CREETINS

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Punkrock ohne Handbremse

Punkrock aus Kiel, aus dem Bauch und in die Fresse. Hymnen und Melodien en masse ... Seit 1996 existent, das Debütalbum „Have You Ever Hit The Ground“ erschien 2001 auf Vitaminepillen Records. 2003 folgte auf dem gleichen Label der zweite Langspieler namens „4 Seconds To Get Over It“. Unzählige Konzerte der noch immer sehr jungen Band, ein Line-up-Wechsel am Bass 2005. Man hatte das Gefühl, es wird ruhiger um die Gebrüder Frederick und Matthias Frank. Und dann plötzlich: ein neues Album. Von beiden alleine eingespielt. Schnell einen neuen Bassisten, Stefan Lorenzen, angeheuert und weiter geht die wilde Jagd! Rückblende ... Der kleine KK besäuft sich – vor vieeelen Jahren – nach einem Konzert der CREETINS aus Kiel im altehrwürdigen AJZ zu Homburg nach allen Regeln der Kunst mit Sänger Frederick. Das Bier ist warm, die Stimmung gelöst und herzlich und man unterhält sich so gut, dass man beschließt, das Ganze noch einmal zu tun. Den Teil mit der Konversation zumindest. Am besten für das Ox-Fanzine, bietet sich ja an. Gesagt, getan, Ox #45, CREETINS-Interview, zack. Irgendwann stoße ich erneut auf die CREETINS, sehe, dass das neue (Hammer-) Album bei Roadrunner Records erscheint, bekomme es auch just zum Besprechen auf den Tisch, letztes Heft, und ruckzuck steht der Entschluss, mal wieder das lustige Frage-Antwort-Spiel mit Fred via eMail zu spielen ...


Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Roadrunner Records?

Roadrunner hat damals ein Demo von uns bekommen, das deren Interesse geweckt hat und so hat sich ein A&R eine Live-Show reingezogen und ein paar Monate später war die Platte im Kasten und wir haben einen Deal unterschrieben! Unser altes Label Vitaminepillen hat einen guten Job für uns gemacht, aber irgendwann kam der Punkt, an dem wir sagten, dass wir einen Schritt weiter gehen wollen. Somit war die Entscheidung für Roadrunner gefallen. Hauptunterschied ist, dass Roadrunner eben kein Zwei-Mann-Betrieb ist und eine entsprechend größere Infrastruktur besitzt, so dass einfach mehr Platten in den Läden stehen, was einer Band natürlich hilft, wenn man ein paar Platten verkaufen will. Roadrunner lassen uns unsere Freiheit, was absolut cool ist. Es macht definitiv Spaß, mit den Jungs und Mädels zu arbeiten!

Ich habe mir ein wenig die Augen rot gesurft auf MySpace und finde auf jeder zweiten Seite einen „thanx for the add“ von euch. Wer von euch betreut das? Wie wichtig ist MySpace deiner/eurer Ansicht nach mittlerweile?

Das macht unser MySpace-Minister Fanski, der ist ganz gut dabei momentan. Inzwischen hat ja fast jeder eine solche MySpace-Seite, daher bietet es sich für Bands an, um die Werbetrommel zu rühren. Also für Bands eine coole Sache eigentlich. Man kann kostenlos seine Songs ins Netz stellen und sich schnell und einfach eine Fanbasis aufbauen ... Angst machen mir allerdings diese MySpace-Junkies, die 24 Stunden am Tag eingeloggt sind und es kommentieren müssen, dass sie eben derben Durchfall hatten oder irgendwelche mülligen Fotos und Umfragen von sich verschicken müssen. Würde mich mal interessieren, ob sich die ganzen Kiddies auch ihre Hausaufgaben zuposten? Hätte ich jedenfalls damals gut gebrauchen können ... Also wer unser „Freund“ werden will, kann ja mal myspace.com/thecreetins checken, yo!

Wolltet ihr gerne Vinyl machen oder war das eine Idee des Labels? Lass dich bitte doch mal aus zum Thema Vinyl, mp3, CD, Tapes ...

Es war für uns selbstverständlich, dass wir, wie bei den beiden Vorgängeralben. auch eine Vinylversion machen, weil wir echte Vinyl-Fans sind und sich das für einen anständigen Release gehört. Vor allem in der Punkrock-Szene ist ja Vinyl extrem wichtig! Roadrunner ist da sehr kooperativ, so dass wir sogar noch eine 7“ in Zusammenarbeit mit Cargo vor dem Albumrelease raushauen konnten, das hat uns sehr gefreut! Da ist übrigens auch ein FUGAZI-Cover drauf. CDs sind auch gut, keine Frage, vor allem wenn man ständig unterwegs ist und keinen mp3-Player besitzt, so wie ich. Auch mp3s sind gut und praktisch, wenn mir aber was an einer Band liegt, kaufe ich mir die Platte. Ich muss da einfach was Richtiges in meinen schmierigen Wurstfingern halten ... Tapes hör ich höchstens mal im Bett, „Drei ???“, sonst fast gar nicht mehr, eigentlich schade.

Wie „weit“, glaubt ihr, im schnelllebigen Musikbusiness dieser Tage kommen zu können? Wie weit wollt ihr kommen? Habt ihr noch Dayjobs oder ist Musik derzeit die einzige Einnahmequelle?

