ein neues Studioalbum namens „Hellbender“. Veröffentlicht wie schon der Vorgänger von Relapse Records, dem Label, das den Winterschlaf von ZEKE beendete. Es gibt also einiges zu besprechen mit Bandgründer Blind Marky Felchtone.

Warum hat es 14 Jahre gedauert, bis ihr ein neues Studioalbum am Start hattet?

Es überrascht mich immer wieder, wenn mich Leute daran erinnern, dass schon 14 Jahre vergangen sind. Aber so ist es eben. Nachdem wir das Album fertig hatten, hatte ich die Band verlassen. Zu diesem Zeitpunkt bin ich Vater einer Tochter geworden, und wenn du ein Kind hast, musst du sicherstellen, dass du damit umgehen kannst. Deshalb habe ich eine Lehre angefangen, um einen Job als Zimmermann zu bekommen. Dafür musste ich solide werden, und in einer Rock’n’Roll-Band zu spielen, trägt nicht unbedingt dazu bei, ein geregeltes Leben zu führen. Weder das ganze Umfeld noch die finanzielle Situation. Deshalb habe ich in dieser Zeit kaum Musik gemacht. Für kurze Zeit hatte ich eine Band namens HELLBOUND FOR GLORY, die diesen schweren BLACK SABBATH- oder PENTAGRAM-Sound gemacht hat. Wir haben sogar eine EP herausgebracht und ein paar Shows in der Umgebung gespielt. Als Relapse Records mich dann wegen ZEKE kontaktierten, wollte ich sie nicht hängen lassen, weil ich großen Respekt vor vielen der Bands habe, die bei ihnen unter Vertrag stehen. Deshalb haben wir uns darauf eingelassen und ich habe viele von den Songs verwendet, die ich ursprünglich für eine Band namens THE WITCHES geschrieben habe, die ich mit Jeff Hirshberg von SPEEDEALER gegründet hatte. Wir haben diese Songs dann aufgenommen und mit ZEKE haben sie viel besser geklungen. Wir waren sehr überrascht, dass die Jungs von Relapse dieses Album haben wollten. Sie waren richtig aus dem Häuschen, ein neues Album von ZEKE zu bekommen.

Die Band hat sich inzwischen stark verändert. Wie ist das aktuelle Line-up von ZEKE zustande gekommen?
„Hellbender“ sollte zuerst eigentlich „Thunder In The Ozarks“ heißen. Elf Songs, von denen jetzt keiner auf „Hellbender“ vertreten ist. Geschrieben von mir, Jason Freeman, Chris Johnsen und Donny Paycheck. Donny ist aber ausgestiegen und spielt inzwischen bei einer Band hier im Nordwesten namens THE DERELICTS. Er arbeitet aber immer noch im Hintergrund bei ZEKE und verkauft zum Beispiel unser Merchandise und kümmert sich um die Rereleases bei Digital Warfare Records. Jason spielt gerade in gar keiner Band mehr und Chris musste sich auch verabschieden. Ich hoffte eigentlich, dass Sonny Riggs bei den Albumaufnahmen und der Tour dabei sein könnte, aber er hatte andere Verpflichtungen. Also habe ich Kyle Whitefoot in die Band geholt, er ist gerade mal 26 Jahre alt und war Gitarrist bei THE HOOKERS, einer Band aus Kentucky. Unser alter Bassist Kurt Colfelt ist nach vielen Jahren wieder eingestiegen und er hat noch unseren Drummer Dayne Porras mitgebracht, der zuvor in einer Band gespielt hat, die vor allem Songs von den MENTORS gecovert hat. Zusammen haben wir in eineinhalb Wochen 15 neue Songs geschrieben, haben sie sofort aufgenommen und sind gleich darauf nach Europa geflogen. Nachdem wir zurückgekommen sind, haben wir gleich eine Tour durch die Staaten drangehängt. Und dann sind wir wieder ins Studio gegangen und haben das Album fertiggestellt. So ist „Hellbender“ entstanden. Bei ZEKE gab es schon immer eine Menge Besetzungswechsel. Die Jungs kamen und gingen.

