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LUDWIG VON 88

20 Chansons Optimistes Pour En Finir Avec Le Futur

In Frankreich gehört die bereits 1983 gegründete Band neben BÉRURIER NOIR zu den ganz Großen des Punk-Genres. Bis 1999 waren LUDWIG VON 88 aktiv, hatten sich einen Namen gemacht als anarchische Unterhaltungsmaschine, deren stundenlange Shows eher was von einer Revue hatten, wo die Bandmitglieder in verschiedenen Kostümen und als unterschiedliche Charaktere auftraten, es Konfetti regnete und auch wild gecovert wurde.

Dabei war der Klamauk nie Selbstzweck, die Band durchaus politisch – und sie ist es noch oder wieder, denn nach Phasen der Ruhe sind sie seit 2016 wieder aktiver. Passend dazu wurden in den letzten Jahren auch diverse ihrer Platten im Vinylformat neu aufgelegt, darunter das Debütalbum „Houla La!“ (1986, Bondage), die 12“-EP „Sprint“ (1988, Bondage) sowie das Doppelalbum „17 Plombs Pour Péter Les Tubes“ (1994, A Donf’).

Der Zugang zur Band wird etwas erschwert durch die durchweg französischen Texte und den sehr idiomatischen Humor – man sollte sich als nicht wirklich sehr gut des Französischen mächtiger Mensch keine Hoffnungen machen, viel zu verstehen.

Charakteristisch für die Band war immer schon der Einsatz eines Drumcomputers, bis heute lebt hier der „typisch“ französische Punksound der Achtziger weiter: zum einen schnelle, harte Punk-Nummern, zum anderen von Ska beeinflusste Songs.

Mit „Zwanzig optimistischen Songs, um deiner Zukunft ein Ende zu setzen“ kommentieren LUDWIG VON 88 bissig die République Française des Jahres 2019, speziell in „En avant dans le mur“ (in etwa: „Gegen die Wand laufen“), wo es heißt „En marche, en marche / Pour le Grand Capital“ – „Wir marschieren für das Großkapital“, wobei die Unterstützergruppierung des französischen Präsidenten Macron auf den Namen En Marche hört.

An anderer Stelle wird dann etwas weniger politisch den RAMONES-Tribut gezollt („Jean-Pierre Ramone“) oder scherzhaft der Atomkraft gehuldigt. Dabei gibt es zu jedem Song im Booklet eine T-Shirt-taugliche Grafik – man erkennt, dass diese Band einen ausgefeilten, gesamtheitlichen Ansatz verfolgt.

Wer frankophon und/oder frankophil ist, hat hier seinen Spaß, der Rest versteht wahrscheinlich so viel wie ein Franzose, den man mit den GOLDENEN ZITRONEN konfrontiert. Und rein aus musikalischer Sicht ist das Ganze auch eine Idee zu sperrig, um ohne den inhaltlichen Aspekt zu funktionieren.