Ich glaube schon fest daran, dass wir mit dieser Platte mehr erreichen können als bisher, schließlich ist es eine feine Scheibe geworden, für die wir uns echt den Arsch aufgerissen haben! Zum Thema Kohle: Wir haben alle noch kleine Studenten-Popel-Jobs, um unsere Miete zu zahlen. Fanski wischt Ärsche im Pflegeheim, Matthias arbeitet beim Proktologen in einer Klinik und ich jobbe als Rettungssanitäter. Klar wäre es der Hammer, ausschließlich von der Band zu leben, aber inwieweit das funktioniert, bleibt abzuwarten. Wir haben auf jeden Fall eine Menge Zeit. Mal sehen, ob wir nach dem ganzen Touren nicht sowieso alle unsere Jobs verlieren ...

Was war das größte Publikum, vor dem ihr je gespielt habt? Welches das schlimmste? Welches war das coolste Konzert, das ihr je spielen durftet?

Ziemlich groß und unglaublich cool war es auf der Deconstruction-Tour, das war ein verdammt gutes Gefühl, mit den Bands, die man als Jugendlicher vergöttert hat, auf einer Bühne zu stehen – PENNYWISE zum Beispiel! Das beschissenste Konzert, das wir jemals gespielt haben, war in Dänemark. Der Veranstalter hat keine Werbung gemacht, weil „sowieso fast nie jemand kommt“, entsprechend waren nur eine Hand voll Leute und zwei kläffende Köter da, die auch noch vor die Bühne gekackt haben ...

Wie wichtig ist euch der Begriff „Szene“ noch? Welcher fühlt ihr euch zugehörig? Was macht euer näheres Umfeld aus, Bands, Leute, Läden?

Die Punkrock-Szene ist uns nach wie vor sehr wichtig, schließlich sind wir seit mehr als zehn Jahren in dieser Szene unterwegs, und es ist einfach die geilste und ehrlichste. Hier fühlen wir uns zu Hause, gucken dabei aber auch gerne mal über den Tellerrand. In Kiel gibt es da jede Menge Bands, die uns seit Jahren begleiten und mittlerweile auch immer mehr neue Kapellen, das ist gut so! Läden wie die Schaubude, Alte Meierei oder Pumpe sind hier die wichtigsten Anlaufstellen in der Kieler Punkrock-Szene, das ist da immer wie auf einem Kaffeekränzchen, jeder kennt jeden.

Habt ihr es schwer, zwischen all den „typischen“ Roadrunner-Bands? Genießt ihr einen Exotenbonus oder passt das doch irgendwie? Wenn, wie?

Ehrlich gesagt, finde ich es cool, den Exotenbonus zu haben. Das ist irgendwie witzig, neben Bands wie SEPULTURA oder NICKELBACK auf einem Label zu sein. Jedenfalls viel interessanter als die tausendste Punkband auf einem Punklabel ... Und was man ja auch nicht vergessen darf: Roadrunner hat ja schon ein paar dufte Punkplatten rausgebracht, ich denke da zum Beispiel an die MISFITS, SHELTER oder jetzt aktuell die NEW YORK DOLLS.

Wie sieht denn mittelfristig euer Plan aus? Was wollt ihr unbedingt noch erreichen?

Wir sehen jetzt erstmal zu, dass wir möglichst viel in Deutschland und Umgebung spielen werden. Da die neue Platte in möglichst vielen Ländern erscheinen soll, werden wir uns dann in erster Linie um das Ausland kümmern und bis zum Abkotzen touren. Eine USA-Tour wäre ein ganz großer Traum, obwohl wir von vielen Bands wissen, dass es alles andere als ein Spaß ist, dort als kleine deutsche Band zu touren. Mal sehen, auf jeden Fall gibt es schon eine Einladung von einer Ami-Band, von welcher wird aber noch nicht verraten ...

Wie viel Politik ist in eurer Musik noch enthalten? Äußert ihr euch eher außerhalb der Musik zu politischen Themen?

Hin und wieder schreib ich was zu politischen Themen, je nach Lust und Laune. Wobei ich aber anmerken muss, dass wir zwar alle eine politische Einstellung haben, uns auch ab und an auf Demos blicken lassen, aber bei den Lyrics einen klaren Schwerpunkt auf persönliche Erfahrungen legen. Es bringt mir mehr Spaß, darüber zu schreiben, das kann ich besser. Es gibt schon so verdammt viele Punkbands, die fast ausschließlich über Politik singen, das ist auch gut und wichtig, aber wenn jede Band das macht, wird es irgendwann stinklaaaaangweilig!

Was sind denn so die spannendsten Platten, die man sich derzeit in sein Regal stellen muss, eurer Ansicht nach?

Zur Zeit hör ich an neueren Scheiben: NEW YORK DOLLS „One Day It Will Please Us To Remember Even This“, AGAINST ME! „Searching For A Former Clarity“ und die neue Live-Scheibe der HARD-ONS „Most People Are A Waste Of Time“. Sonst eher alten Kram wie DAG NASTY, AVENGERS, REPLACEMENTS oder NEUROTIC OUTSIDERS ... Ach, und momentan den „Empire“-Ohrwurm von BOYSETSFIRE.

Wenn die CREETINS ein Cocktail wären, was wäre darin wohl enthalten?

Tabasco, Saurer, Champagner, Rollmops mit ordentlich Pfeffer, Salz und Arschwasser on Ice, please. Prost!

[b]Danke schön und viel Glück und liebe Grüße nach Kiel, wir sehen uns!


creetins.com