SALTY PAJAMAS

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Minimaler Aufwand, maximaler Enthusiasmus

Eines Tages verschlug es mich mal wieder in den Kölner Sonic Ballroom. Vor dem eigentlichen Hauptakt sah ich eine junge und irgendwie unkonventionell aufspielende Band, die lustigerweise in Schlafanzügen auf der Bühne stand. Ihr Sound war irgendwie trashig und einfach und der Gesang total verzerrt. Auch wenn sich das jetzt nicht nach Qualität anhört, es war eine wirklich mitreißende Show abseits des Alltäglichen. Nach der Show kaufte ich dann auch noch ein paar selbstgebrannte CD-Rs, auf denen sie ihren alten Bandname liebevoll unsauber mit Tesafilm überklebt hatten, und eine Weile später entschied ich mich an Jonas, den Sänger des Dreigestirns, ein paar Fragen zu richten.

Jonas, ihr tragt live Schlafanzüge, aber was steckt sonst hinter den SALTY PAJAMAS?


Die SALTY PAJAMAS sind Kay an den Drums, Kalle am Bass und ich, Jonas, an Gitarre/Banjo/Delay-Kazoo/Bluesharp und Gesang. Ursprünglich kommen wir alle aus der kleinen Stadt Pirmasens im Pfälzer Wald, wo wir uns in unserem, aus einem alten Trafohaus umgebauten Proberaum kennen gelernt haben. Teilweise hatten wir da auch schon in verschiedenen Bands zusammengespielt. Die Band wurden jedoch erst gegründet, als wir drei dann den Absprung in die „große weite Welt“ geschafft haben. Kay wohnt jetzt in Bremen, Kalle in Köln und ich in Karlsruhe. Das war 2007 und seitdem machen wir auf unsere Art rotzigen Garage-Folk – mit minimalem Aufwand, aber maximalem Enthusiasmus.

Begonnen habt ihr aber doch eigentlich unter dem Namen SEILTÄNZERTRAUMA ...

2004 hatte ich mir zusammen mit ein paar Kumpels einen Vierspurkasettenrekorder gekauft und etwa ein Jahr später 13 Lieder aufgenommen. Alles sehr obskur und wild durcheinander. Die Lieder habe ich dann auf CD gebrannt und wollte diese dann an Freunde verteilen. Aber ich brauchte noch einen Namen für dieses Projekt. Also nahm ich einfach den Namen, der mir von einem sehr guten Freund wegen meiner Höhenangst aufgedrückt wurde, so wurde SEILTÄNZERTRAUMA geboren. Ich fing mit Kay an, ein paar Lieder dieser Platte live zu spielen, um die dann anschließend auch verkaufen zu können. Kalle am Bass und einige andere Songs kamen dann noch dazu und als es dann bei der nächsten CD auf Namenssuche ging, war der Konsens: „Also mir fällt jetzt auch nix Besseres ein, also lassen wir es doch so.“

Aber dann habt ihr euch doch umbenannt.

Bei den Vorbereitungen unseres neuen Albums war ich fest entschlossen, endlich auch mal die lange Zeit vor uns hergeschobene Namensänderung durchzuziehen. Es ging darum, einen Namen zu finden, der uns als Band ausmacht. Wir treten schon von Beginn an in Schlafanzügen auf, es waren ungetragene, noch originalverpackte Relikte aus dem Kleiderschrank meines längst verstorbenen Großvaters. Die sind dann mehr und mehr zu unserer Identität geworden, und da wir auf Tour keine Möglichkeit haben, die Schlafanzüge zu waschen und diese dann zwangsweise irgendwann immer „salziger“ werden, entstand der Name SALTY PAJAMAS. Im Frühjahr 2011 haben wir uns dann endlich umbenannt.

Wie seid ihr darauf gekommen, in Schlafanzügen aufzutreten?

