SLIM CESSNA’S AUTO CLUB

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Best of Goth-Country

Wem jemals das Vergnügen zuteil wurde, die Denver Goth-Americana-Hohepriester SLIM CESSNA’S AUTO CLUB live zu erleben, der wird mir zustimmen, dass es so eine Magie, wie sie zwischen den SCAC-Frontmännern besteht, kein zweites Mal im Alternative-Country-Universum gibt. Mit „An Introduction For Young And Old Europe“ ist gerade via Glitterhouse Records ein „Best of“-Album erschienen, das das bisherige Schaffen des Sextetts musikalisch und visuell auf den Punkt bringt. Slim Cessna stand Rede und Antwort.

Slim, seit dem letzten Interview in Ox #78 sind fünf Jahre vergangen. Mit „An Introduction For Young And Old Europe“ veröffentlicht ihr ein Album, das speziell auf den europäischen Markt abzielt. Wie steht es um den Bekanntheitsgrad von SLIM CESSNA’S AUTO CLUB in Europa?

Was Europa betrifft, so haben wir eindeutig Nachholbedarf. Und das, obwohl wir die letzten Jahre ständig dort auf Tour waren. Wir wollen unsere Musik einem größerem Publikum näher bringen und nicht ewig nur der Geheimtip bleiben. Momentan sind wir ja in Europa zum Großteil ein wirklich gut gehütetes Geheimnis, das muss sich ändern.

Beim Hören des „Best of“-Albums fällt auf, dass euer vielseitiger Alternative-Country-Sound sogar Balkaneinflüsse aufweist, bei genauem Hinhören entdeckt man auch Elemente traditioneller jüdischer Musik. Für eine Band, die von faulen Musikjournalisten gerne mal ins Americana-Fach eingeordnet wird, sind das auffallend viele Einflüsse aus dem alten Europa ...

Ich würde es so ausdrücken: Die Wurzeln unserer Songs liegen definitiv in der amerikanischen Musiktradition. Aber du hast schon Recht, es gibt da Einflüsse aus dem guten alten Europa in unserem Sound. Wir alle leben schließlich in einer Welt, die ständig kleiner wird und enger zusammenrückt. Mit dem Internet und Smartphones sind wir konstant einer informationellen Reizüberflutung ausgesetzt. Als Künstler sehen, hören und fühlen wir, und unsere Erfahrungen beeinflussen uns selbstverständlich auch in der Musik. SLIM CESSNA’S AUTO CLUB versuchen, sich selbst keine Grenzen zu setzen – zumindest was mich betrifft, hoffe ich das. Und es überrascht mich nicht, wenn du Balkanmusik und traditionelle jüdische Musik bei uns wieder erkennst.

Euer düsterer Alternative-Country-Sound ist meilenweit entfernt vom dem, was in den USA gemeinhin unter Country läuft. Wie stehst du zu modernem Mainstream-Country?

In allen Genres gibt es gute und schlechte Musik, egal, in welche Schublade man schaut. Alles ist natürlich Geschmacksache. Ich versuche, jeglicher Musik gegenüber aufgeschlossen zu sein. Aber ich muss schon zugeben, dass ich mit der meisten modernen Country-Musik nicht viel anfangen kann, das ist einfach nichts für mich.

Gibt es jemand, dessen Musik du inspirierend findest?

Lass mich überlegen ... Ja, vor kurzem habe ich ein paar Country-Songs gehört, die mir richtig gut gefallen haben. Das ist mir jetzt fast ein wenig peinlich, aber ich muss gestehen, dass ich etwas für Toby Keith aus Oklahoma übrig habe, haha. Das ist ein Singer/Songwriter, der in den späten Neunzigern mit dem Country-Hit „How do you like me now?!“ bekannt wurde. Ich gebe zu, dass ich ein wenig feuchte Augen bekommen habe, als ich kürzlich einen von Toby Keiths neuen Songs hörte. Was soll ich sagen, bei rührseligen Stücken, die auf die Tränendrüse drücken, bin ich schon immer schwach geworden.

Für mich sind die Intensität und das, was live zwischen dir und deinem Bandkollegen Munly entsteht, das Besondere an SCAC. Wer kam auf die Idee mit gleich zwei Frontmännern?

Das ist einfach so passiert. Ich glaube, das haben wir als Band nie so richtig diskutiert oder geplant. Ich liebe den Gedanken, dass sich SLIM CESSNA’S AUTO CLUB ständig weiterentwickeln und nie stehenbleiben. Wer weiß, vielleicht haben SCAC eines Tages drei Sänger ...

Wo wir gerade bei Country-Duos sind: Wenn du auf die Geschichte der Country-Musik zurückblickst, wer sind sind deine Lieblingsduos?

Wenn ich mich diesbezüglich wirklich festlegen soll, dann gehe ich strikt nach den Bühnenoutfits der Country-Duettpartner. Ich stehe einfach total auf den Look der großen Country-Paare. Der Preis für das beste Outfit geht eindeutig an Dolly Parton und Porter Wagner. Dann ist da aber natürlich auch noch Conway Twitty. Der Anzug, den der beim Duett mit Loretta Lynn getragen hat, war der absolute Wahnsinn. Dazu hatte er noch diese glitzernde Afrofrisur – einfach unschlagbar.

Eure Live-Konzerte von sind an mitreißender Dynamik kaum zu übertreffen. Was ist das Merkwürdigste, das euch jemals auf der Bühne passiert ist?

Uns sind schon jede Menge schlimmer Dinge auf der Bühne passiert, da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Munly und ich haben uns bereits mehrmals auf der Bühne ernsthaft verletzt. Auch Instrumente gehen regelmäßig zu Bruch. Wir versuchen heutzutage wirklich, ein wenig vorsichtiger zu sein, aber bei uns weiß man echt nie, was als Nächstes passiert. Machmal gehen uns wohl einfach die Pferde durch und Munly und ich driften gemeinsam in eine andere Dimension ab.