HOMELESS GOSPEL CHOIR

Foto© by Martyna Wisniewska

Punkrock wird einen Weg finden

Derek Zanetti veröffentlicht mit seiner Band ein Album, das vom Ende der Welt handelt, und hat damit, völlig unbeabsichtigt, den Soundtrack zum Leben mit dem Virus geschaffen. Ein emotionales, verzweifeltes, aber letztendlich doch von Grund auf optimistisches Statement für die Menschlichkeit und den Zusammenhalt, bei dem sich die gestellten Fragen erübrigen.

Die Heimatlosen im Lockdown

„Es geht mir überraschend gut. Ich habe tägliche Routine entwickelt, an die ich versuche mich zu halten. Musik machen, ein Buch schreiben und an einigen langfristigeren Kunstprojekten arbeiten. Ich koche viel für meine Partnerin und mich. Wir achten darauf, beschäftigt zu sein. Wir wären alle lieber auf Tour, was zu diesem Zeitpunkt eigentlich der Fall wäre. Aber zur Zeit weiß niemand, wann wir wieder dahin zurückkehren können, Shows zu spielen. So lange machen wir das Beste aus unserer Zeit. Ich veranstalte einen wöchentlichen Livestream, was bisher ein toller Weg gewesen ist, mit der Welt in Verbindung zu treten.“

Das neue Album in Zeiten des Virus
„‚This Land Is Your Landfill‘ ist ein Album über das Ende der Welt. Es fühlt es sich so an, als würden so ziemlich alle Songs darauf zur derzeitigen Situation passen. Wir werden fortwährend mit Chaos, Unsicherheit und existenziellen Ängsten bombardiert, die wie Wellen auf uns einschlagen. Ich habe dieses Bild im Kopf, wie ich mich auf einem Surfbrett inmitten eines Ozeans aus Plastik und Müll befinde und es gibt nichts, was ich tun kann, um diesen Umständen zu entfliehen – ich kann nur ändern, wie ich diese Umstände betrachte. Ich hoffe, dass das Album diesen Gedanken vermitteln kann und dass es den Menschen, die es hören, Mut und Hoffnung gibt.“

Das Internet
„Das Problem mit dem Internet ist, dass es dieses Monster der Vergleichskultur in unser Leben gebracht hat. Den ganzen Tag schauen wir uns Clips von den besten fünf Minuten an, die jemand hat. Eine Einblendung vom perfekten Moment jagt die nächste, während wir in einem Gefängnis aus Angst und Unsicherheiten sitzen, weil uns unsere eigene alltägliche Existenz dadurch völlig belang- und ereignislos erscheint. Zusätzlich soll uns ständig irgendwas verkauft werden. Ständig wird uns gesagt, dass wir etwas verpassen oder etwas mit uns nicht stimmt. Das fühlt sich manchmal so aggressiv und toxisch an, dass ich mich frage, ob es überhaupt noch einen Ort gibt, wo man vor all dem sicher ist. Auf der anderen Seite ist das Internet ein fantastisches Werkzeug, das wir benutzen können, um miteinander in Kontakt zu treten. Aktuell sitzen Menschen eingesperrt zu Hause und haben keine andere Möglichkeit, mit anderen zu kommunizieren. So ist das Netz also auch diese wundervolle Sache, die Brücken zwischen Menschen baut.“

Und in Zukunft?
„Leider hat die Geschichte immer wieder gezeigt, dass wir dazu tendieren, uns zu wiederholen. Allerdings bin ich überzeugt davon, dass es der Punkrock-Community gut ergehen wird. Wenn das Land bis auf die Grundmauern niederbrennt, wird der Punkrock einen Weg finden und Shows auf die Beine stellen. Ich bin absolut optimistisch, dass Künstler aus dem Underground immer wieder zusammenfinden werden, um etwas Fantastisches aus einer schrecklichen Situation heraus zu erschaffen.“