Zunächst war das eher ein Gag beziehungsweise der Versuch, die Aufmerksamkeit weg von unserem musikalischen Gemurkse auf unser Äußeres zu lenken und dabei ein paar Lacher zu ernten. Schließlich wurden sie aber, wie gesagt, mehr und mehr zu unserer Identität und jetzt können wir gar nicht mehr ohne auftreten. Außerdem bin ich auch überzeugt von Bühnenoutfits, die den Zuschauer zusätzlich zur Musik auch optisch vereinnahmen sollen. Ich finde es super, dass die MUMMIES als Mumien verkleidet auf die Bühne gingen. Ich liebe den Helm von Bob Log – es gibt übrigens ein sehr gutes Gruppenfoto mit ihm auf unserer Internet-Seite. Es mystifiziert, wirft Fragen auf und bringt die Leute dazu, stehen zu bleiben, sich mit uns zu beschäftigen. Rock’n’Roll muss wild und total verrückt sein, und wenn das durch Bühnenoutfits gesteigert werden kann – umso besser. Ohne die Schlafanzüge fühlen wir uns auf der Bühne mittlerweile nackt. Erst mit ihnen werden wir zu den SALTY PAJAMAS. Es ist wie eine Maske, die einen hemmungsloser und extrovertierter sein lässt, weil man dadurch seine ganzen anderen Persönlichkeiten ablegen kann. Außerdem hat man automatisch trockene Klamotten, in die man dann nach dem Konzert wieder schlüpfen kann. Das ist sehr praktisch.

Wer oder was inspiriert euch? Welche Einflüsse haben euch zu dem werden lassen, was ihr seid?

Grob würde ich sagen: alte Bob Dylan-Sachen, der junge Neil Young, das zweite Album der MEAT PUPPETS, Hank Williams, Billy Childish, CARTER FAMILY, GUN CLUB, Roscoe Holcomb, alte Leonard Cohen-Songs, DEAD MOON, alter Rhythm and Blues und Hasil Adkins. Außerdem ein Stapel alter Hillbilly-Platten von Folk Variety Records zum Beispiel und Trikont-Sampler wie „Black And White Hillbilly Music“ und diese Zydeco- und Cajun-Sampler. Das alles ist bestimmt nicht immer rauszuhören, aber inspiriert hat es uns doch. Letzteres hat vor allem meine Art zu singen beeinflusst.

Was habt ihr bisher veröffentlicht?

Unter dem Namen SEILTÄNZERTRAUMA brachten wir 2007 unser Debütalbum „Leave The Circus“ unter die Leute. 2009 kam dann die zweite Scheibe „The Hoarse Donkey“ sowie eine Split-7“ mit den formidablen WINTERJ’S aus Karlsruhe heraus, auf der von beiden Bands je ein eigenes Stück und eine Coverversion der jeweils anderen drauf ist. Im gleichen Jahr nahmen wir während einer brutal heißen Sommerwoche „Sweat Butcher Sweat“, das letzte Album unter dem alten Namen SEILTÄNZERTRAUMA auf. Alle drei wurden in Eigenregie aufgenommen und auf Konzerten als CD-R verkauft. Ende Mai 2012 kam dann unser selbstbetiteltes neues Album bei Off Label Records raus. Das haben wir im Gegensatz zu den früheren dann auch nicht mehr im Alleingang mit Vierspurkassettenrekorder und PC aufgenommen, sondern hatten die Unterstützung von Älex, der das Ganze zwar immer noch roh genug, aber um einiges breiter umgesetzt hat.

Und neben den SALTY PAJAMAS hast du auch noch einige andere Projekte, wie ich gehört habe ...

Da wäre zum einen die MONGOLIANS REVIVAL BAND, eine Garage-Punk-Rockband mit viel Melodie, Krach, Enthusiasmus und dem Hang, SM57-Mikrofone zu verschlucken. Nachdem unsere Bassistin uns im Gegensatz zu den vorhergehenden Bassspielern wohl zum Glück erhalten bleiben wird, gibt’s auch bald ein neues Album. Und dann gibt es da noch PEA AND THE PEES, eine Country-Folk-Rock’n’roll-Band.

Wie geht es weiter?

An Wochenenden und in den Ferien wollen wir so viele Konzerte spielen wie möglich, die Platten so schnell wie möglich verkaufen, damit wir neue machen können, eine Internetseite haben, den Schlafanzug von Kay flicken und keine Routine aufkommen lassen, weil es so einfach der größte Spaß ist, den ich mir vorstellen kann.