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JETZT!

Können Lieder Freunde sein?

Ja, sie können, und der Beweis ist mit diesem feinen, zweiten regulären Album der ostwestfälischen Band JETZT! erbracht. Das lange auf Eis liegende Projekt des ostwestfälischen Songschreibers/Sängers/Gitarristen Michael Gierke, wiederbelebt mit Hilfe von STERNE-Bassist Thomas Wenzel, stand und steht für seelenvollen Indiepop mit introspektiven deutschen Texten fernab der Fremdscham-Grenze. Dabei streift der „Liedermacher“, so nannte man das in den Siebzigern noch, unterschiedliche Themen wie ermordete Kommunistinnen („Rosa“), Tod und Vergänglichkeit („Ich rede oft mit meinen Toten“) oder er erzählt von Bewusstseinszuständen, existentiellen Situationen, Hoffnungslosigkeit und Zuversicht. Dabei bleibt er allerdings nicht stocksteif, sondern fabuliert mit Herz und Seele, zudem mit einem leicht abgründigen Humor. Das klingt keinesfalls verkopft und nach VHS-Kurs „Befindlichkeitslyrik“, eher kommt ein unterschätzter Alltagspoet vom Schlage eines Billy Bragg mit seinem „Socialism of the heart“ in den Sinn. Nicht zuletzt dank der wirklich souligen Arrangements klingt er hier fast ein wenig nach Stax und STYLE COUNCIL. Gierke ist gewiss kein Otis Redding, ist sich seiner stimmlichen Einschränkungen aber bewusst, kennt seine Defizite genau und weiß, wie er diese in Stärken umdeuten kann. Genau daraus, in Verbindung mit den blitzgescheiten, fokussierten Texten und dem lässigen, aber auch ein wenig bedächtigen Vortrag bezieht das Album seine Magie. Und tatsächlich möchte man unverzüglich mit den zwölf starken Liedern des Albums eine innige, lebenslange Freundschaft schließen.