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DIE ÜBLICHEN VERDÄCHTIGEN

Für unversöhnlichere Anhänger von #MeToo und Cancel Culture dürfte Bryan Singers brillanter zweiter Kinofilm „Die üblichen Verdächtigen“ auf die persönliche Blacklist gehören, denn eine der Hauptrollen spielt Kevin Spacey, der 2017 mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung in mehr als 30 Fällen konfrontiert wurde. Zwar kam es nie zu einem Gerichtsprozess deswegen, aber Spaceys Karriere dürfte dennoch nachhaltig beschädigt sein, was man aufgrund seiner darstellerischen Klasse durchaus bedauern darf, die er in zahlreichen Filmen wie „Sieben“, „L.A. Confidential“ oder „Verhandlungssache“ unter Beweis stellen konnte. Aber auch Regisseur Singer sah sich mit Vorwürfen konfrontiert, dass er Ende der 90er männliche Minderjährige missbraucht haben soll, weswegen er 2019 als Regisseur bei „X-Men: Dark Phoenix“ durch Simon Kinberg ersetzt wurde. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass „Die üblichen Verdächtigen“ aufgrund seiner verschachtelten, mit vielen Rückblenden versehenen Erzählstruktur, die den Zuschauer gekonnt an der Nase herumführt und schließlich – ähnlich wie Filme wie „Identität“ oder „Jacob’s Ladder“ – auf eine spektakuläre Schlusswendung zusteuert, einer der besten Thriller der 90er Jahre ist. Christopher McQuarrie erhielt dafür zu Recht einen Oscar für das beste Drehbuch. Spacey spielt hier den körperbehinderten Kleinkriminellen Verbal Kint, der in einem Polizeibüro als einer der beiden Überlebenden einer Schiffsexplosion mit 27 Toten im Hafen von San Pedro von einem Zollinspektor verhört wird, um die Hintergründe dieses offensichtlichen Verbrechens aufzuklären. „Die üblichen Verdächtigen“ erschien jetzt hierzulande in deutlich verbesserter Qualität das erste Mal auf Blu-ray. Leider ohne Extras, denn dieser intelligente Thriller hätte eigentlich vernünftiges Hintergrundmaterial verdient.