40 Jahre später: SECRET AFFAIR - Glory Boys (LP, I-Spy, 1979)

Foto

Sänger Ian Page und Gitarrist Dave Cairns waren einst bei der kurzlebigen New Wave-Band NEW HEARTS aktiv. Dass mit Punk auch Geld zu machen ist, bemerkte bald nicht nur die Musikindustrie. Page und Cairns schrieben 1978 diverse Songs, die zum Großteil für die ersten beiden SECRET AFFAIR-Alben verwendet wurden. Anfang 1979 spielte man die ersten Demos ein. Mit von der Partie waren Bassist Dennis Smith von der Powerpop-Band ADVERTISING, der YOUNG BUCKS-Schlagzeuger Seb Shelton und Dave Winthrop am Saxophon. Pünktlich zum Mod-Revival veröffentlichten SECRET AFFAIR ihr Debütalbum „Glory Boys“. Die Single „Time For Action“ verkaufte sich im Herbst 1979 über 200.000 Mal, aber auch die zehn weiteren Stücke sind alles andere als B-Ware, sind abwechslungsreich und gehen ins Ohr und in die Beine. Man tut der Band also Unrecht, wenn man sie als One-Hit-Wonder abtut. „Glory Boys“ ist im Vergleich zu seinem Nachfolger „Behind Closed Doors“ im darauffolgenden Jahr noch eher rudimentär und einfach gehalten. Für mich entspricht das zweite Album mehr dem Zeitgeist.

Punk, New Wave, Powerpop oder Neo-Mod waren im Vergleich zu anderen Musikströmungen zwar einflussreiche, aber kommerziell recht kurzlebige Erscheinungen. SECRET AFFAIR pokerten hoch, doch der Erfolg blieb aus. Das dritte Album „Business As Usual“ Ende 1981 enthält zwar großartig produziertes Material, ging mangels Marketing aber unter, das Ende der Band im April 1982 war vorprogrammiert. THE JAM mögen die Speerspitze dieses Genres gewesen sein, aber ich würde SECRET AFFAIR als ebenbürtig bezeichnen, unabhängig von Chart-Erfolgen.

Page und Cairns reformierten die Band 2002, und 2012 gab es mit „Soho Dreams“ ein beachtliches Spätwerk, das naturgemäß nicht mehr die jugendliche Frische aufweist, doch das Talent guter Songwriter ist noch erkennbar. Auch wenn die Musik vergleichsweise altbacken klingen mag, transportiert sie dennoch den ganz eigenen SECRET AFFAIR-Spirit, den man seit „Glory Boys“ mit Neo-Mod assoziiert. Deshalb hat diese Platte viel mehr zu bieten als nur ihre bekannten Hits „Time for action“ und „My world“. Ob Modpunk, Soulmod oder Powerpop, immer mit leichtem THE WHO-Touch, musikalischer Unbekümmertheit und jugendlicher Punk-Attitüde.

Zum Vierzigjährigen kommt die Band vielleicht sogar mal wieder nach Deutschland, was mir der sonst wortkarge Sänger Ian Page übers Internet verriet. Da SECRET AFFAIR sehr von mehrstimmigen Vocals lebt, wird man sehen und hören, ob die Band auch live noch die hohen Erwartungen erfüllen kann.