FUTURE OF THE LEFT

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No(i)sy Rock

Mit „The Plot Against Common Sense“ haben FUTURE OF THE LEFT mittlerweile ihr drittes Studioalbum herausgebracht. Nach dem Ausstieg von Bassist Kelson Mathias sind sie nicht mehr zu dritt, sondern mittlerweile sogar zu viert – Zuwachs bekamen sie in Form von Julia Ruzicka und Jimmy Watkins. Am Sound hat das nicht wirklich etwas geändert: Geboten wird weiterhin kantiger, lärmiger Rock mit Andy „Falco“ Falkous’ sarkastischen Texten. Nachdem ein Telefoninterview terminlich nicht zustande kam, beantwortete der Sänger/Gitarrist in seiner gewohnt launigen Art meine Fragen per Mail. Ex-MCLUSKY-Kumpane Jon Chapple scheint sich dabei nicht unbedingt größter Beliebtheit zu erfreuen, die Komma-Taste dagegen schon ...

Es hat ein wenig gedauert, bis „The Plot Against Common Sense“ veröffentlicht wurde. Ich habe deine Blog-Posts gelesen, in denen du geschrieben hast, dass das Album ursprünglich schon im Juni 2011 aufgenommen wurde. Was war der Grund für die Verzögerung?


Wir haben im Juni 2011 begonnen, das Album aufzunehmen, was nur durch die Verfügbarkeit des Studios, in dem wir aufnehmen wollten, verzögert wurde. Eigentlich wollten wir das Album innerhalb von drei Wochen aufnehmen, aber es gab noch stille Reserven. Zum Beispiel war „Sheena is a T-shirt salesman“ bis zum Oktober noch gar nicht geschrieben, obwohl es den Songtitel schon länger gab. Der verlängerte Aufnahmeprozess gab mir die Möglichkeit, noch mehr an meinen Texten zu arbeiten. Beschissener Tiefgang und so.

Nachdem ihr so lange an den Songs gearbeitet und sie so oft gehört habt, nerven sie euch nicht so langsam?

Während wir ein Album machen, hören wir uns die Songs unzählige Male an, und natürlich schwindet die Liebe für sie. Wie dem auch sei, manchmal hilft die zeitliche Distanz von einem oder zwei Monaten, die Sache wieder anzugehen. Und jedes Mal, wenn wir sie bei unseren Konzerten spielen – was selbst schon wieder erquickliche Momente sind, für uns zumindest –, erinnern wir uns an ihre Qualitäten. Zudem sei angemerkt, dass wir uns immer freuen, an neuen Songs zu arbeiten.

Ihr habt auf jedem eurer Alben Synthesizer benutzt, ich habe dieses Mal das Gefühl, dass sie noch mehr zum Einsatz kommen. Andere Songs sind melodischer als ältere FUTURE OF THE LEFT-Titel. „Goals in slow motion“ zum Beispiel geht schon in Richtung Rocksong.

Das sind einfach die Songs, die wir dieses Mal geschrieben haben. Bei sechs Stücken auf dem Album haben wir Synthesizer benutzt und bei zehn, inklusive des Hidden Tracks, haben wir das nicht. Vielleicht verwirrt die Tatsache, dass die Gitarren manchmal Synthesizer-Sounds nachahmenn. Ich bin mir mit dir einig, dass „Goals in slow motion“ ein geradeaus rockender Song ist, zumindest musikalisch – er sollte genauso klingen wie SUGAR.

Nach dem Lesen deiner Songtexte und der Posts im Blog bekommt man den Eindruck, es mit einem sehr zynischen Menschen zu tun zu haben. Wie wichtig ist dir Sarkasmus im Alltag?

Sarkasmus ist nur ein Teil des Comedy-Kanons und wird von Halunken als erste Zuflucht benutzt, aber ja, natürlich. Kannst du erzählen, dass meine Komma-Taste kaputt ist? Ich habe mich an so vielen Umformulierungen versucht, dass es meine eigentlich recht flinken Finger ermüdet hat.

