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HAMMERHEAD

Nachdenken über Deutschland

Die Geschichte mit Ox und HAMMERHEAD geht weit zurück: Der damalige Ox-Kollege Bodo Mikulasch veröffentlichte 1991 ihre erste 7“, und in dem Jahr sah ich sie erstmals live in Bochum-Wattenscheid. Seinerzeit waren sie noch sehr „newyorkig“ unterwegs, bis zum Release von „Stay Where The Pepper Grows“ 1993 gab es eine markante Verwandlung. Ich gebe zu, mich haben HAMMERHEAD in ihrer Hochphase Mitte der 1990er nicht wirklich abgeholt, die Provo-Nummer war mir bisweilen zu unsubtil, dass Humor dahinter steckte, erschloss sich mir nicht immer – und auch die Kumpelei mit ZAP-Moses sorgte eher für Distanz, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Das änderte sich erst mit Headberts Dreh zur Band-Doku Mitte der Nuller Jahre, und Ron traf ich gefühlt alle Nase lang in Köln auf Partys und Konzerten und stellte fest, dass uns eigentlich nichts trennt. Reunion, mehr Konzerte, mehr Ox-Interviews, Headbert wird Ox-Schreiber, Headbert steigt aus, Ex-Ox-Schreiber David Schumann von KMPFSPRT steigt ein ... und 2023 die Ankündigung von Ralf von Holy Goat Records, dass er als erfahrener HAMMERHEAD-Tour-Coach das neue Album machen wird. Ox-Titelstory? Warum nicht? Album vorab hören dürfen ... wow! Geht alles in die richtige Richtung, viel Wut, viel Wumms, David bringt frischen Schwung in den alten Laden, so dass „Nachdenken über Deutschland“ kein Stück schnarchnasiges Spätwerk ist, sondern so in die Fresse geht wie das legendäre „Feel The Darkness“-Album (1990) von POISON IDEA, die bis heute eine maßgebliche Band für HAMMERHEAD sind. 14 Songs in 25 Minuten ballert der Fünfer raus, an den Stücken ist kein Speck, das ist knackig und auf den Punkt – selbstkritische Maximaloptimierer in eigener Sache waren hier bei der Arbeit: wer gegenüber anderen scharf schießt, muss überzeugend abliefern. Schon die erste Single „Autofahrerhose“ bestätigte das: viel Wut, Politik, Augenzwinkern – die bewährte Mischung. Das „Nachdenken über Deutschland“ aus dem Titel muss man gar nicht so spöttisch sehen. Auch in „Der Schlossbesitzer“ oder „Kinderstrafe“ textet Tobias auf den Punkt und analytisch, ebenso bei „Im Sommer“, mit dem man sich nicht überall in der Punkszene Freunde machen wird. 2024 sind HAMMERHEAD bei aller rüpeliger Attitüde und musikalischer Voll-in-die-Fresse-Musik eine erstaunlich reflektierte, erwachsen gewordene Band. Die alles tut, nicht abgeklärt und altersweise rüberzukommen, wie so viele andere ihrer Generation, sondern Punk in sehr charmanter Weise zu zelebrieren. Alles richtig gemacht. Bald reif für für den Bambi fürs Lebenswerk. Wer sich übrigens über den Aufkleber auf dem Cover wundert ... nun, es gab da gewisse Probleme mit dem ursprünglichen Motiv, was kurz vor dem Veröffentlichungsdatum mit viel Handarbeit auf diese Weise gelöst werden musste.