Wie kommt es, dass ihr mit Kyle einen ziemlich jungen Gitarristen mit an Bord habt? Da gibt es doch einen ziemlich großen Altersunterschied zum Rest der Band.
Ich will jetzt nicht unbedingt verraten, wie alt die anderen Bandmitglieder wirklich sind, aber Kyle könnte locker mein Sohn sein. Das Lustige an Kyle ist, dass er schon jeden ZEKE-Song kannte, bevor er überhaupt bei uns vorspielte. Er hat uns kontaktiert, als er hörte, dass wir einen neuen Gitarristen suchen. Er hat uns ein Video geschickt, auf dem er alle Songs vom „Death Alley“-Album spielt. Stücke, die wir selbst seit vielen Jahren nicht mehr gespielt haben.

Was war der Impuls oder die Motivation, mit ZEKE nach der langen Pause weiterzumachen?
Wir haben nie aufgehört, Konzerte zu spielen. Wir waren immer wieder mal in Boston, New York, Los Angeles oder Austin. Und die ganze Zeit über haben wir auch Songs geschrieben. Und wenn du 15 oder 16 Songs fertig hast, musst du irgendwas damit machen. Es hat uns nicht gereicht, sie hier und da mal live zu spielen, wir mussten einfach ein neues Album aufnehmen. Und es war von Anfang an Interesse bei Relapse da, deshalb haben wir es durchgezogen.

Das neue Album heißt „Hellbender“. Was bedeutet das?
Das ist eine sehr anspruchsvolle Motorradstrecke. In Arkansas, wo ich ursprünglich herkomme, gibt es ein Motorradrennen namens „Thunder in the Ozarks“ und eine der Strecken in diesem Rennen heißt Hellbender. Da gibt es jede Menge Kurven und Biegungen. Das steht irgendwie für die Geschichte dieses Albums, das erst ganz anders heißen sollte, mit ganz anderen Songs, und jetzt mit einer ganz anderen Besetzung entstanden ist. Da passte das Bild von der Hellbender-Route in den Ozark Mountains von Arkansas einfach perfekt.

Motorräder und Autos waren schon immer ein großes Thema bei ZEKE. Nahezu kein Artwork kommt ohne starke Motoren aus. Woran liegt das?
Wir basteln alle ständig an irgendwelchen Fahrzeugen herum. Alle Mitglieder von ZEKE begeistern sich für alte Autos und Motorräder. Wir sind mit Ed „Big Daddy“ Roth aufgewachsen, der seit den Sechzigern eine Schlüsselfigur in der Hot-Rod-Bewegung Kaliforniens war. Und wir mögen die Underground-Szene von San Francisco aus den Sechzigern und frühen Siebzigern. Und deshalb stehen wir alle auf diese Form von Artwork. Hollis Tucker heißt der Kerl, der das Cover von „Hellbender“ gestaltet hat. Dieser Typ ist völlig durchgedreht und er hat genau das geliefert, was für unser neues Album haben wollten. Ich finde, er hat fantastische Arbeit geleistet.

Worum geht es in den Songs auf „Hellbender“? Für mich klingt es vor allem danach, Spaß zu haben und einen Rock’n’Roll-Lebensstil zu pflegen.
Genau darum geht es. Einige Songs handeln davon, mit seiner Lady zu streiten. In der Zeit, als wir nicht so aktiv waren, war ich Mitglied in verschiedenen Motorradclubs. In einigen Texten finden sich deshalb Erfahrungen, die ich da gemacht habe. Ich bin außerdem auch ein paar Dirt-Bike-Rennen gefahren. Darum geht es in Songs wie „Hellbender“ oder „Ride on“, Geschichten über mich bei Motorradrennen, womit ich erst angefangen habe, als ich bei ZEKE raus war. Auch die Arbeit auf dem Bau, die ich auch in dieser Zeit durchgezogen habe, ist ein Thema und natürlich geht es auch ums Feiern. Also alles Dinge, mit denen wir Erfahrungen gesammelt haben.