Die Texte sind ein Markenzeichen von FUTURE OF THE LEFT. Kannst du mir sagen, wie du an neuen Texten arbeitest und was wichtige Themen für deine Texte sind?

Die Texte ergeben sich einfach aus unseren Persönlichkeiten, sobald die Songs langsam eine Form erhalten. Es gibt keine Meetings, in denen wir relevante Themen besprechen – sie entstehen einfach aus unserem Leben und werden zu Zwei- bis Vier-Minuten-Song-Momenten.

Du bist jetzt sieben Jahre bei FUTURE OF THE LEFT und warst seit 1996 bei MCLUSKY. Inwieweit sich dein Verhältnis zur Musikindustrie in diesen 16 Jahren verändert hat?

Die Musikindustrie geht mir am Arsch vorbei.

Könnt ihr von der Musik leben?

Ich glaube, da fragst du den Falschen. Ich habe etwa ein Drittel meines benötigten Einkommens in den letzten zehn Jahren mit Musik gemacht und komme gerade so über die Runden. Allerdings war das nicht genug, um in den letzten paar Jahren Steuern zu bezahlen. So drängend die finanziellen Sorgen auch sind, wäre es doch traurig, wenn es nur darum ginge.

Was sind eure Jobs neben der Band?

Alles und nichts. Julia arbeitet an einer Musikschule und als Assistentin eines Stand-up-Comedians. Jim war Film-Double und arbeitete in letzter Zeit in einer Fabrik und auf Baustellen. Jack ist Koch oder Barmann. Ich bin Aushilfsbürokraft, obwohl ich früher als Totengräber gearbeitet habe. Ich wasche mir die Hände besonders gründlich, wenn ich Hemd und Krawatte trage. Besagen Gerüchte.

Wie arbeitet ihr an neuen Titeln, mit der „klassischen“ Jam Session im Proberaum?

Yup, die klassische Jam Session. Die schnelle und rücksichtslose Verwirklichung von Ideen in einer Umgebung ohne Angst und Spaß. Hoffentlich. Manchmal klappt’s nicht, das ist das Risiko.

Jetzt ein wenig Klischee-Denken: Denkst du, FUTURE OF THE LEFT sind eine Noise-Rock-Band?

Nein. Wir sind eine „noisy rock band“, aber keine Noise-Rock-Band. Melodien sind das Wichtigste an unserer Musik.

Welche anderen Bands hörst du selbst am liebsten?

WIRE. Das war’s.

Kennst du eine Band namens JAPANDROIDS? Sie haben in der Vergangenheit schon MCLUSKY gecovert und auf dem neuen Album ist ein Song namens „The house that heaven built“, der mich an euren Titel „The hope that house built“ erinnerte ...

Ja, ich habe von ihnen gehört. Sie sind nette Typen.

Was sind die Zukunftspläne von FUTURE OF THE LEFT, ausgedehntes Touren? Werdet ihr nach Deutschland kommen?

Wir werden so viel touren, wie wir es hinbekommen und ich würde sehr gerne wieder in Deutschland spielen.

Ist es wahr, dass du gerade an einem Buch arbeitest? Kannst du vielleicht andeuten, worum es in dem Buch gehen wird?

Ich kann dir gar nichts dazu sagen, weil ich noch weit von der Fertigstellung entfernt bin. Ich schreibe nur, wenn ich ein bisschen Zeit habe – normalerweise mit der Hilfe von Kommas.

Ein letzte Frage: Bekommst du etwas von Jon Chapples musikalischen Aktivitäten nach MCLUSKY mit, wie etwa SHOOTING AT UNARMED MEN – und was hältst du davon?

Ich war jahrelang mit Jon in einer Band, deswegen kann ich dir sagen, wie seine Bands klingen, ohne sie gehört zu haben: einige tolle Ansätze und unbestrittenes Talent, das nicht richtig ausgearbeitet klingt. Das ist es, was er macht.