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AUCH IM OSTEN TRÄGT MAN WESTEN

Gilbert Furian, Nikolaus Becker

Im Jahr 2000 erschien dieses Buch erstmals, erlebte dann mehrere Neuauflagen und war offensichtlich nun längere Zeit vergriffen. Punk in der DDR wurde nach der Wende und auch in den letzten 15 Jahren immer wieder thematisiert, das Interesse scheint aber etwas nachgelassen zu haben, die Erinnerungsmaschine lässt sich mit den Memoiren westlicher (Punk-)Rockmusiker besser bedienen, es gibt nicht nur bessere, sondern überhaupt Bilder und Videoaufnahmen.

Bücher über Punk(s) in der DDR finde ich persönlich aber wichtig, weil fast dreißig Jahre nach dem Ende der DDR in Vergessenheit zu geraten droht, was für ein unterdrückerisches Scheißregime dort herrschte, das eben unsereins massiv das Leben schwer machte.

Ja, Punks hatten auch in der BRD Stress mit Polizei, Eltern, Obrigkeit, aber der qualitative Unterschied war doch gewaltig. Wie gewaltig, das kann man an diesem Buch erkennen, das auf eine Art Kunstprojekt von Gilbert Furian aus den frühen Achtzigern zurückgeht: Der Ost-Berliner interviewte ein paar der dortigen Punks über ihr Leben, veröffentlichte die Abschriften in Mini-Auflage – und bekam dafür die voll Härte der Stasi zu spüren, inklusive Knast.

Das Buch dokumentiert Texte aus dieser Veröffentlichung, aber auch was aus den Porträtierten – darunter der Schauspieler Bernd Michael Lade – Ende der Neunziger geworden war, wie sie die damaligen Erfahrungen einschätzen.

Eine beeindruckende Dokumentation, immer noch, der aber eine ergänzende redaktionelle Bearbeitung und Kommentierung gutgetan hätte sowie eine Einschätzung aus heutiger Sicht. So wirkt das Buch, speziell auf eine jüngere Leserschaft, vielleicht etwas fragmentarisch.