FRONTIER(S)

In Frankreich gibt es gerade offenbar einen Trend zu exzessiver Gewaltdarstellung, erst HIGH TENSION, dann INSIDE und jetzt FRONTIER(S). Und demnächst steht noch MARTYRS an, bei dem man sich eine ungeschnittene deutsche Fassung komplett abschminken kann, nach den Problemen, die bereits die anderen drei Filme hierzulande hatten, ganz zu schweigen von dem Gehampel mit SAW IV und HOSTEL 2.

Alles nichts für zartbesaitete Gemüter, sicherlich, aber durch die Verschärfung des Jugendschutzgesetzes Mitte des Jahres wird es in nächster Zeit wohl praktisch unmöglich werden, Horror- oder Actionfilme spekulativer Machart durch die FSK-Kontrolle zu bekommen.

Und selbst die JK bockt zusehends rum, denn wir wollen ja alle nicht, dass die Jugend durch Filme, die sowieso eigentlich nur für Erwachsene freigegeben sind, schwer gefährdet wird. Man sagt es ja ungern, aber das ist schon ganz klar eine extreme Bevormundung des vermeintlich mündigen Bürgers durch den Staat und damit Zensur.

Klar, werden die meisten sagen, was stört mich das, den Rotz gucke ich mir eh nicht an, bis es dann mal einen Film trifft, der einem persönlich am Herzen liegt, denn das dabei ins Feld geführte, nicht ganz neue Argument der Gewaltverherrlichung hat über die Jahre nichts an Schwammigkeit und Willkürlichkeit verloren.

Das sieht man sehr anschaulich bei einem Film wie Xavier Gens' FRONTIER(S) - der Mann, der uns schon den grandiosen HITMAN bescherte -, denn wie kann man so einen filmischen Stuss tatsächlich ernst nehmen? Und so musste FRONTIER(S) für die SPIO/JK-Freigabe noch um drei Minuten geschnitten werden.

In der mit "keine Jugendfreigabe" geprüften Fassung werden es dann ca. acht Minuten sein, völlig sinnlos also, sich den Film in dieser Form anzuschauen. Nicht, dass er in vollständiger Form besser würde, aber diese Art Terror-Kino benötigt halt auch einen gewissen Anteil an Splatterszenen.

An sich fängt alles sogar ganz interessant an, man fühlt sich ein wenig an Mathieu Kassovitzs LA HAINE erinnert, als fünf jugendliche Kleinkriminelle mit arabischem Hintergrund die politischen Unruhen in Paris für einen Banküberfall nutzen und anschließend aus der Stadt flüchten.

Was dann kommt, ist eher mal eine geschmacklose Komödie, denn die Gang gerät ganz zufällig in die Fänge einer Nazi-Kannibalen-Familie, quasi ein "Best of" aus HOSTEL und TEXAS CHAINSAW MASSACRE (Original oder Remake, man kann es sich aussuchen).

Dumm nur, dass Gens das alles tatsächlich bierernst meint, kaum zu glauben angesichts des Familienoberhaupts, eine astreine Klischee-Nazi-Parodie, die im französischen Original auch noch alberne deutsche Wortfetzen von sich gibt - man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.

Viel schlimmer ist eigentlich, dass FRONTIER(S) dabei auch noch stinklangweilig inszeniert wurde, das hat man alles schon mal gesehen und von Terror oder Irrsinn wie in HIGH TENSION und INSIDE keine Spur.

Folterschocker, my ass! Aber wie schön, dass es noch genug arme Fackeln wie die von dasmanifest.com gibt, die einem weismachen wollen, FRONTIER(S) sei ein "Genre-Hit allererster Kajüte: Schnell, wild, mitreißend, brutal, charmant...

EINFACH SPITZE!" - oder vielleicht doch einfach nur dämlich? Als Statement zur aktuellen Frankreich-Politik kann man diesen Unfug nun wirklich nicht werten. Am bedauerlichsten dabei ist aber, dass sich dieses überflüssige Machwerk auch noch jede Menge Leute in Deutschland in einer komplett verstümmelten Fassung ansehen werden.