ANY GIVEN DAY

Foto© by Moritz Hartmann

Ein Befreiungsschlag

Die Gelsenkirchener Band präsentiert sich auf ihrem vierten Album so, wie es dessen Titel vorgibt: „Limitless“. ANY GIVEN DAY reizen sowohl die groovig-brachialen als auch eingängig-poppigen Extreme ihres modern-melodischen Metalcore überzeugend aus. Neben der mitschwingenden Lockerheit fallen auch die ausgeprägte Experimentierfreude und der Single-Fokus positiv auf.

Dieses Mal haben wir im Vorfeld mehr Singles rausbringen können als bei unseren anderen Alben“, freut sich Gitarrist und Produzent Andy. „Das liegt daran, dass wir jedem Song gerne die Aufmerksamkeit geben möchten, die er verdient. Früher hat man von zwölf Songs zwei bis drei Singles ausgewählt. Alles Weitere ist danach irgendwie verpufft, was immer schade war. Man arbeitet lange an einem Album, bringt es raus und dann geht es schon wieder mit der Arbeit am nächsten weiter. Dieses Mal gibt es mehr Singles, denn wir möchten mit unserer Musik gerne alle Generationen ansprechen. Kann sich der eine oder andere damit identifizieren, freuen wir uns.“ Aufgrund des belastbaren Crossover-Auftretens ist das im Fall von ANY GIVEN DAY nicht schwer: „Auffallend ist natürlich, dass heutzutage immer mehr verschiedene Genres miteinander vermischt werden“, bestätigt der Musiker. „Alles ist möglich geworden, weshalb man als Band einen erfrischend eigenständigen Sound kreieren kann. Das äußert sich etwa darin, dass es immer wieder neue talentierte Bands und Künstler gibt, die einfach krass sind. Auch Lyrics bekommen durch ehrliche Gefühle mehr Tiefe und Bedeutung. Das ist genau das, worauf wir in unseren Songs achten. Wir wollen uns nicht verstellen, sondern einfach die Jungs sein, die wir auch im echten Leben sind. Und es muss Spaß machen. Letztendlich entscheiden wir nach Bauchgefühl, welche Singles wir rausbringen und welche Songs auf dem Album erscheinen.“

Die Gruppe aus Gelsenkirchen entwickelt ihr Spiel evolutionär und weiß, wonach sie sucht: „Meistens geht es bei uns darum, was wir gerade fühlen oder fühlen wollen“, so Andy. „Bei unserem neuen Album haben wir allerdings gerade einfach das gemacht, worauf wir Bock hatten. Wir haben einen sehr positiven Vibe gespürt, der uns wirklich vorangebracht hat. Es gibt aber auch ernstere Themen, bei denen wir gar nicht erst versucht haben, etwas zu beschönigen. So haben wir das schon immer gehandhabt, nur hat es sich dieses Mal besonders intensiv angefühlt.“ Die beständigen Hart/zart-Wechsel sind dem Gitarristen zufolge weniger Kalkül als vielmehr musikalische Identität: „Das ist bei uns ein Stilmittel, da Dennis nun einmal eine sehr vielseitige Stimme hat. Er kann jede Art von Gefühl sehr gut rüberbringen. Unsere Musik lebt von der sich entwickelnden Dynamik und das macht uns am Ende aus.“ Für ANY GIVEN DAY stehen auf „Limitless“ die Eingängigkeit und der Wiedererkennungswert der Stücke im Mittelpunkt: „Wir sind keine komplexe und brutale Band mehr, wie wir es früher waren“, ordnet Andy ein. „Die Musik soll zu unseren Themen passen, aber wirklich bewusst steuern und entscheiden wir das nicht. Zunächst wird drauflos geschrieben, wie wir es fühlen. Anschließend versuchen wir, unser Songwriting stärker auf den Punkt zu bringen. Unsere Musik ist nicht absichtlich darauf zugeschnitten, aber es mag zutreffen, dass sie mittlerweile eingängiger geworden ist. Wenn man in seinen Songs auf den Punkt kommen möchte, muss man es nicht unnötig kompliziert machen. Komplexität empfinden wir als unnötig, aber wir nehmen uns für alle Songs trotzdem viel Zeit. Dann bringen wir atmosphärische instrumentale Parts oder Gitarrensoli mit ein, bei denen wir zunächst überlegen, ob wir sie wirklich brauchen. An den entsprechenden Stellen hat sich das richtig angefühlt, auch wenn wir es damit nicht übertreiben wollen.“ Im Ergebnis stehen Stücke, die sich schnell erschließen, die aber auch Substanz aufweisen, die man sich erarbeiten kann: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden“, gibt der Gitarrist zu bedenken. „Dafür muss man auch erst einmal das Interesse der Leute wecken, sich mit dem Song oder einer Band näher zu beschäftigen. Wenn man sich musikalisch nicht abhebt oder nichts in den Hörern auslöst, dann werden diese das Interesse verlieren oder gar nicht erst entwickeln. Heutzutage wird man jeden Tag mit neuen Songs und Bands bombardiert. Da muss man als Zuhörer schon gecatcht werden.“

ANY GIVEN DAY haben mit „Limitless“ einen Longplayer erschaffen, dessen Tracks genau das gelingt: „Das Album ist für uns ein Befreiungsschlag“, so Andy. „Wir haben uns musikalisch und menschlich von einigen Blockaden gelöst und das hört man. Zudem haben wir uns keine Grenzen gesetzt und einfach das gemacht, worauf wir Bock hatten. Mit den Songs wollen wir auch die Hörer dazu motivieren, sich von ihren Blockaden zu befreien. Wir wünschen uns sehr und hoffen, dass die Leute diese Freiheit mit uns auf einer Show teilen.“ Stücke wie „Come whatever may“ bringen die Hörer zum Schmunzeln und präsentieren eine Seite des NRW-Quintetts, die man zuvor noch nicht kannte: „Das ist ein Track, bei dem wir ebenfalls permanent ein Schmunzeln im Gesicht hatten“, erwidert der Musiker. „Es hat einfach so krass viel Bock gemacht, einmal etwas komplett anderes zu schreiben, ohne uns dabei zu verstellen. Der Song ist ein gutes Beispiel dafür, was wir eigentlich schon die ganzen Jahre vorhatten, uns aber nie so richtig getraut haben. Jetzt war es an der Zeit dafür und wir sind sehr stolz darauf. Wir freuen uns schon, den Song live zu spielen, und haben uns wie immer sehr viel Mühe gegeben, um unsere eigenen Ansprüche zu erfüllen. Das war gar nicht so einfach, aber wir sind wirklich sehr happy damit, einige harte Entscheidungen getroffen zu haben. An jedem einzelnen Song haben wir lange geschraubt, sowohl am Songwriting als auch am Sound. Auch dieses Mal haben wir viel Neues ausprobiert, von dem wir vorher gar nicht wussten, ob es überhaupt passt. Das hat uns viele Nerven und einige Nachtschichten gekostet, aber das war es uns wert.“