„Hellbender“ schafft 15 Songs in gerade mal zwanzig Minuten. Das ist ganz typisch für ein ZEKE-Album. Habt ihr jemals einen Song geschrieben, der länger als zwei Minuten dauert?
Du wirst es kaum glauben, aber zu der Zeit, als „Hellbender“ noch „Thunder In The Ozarks“ heißen sollte, gab es Songs, die sogar sieben oder acht Minuten lang waren. Der Titeltrack des Albums begann mit einem langsamen MOTÖRHEAD-Riff, entwickelte sich in eine BLACK SABBATH-Richtung und endete in einem Hardcore-Song. Schade, dass die Leute diese Songs erst mal nicht hören können. Aber ich denke, niemand wird enttäuscht sein von dem Album, das wir letztendlich für Relapse aufgenommen haben. Es ist so schnell wie die frühen ZEKE-Sachen und es hat genauso viel Power wie „Death Alley“.

Ihr habt euch entschieden, im Studio mit Jack Endino zu arbeiten, der schon NIRVANA, MUDHONEY, L7 und SOUNDGARDEN produziert hat. Warum wolltet ihr mit ihm aufnehmen?
Er arbeitet einfach irre schnell. Und wir hatten nicht besonders viel Zeit. Ich kenne keinen in der Musikindustrie, der diesen Job so schnell erledigen kann wie Jack Endino. Außerdem verbindet uns mit ihm eine lange Geschichte. Kurt Colfelt hat schon bei THE LOAD LEVELERS mit ihm zusammengearbeitet. Die beiden sind gemeinsam hier im Nordwesten aufgewachsen und haben eine sehr enge Verbindung. Jacks Studio ist für uns also fast wie eine familiäre Umgebung. Außerdem hatte ich mal ein namenloses Projekt zusammen mit Jeff Matz von HIGH ON FIRE und Steve Hanford von POISON IDEA, das hat Jack ebenfalls aufgenommen. Es hat sich also alles wie ein Puzzle perfekt zusammengefügt.

Jack Endino war ja immer Fixstern in der Musikszene von Seattle, die in den Neunzigern den Grunge-Boom erlebte. Wie ist die Musikszene dort heute?
Das Beste hier ist im Moment, dass sich eine kleine Art/Music-Szene entwickelt, mit Bands wie THE CONVICTIONS. Die machen wirklich völlig andere Musik, mit Elementen von Goth, Hardcore und Black Metal. Sie überschreiten einige Grenzen mit ihrem Sound. Hier im Nordwesten passieren gerade interessante Dinge. Es gibt viel mehr Subgenres als in den frühen Neunzigern. Der große Unterschied hier ist vielleicht, dass die Musik heute viel düsterer ist als damals.

Ihr habt die erste Show mit dem neuen Line-up in den Niederlanden gespielt. Wie haben die Leute reagiert?
Es war ein Headliner-Auftritt bei einem ziemlich großen Festival. Es war wirklich toll, die Leute sind total abgegangen. Vielleicht hat die Band ein bisschen zu schnell gespielt, aber die Energie war auf jeden Fall da. Verglichen mit den ausverkauften Shows, die wir nach dem Comeback gespielt haben, war es wirklich ordentlich.

Wer kommt inzwischen zu den ZEKE-Gigs? Dieselben Leute wie früher, nur zwanzig Jahre älter?
Ich war selbst überrascht. Vorher habe ich mich auch gefragt, wie das wohl so läuft. Eigentlich war ich sogar skeptisch, ob überhaupt jemand kommt und ob wir auch junges Publikum ansprechen können. Aber erstaunlicherweise hatten wir hauptsächlich junge Leute im Publikum. Es ist total interessant, auf Konzerten Fans zu treffen, die nur ein paar Jahre älter sind als meine Tochter. Aber auch ein ziemlich komisches Gefühl.

Ab Ende März seid ihr ja auch wieder in Europa unterwegs, um „Hellbender“ live vorzustellen, oder?
Genau. Europa ist wahrscheinlich der beste Markt für Underground-Rock’n’Roll. Dort können sie davon einfach nicht genug kriegen. Wir freuen uns schon sehr darauf! Das werden die besten ZEKE-Shows, die Europa jemals gesehen hat. Das kann ich dir garantieren.