ASH RETURN

Foto

Schwerter und Fäuste

Für den Begriff Metalcore gibt es genau so viele Definitionen wie Nudelsaucen im Supermarkt. ASH RETURN stehen allerdings als Paradebeispiel dafür, wie man diesen Begriff etymologisch ableitet. Der Metal kommt zu einem großen Teil durch den Gesang von Johnny, dem neuen Frontmann. Den Core-Part übernehmen die verbliebenen vier Bandmitglieder, welche diese Gangart bereits in der Vorgängerband MIOZÄN praktizierten. Bassist Frank nahm sich die Zeit, uns seine neue Band und ihr grandioses aktuelles Album „The Sharp Blade Of Integrity“ vorzustellen.

Je nach Quelle taucht mal Hannover oder auch Wolfenbüttel als Homebase von ASH RETURN auf. Weiterhin findet man, dass ihr seit knapp einem Jahr aktiv zusammen spielt und gerade euer Debütalbum „The Sharp Blade Of Integrity“ veröffentlicht habt. Das war’s an Informationen. Klär uns ein wenig mehr über euch auf.

Vier von uns kommen aus der Gegend um Walsrode, also direkt im Dreieck Hannover, Bremen, Hamburg. Ich habe mal knapp 15 Jahre in Hannover gelebt, vielleicht daher Hannover. Bei ASH RETURN handelt es sich um vier Fünftel der letzten MIOZÄN-Besetzung: Kniffel, Gerrit, Outso und ich. Das ging ja leider schlagartig mit einem Knall zu Ende, für uns genauso überraschend wie für alle anderen. Allerdings stand aufhören für uns vier niemals zur Debatte. Bei MIOZÄN waren zum Schluss ja nur noch zwei Originalmitglieder am Start und es war immer ungeschriebenes Gesetz, dass die Band nicht weiter existiert, wenn nur noch einer übrig bleibt. Von daher: Alles auf Null, neuer Sänger, neuer Name und ab die Post! Klar, sehr traurig auf der einen Seite, wenn man sein Baby zu Grabe trägt – die Zeit möchte ich definitiv nicht missen –, auf der anderen Seite hat es aber auch etwas sehr Frisches und Befreiendes, mit neuer Band voll durchzustarten. Und mit Johnny haben wir nun glücklicherweise den richtigen Sänger gefunden, der unsere Vision der neuen Band teilt.

Ihr beschreibt euren Stil selbst als „Swordcore“. Was ist damit gemeint?
Auf der letzten MIOZÄN-Platte „Surrender Denied“ hat sich zum Teil schon dezent abgezeichnet, wo die Reise hingeht. Wir sind alle mit traditionellem Metal aufgewachsen, da liegt es nahe, diese Einflüsse auch mal mit einfließen zu lassen. Bei der alten Kapelle passierte das noch mit angezogener Handbremse. Also eigentlich wollten das schon alle, aber dann kamen immer so Sachen wie „Können wir das bringen?“ oder „Nimmt uns keiner ab!“ Da war das sehr enge Korsett einer Oldschool-Hardcore-Band, von dem wir dachten, dass wir dem gerecht werden müssten. Ganz schön spießig eigentlich, oder? Hahaha! Wie auch immer, als wir uns nach dem MIOZÄN-Aus das erste Mal getroffen haben, war natürlich klar, dass es bei dem Neuanfang keine Regeln geben soll und wir einfach gucken, wo die Reise hingeht. Hardcore als Basis war klar, aber eben komplett ohne Scheuklappen! Jedenfalls hat Kniffel bei dem ersten Treffen von seinem Arbeitskollegen erzählt, der sich über ein Zitat lustig gemacht hat unter dem Motto: „Ja, ja, was dem Metaller sein Schwert, ist dem Hardcorler seine Faust“. Da dachte ich: Wow, das isses! Schwerter und Fäuste! Perfekt! An dem ersten Abend ist dann innerhalb von circa zwanzig Minuten der erste Song entstanden, mit dem Arbeitstitel „Operation swordfist“. Zu dem Begriff „Swordcore“ war es dann nur noch ein kleiner Schritt, hahaha! Auf der Scheibe ist „Operation swordfist“ übrigens als „Delete“ gelandet. Und wenn man bei der Beruhigung vor dem Mittelteil mal dezent die Augen schließt und ein bisschen die Fantasie walten lässt, dann sieht man, wie da die Verletzten vom Schlachtfeld getragen werden, bevor es weitergeht. Also Metalcore trifft es bei uns ja nun mal nicht ganz, weil die Metal-Wurzeln und Einflüsse eher traditionelle sind und weniger modern, daher ganz einfach Swordcore!

