BROKEN TRAIL

Der gute, alte Walter Hill hat mal wieder einen Film gemacht, der es direkt auf drei Stunden bringt, was daran liegt, dass es sich um einen zweiteiligen Fernsehfilm für den Kabelkanal AMC handelt. Nur Fernsehen also, schade, allerdings würde man sich freuen, wenn der Großteil der Kinoproduktionen auch nur ansatzweise die Klasse von BROKEN TRAIL erreichen würde.

Hill, dessen Werke ja quasi immer irgendwie Western waren, selbst wenn sie in der Moderne spielten, hat hier eine Pferdeoper klassischer Prägung gedreht, zwischen romantisierter Nostalgie und nüchternem, um Realismus bemühten Genre-Abgesang, die alles besitzt, was einen wirklich guten Film ausmacht: schöne Bilder, einen tollen Soundtrack (von Van Dyke Parks und YEAR OF THE DRAGON- und HEAVEN’S GATE-Komponist David Mansfield), sympathische Charaktere und eine dicht gestrickte Handlung, die unaufdringlich zwischen Humor, Drama und dezentem Kitsch das gesamte menschliche Gefühlsspektrum abdeckt.

Und vor allem mit dem 76-jährigen Robert Duvall einen wirklich großartigen Hauptdarsteller aufweist, der den Film auch produziert hat, und wo man sich von ihm eigentlich nur noch einen Satz wie „Ich liebe den Geruch von Pferdescheiße am Morgen“ zur absoluten Vollendung des Ganzen gewünscht hätte.

Der spielt Print Ritter, der am Ende des 19. Jahrhunderts zusammen mit seinem Neffen Tom Harte (Thomas Haden Church, der Sandman aus SPIDER-MAN 3) 300 Pferde von Oregon nach Wyoming treibt, um sie dort zu verkaufen.

Dabei kreuzen sie den Weg eines Sklavenhändlers (James Russo), und haben plötzlich fünf junge Chinesinnen im Schlepptau, die kein einziges Wort Englisch verstehen und die der inzwischen aufgeknüpfte Unmensch an ein Bordell verkaufen wollte („So I went and got our horses and our money ...

had to stretch a fella ... and you start a finishing school for Chinese girls ...“). Hinzu gesellt sich dann noch eine in die Jahre gekommene Hure (Greta Scacchi), die vor demselben Mann auf der Flucht ist, der auch der Bordellbesitzerin die fünf Chinesinnen wiederbeschaffen soll.

Das liefert genug Stoff für eine wirklich herzerwärmende, epische, aber niemals langweilige Story, die Hill auch wie von ihm gewohnt mit plötzlichen, ruppigen Gewaltausbrüchen und ungeschönter Brutalität würzt, wenn Cowboy Tom zum Beispiel einem Bösewicht ohne mit der Wimper zu zucken die Daumen wegschießt oder einem verletzten Pferd den Gnadenschuss gibt.

Wer Walter Hill mag und Western ganz generell wird auch BROKEN TRAIL lieben, mein persönlicher Favorit der letzten Monate, der seinen Reiz aus einem an sich sehr simplen, aber dennoch originellen Aufgreifen bekannter Motive des Genres bezieht.

Und es wird wohl mal wieder Zeit für eine ausgiebige Hill-Retrospektive.