Du hast eben euren neuen Frontmann Johnny angesprochen. Er ist das Salz in der Suppe bei „The Sharp Blade Of Integrity“, da er wie ein richtiger Metalhead klingt. Wie seid ihr auf ihn aufmerksam geworden?
Da muss ich erst mal wieder zurück in die Vergangenheit reisen. Der letzte Arbeitstitel bei MIOZÄN hatte den Namen „Glorytaste“. Beim Schreiben haben wir uns da gefragt, wie die True-Metal-Band GLORYFUL wohl diesen Hardcore-Song schreiben würde, da wir wegen der Ähnlichkeit immer an sie denken mussten. Das, was jetzt kommt, liest sich mächtig ausgedacht, aber ich schwöre auf mein Übergewicht, dass das exakt so passiert ist. Jedenfalls haben wir ja via Facebook etc. nach einem neuen Sänger gesucht mit diesem Text hier: „Musikalisch wird es bei uns ein Bastard irgendwo zwischen IGNITE, MADBALL und IRON MAIDEN werden. Das bedeutet aber nicht, dass du zwingend wie Bruce oder Zoli klingen musst. Wir kommen alle aus einer HC-Band, wollen aber unsere klassischen Metal-Roots bei der neuen Band einfließen lassen. First Rule: No Rules!“ Ende vom Lied, eine der ersten Rückmeldungen war dann: „Hier ist Johnny aus Viersen, ich würde es gern mal probieren“ – „Hast du denn schon Banderfahrung?“ – „Ja, kannst du auf Spotify checken ... GLORYFUL“ ... Aus „Glorytaste“ ist dann „Time is the enemy“ geworden. Noch geiler geht so eine Geschichte gar nicht, oder? Und daran ist absolut kein Stück Märchen!

Frank, 14 Platten in 29 Jahren. Es handelt sich ja offensichtlich nicht um einen Job. Was treibt dich beziehungsweise euch immer noch an?
Tja, für mich ist das Ganze etwas, das ich mir nicht so ohne Weiteres aussuchen kann. Das heißt im Klartext, ich könnte zwar die Musik an den Nagel hängen, vielleicht würde es mir damit erst mal oberflächlich sogar nicht schlecht gehen, allerdings würde sich das Blatt relativ schnell wenden. Das Schreiben von Songs fungiert auch als Ventil und ist für mich eine Form von Psychotherapie. Das bedeutet, wenn ich nicht in regelmäßigen Abständen etwas raushaue, bekomme ich schlechte Laune! Es gab auch Zeiten, da hat mir eine Band nicht gereicht. Zu Spitzenzeiten waren es mal drei gleichzeitig, MIOZÄN, I DEFY und SOULS ON FIRE. Auch nicht ganz gesund! Jedenfalls werden in der Regel da schon – meist unterbewusst, mal ganz direkt – Konflikte aus der Vergangenheit bearbeitet. Aggressionen, die sich auftürmen und durch das Schreiben neutralisiert werden. Das ist die eine Seite! Dann gibt es da natürlich noch den Energieschub, der durch das „Komponieren“ ausgelöst wird. Das ist schon eine geile Droge! Macht auf jeden Fall süchtig, würde ich sagen. In meinem Fall sieht das dann so aus, dass ich mit einer bestimmten Stimmung – Trauer, Wut, Hass, funktioniert natürlich am besten, gute Laune wird meistens zu Westcoast-Punk – die Klampfe in die Hand nehme, und wenn nach maximal zwanzig Minuten kein Song rausgekommen ist, hänge ich das Ding wieder an die Wand. So kann es passieren, dass sechs Monate lang kein Song dabei rauskommt oder aber auch mal eine halbe Platte innerhalb von einer Woche entsteht. Jedenfalls gibt es nichts Geileres, wenn du nach zwanzig Minuten einen Song fertig hast, der dich komplett flasht, und du das Ganze dann auch noch ein Jahr später auf Vinyl in den Händen hältst. Das Feeling ist mit Geld nicht bezahlen! Und das ist die Antriebsfeder, würde ich sagen. Klar habe ich auch schon mal drüber nachgedacht, Musik vielleicht zum Job zu machen. Aber ich denke, der Druck „zu müssen“ tut Hardcore, Punk, Metal selten gut. Das heißt, wenn ich eine Platte machen muss, weil ich Geld verdienen muss oder die Plattenfirma Druck macht, wie auch immer, ist das Ergebnis oft so, dass man den „Mangel an Herz“ raushören kann. Es ist natürlich auch cool, wenn man von dem, was man leidenschaftlich macht, leben kann, aber ohne Kompromisse ist das eben nicht möglich. Kann mir keine Band erzählen. Ich für meinen Teil würde auf diese Kompromisslosigkeit nicht verzichten wollen.

Ihr veröffentlicht das Album via Swell Creek Records, dem Label von Bauke De Groot, den viele als Bassist von HATE SQUAD kennen. Wie kam es zur Zusammenarbeit? Warum gerade bei ihm?
Bauke hätte auch die nächste MIOZÄN-Platte rausgebracht, wenn es dazu gekommen wäre. Es ist ja kein Geheimnis, dass das musikalische ASH RETURN-Grundgerüst zum größten Teil für den „Surrender Denied“-Nachfolger von MIOZÄN gedacht war, allerdings wurden die Songs da nie zu Ende gebracht. Wir waren uns sehr schnell einig, dass das mit der neuen Band auch der Fall sein würde. Zwischen Bauke und mir gibt es auch jenseits von Musik etwas, das uns stark verbindet, von daher stand das nie wirklich zur Diskussion.