BEATSTEAKS

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Man muss es nur spielen

Die BEATSTEAKS aus Berlin haben schon immer gerne fremde Lieder gespielt. Auf ihrer neuen EP „In The Presence Of“ haben sie jetzt sechs Songs gecovert, allesamt im Original von Frauen gesungen, in deutscher und englischer Sprache und aus unterschiedlichen Genres und Jahrzehnten. Wir sprachen mit Drummer Thomas Götz über die Idee, die Auswahl der Songs und seine eigenen Erfahrungen mit Coversongs.

Wie hat euer Produzent Moses Schneider reagiert, als ihr ihn mit der Idee für die Cover-EP „In The Presence Of“ konfrontiert habt? Vor 18 Jahren, bei der „Wohnzimmer-EP“, war er davon noch wenig begeistert.

Er war erst mal ganz doll überrascht, dass wir überhaupt ankamen, weil er wohl nicht dachte, dass wir gerade jetzt in dieser Zeit etwas machen wollen. Dann war er von den Stücken aber sehr schnell angetan, besonders von „Glory box“ von PORTISHEAD und auch über Hildegard Knef hat er sich echt gefreut. Da dachte er wohl, ähnlich wie wir, dass das total gut zu unserem älteren Cover von „Linie 1“ passt. Das war irgendwie eine gute Fortsetzung, auch weil Peter das wieder singt. Und von der Originalaufnahme von „Glory box“ ist er eben selbst ein Riesenfan. Da geht es jetzt nicht nur darum, dass das Lied aus Fan-Sicht toll ist und schön klingt, sondern tontechnisch ist das einfach verdammt geil umgesetzt. Wenn man als Fachidiot, haha, dieses Lied hört, dann fragt man sich, wie die das gemacht haben. Gerade hinten am Ende, wenn die Drums kommen, boah, das klingt so geil. Da war er dann sehr ehrgeizig, es so gut hinzukriegen, dass es eben nicht peinlich wird. Wir konnten also ganz schnell seine Begeisterung für unsere Idee wecken.

Sind euch die Freiheiten bewusst, die euch erspielt habt, wenn ihr eine so vielfältige EP machen könnt, ohne dass jemand wirklich meckert?
Ich denke über so was gar nicht nach, haha, und glaube, dass die Songs auch doch irgendwie alle etwas gemeinsam haben. Es waren alles Stücke, bei denen Arnim richtig Lust darauf hatte, so was mal zu singen, und sich daran versuchen wollte. Also Hildegard Knef jetzt mal ausgenommen, da war natürlich ganz schnell klar, dass Peter das machen muss. Aber bei „After hours“ von THE VELVET UNDERGROUND war zum Beispiel die Idee von Anfang an, es nicht so charmant naiv zu singen, wie Maureen Tucker es damals getan hat. Und „You don’t own me“ geht ja von ganz unten nach ganz oben, das ist eine echte Herausforderung, das zu singen, das Gleiche gilt für den Song von PORTISHEAD. Es ging Arnim also ganz ähnlich wie Moses, er hatte Lust, sich daran zu versuchen und zu beweisen, dass er das bringen kann, ohne dass es peinlich klingt. Das hält die Songs fest zusammen, ganz unabhängig davon, ob es jetzt Pop oder Reggae oder was weiß ich was ist.

Als Laie denkt man natürlich, ein Coveralbum wäre sicher viel einfacher zu machen als ein eigenes Album. Was sind die Hürden, die es unter Umständen auch in manchen Momenten schwieriger machen?
Als Bands covert man ja meistens Lieder, die man selbst sehr liebt, und deshalb hat man natürlich auch Angst vor der Fallhöhe. Man will das ja nicht blöd machen. Also ein Lied von L7 will ich ganz sicher nicht verhohnepiepeln. Als ich ein Kiddie war und die Band damals im Vorprogramm von FAITH NO MORE gesehen habe, da war ich total geflasht und mega beeindruckt. Und so ist es mit allen Liedern, man will denen ja auch kein Unrecht tun. Trotzdem ist es natürlich auch einfacher, weil man sich innerhalb der Band nicht so stark miteinander auseinandersetzen muss und die Songs schon da sind. Bei einem Album gibt ja schon jeder seinen Senf dazu und es entstehen immer Konflikte. Viel von dem, was in einer Band also an ganz normalen Fights stattfindet, fällt so einfach weg. Man muss es nur spielen.

Geht es bei „In The Presence Of“ um reine Huldigung oder auch darum, gezielt auf diese Bands aufmerksam zu machen?
Es geht eher um die Verbeugung. Wenn etwas Aufmerksamkeit für IDEAL abfällt – wobei die das gar nicht nötig haben, weil die viel bekannter sind, als wir es je sein werden –, dann ist das schön. Vielleicht bekommt die Version von Lesley Gore jetzt etwas mehr Aufmerksamkeit. Aber man muss jetzt nicht auf PORTISHEAD hinweisen, weil hoffentlich jeder weiß, dass die total geil sind.

Muss man Fan von der kompletten Diskografie der Band sein oder kann sich das auch nur auf einen Song beziehen?
Ich kenne bei Lesley Gore zum Beispiel den Rest der Diskografie gar nicht. Da geht es bei mir um den Moment. IDEAL hingegen liebe ich total, jeder Schlagzeuger wird darauf stehen, wie der Typ Schlagzeug spielt. Ich mag alles von THE VELVET UNDERGROUND und andere in der Band dann eben nicht. Das ist echt total unterschiedlich.

Man hört bei jedem Song auf der EP sofort eure eigene Handschrift. Aber bei „Shitlist“ von L7 ist es so extrem, dass man denken könnte, der Song wäre von euch.
Was ich an L7 so sehr mag, ist die Tatsache, dass es nur ein Riff ist, und so was würde ich gerne machen können. Also Lieder so hart herunterzubrechen, dass es aber dann trotzdem wirkt. Das bewundere ich schon sehr an L7.

Auf was achtet ihr, wenn euch Coverversionen von euren Songs zur Freigabe geschickt werden?
Ich achte da auf gar nichts, haha. Ich freue mich immer total, wenn jemand etwas von uns nachspielt. Es ist eine große Ehre und da kann man ja nicht sagen, dass sie es mal so oder so machen sollen. Ich wundere mich manchmal darüber, wie die unsere Songs interpretieren, will das aber auf keinen Fall bewerten und achte da nicht so drauf. Eher darauf, ob der Song aus meiner Sicht zu der Band passt oder nicht.

Man maßt sich also auch nicht an zu bewerten, ob die Band den Kern der eigenen Kreativität erkannt hat?
Nein, haha. Es geht nicht darum, dass die unser Genie erkennen. Das ist eher, ob einem die Stimme des Sängers gefällt oder nicht. Das macht es nicht besser oder schlechter, aber es bricht mit der eigenen Gewohnheit und irritiert im ersten Moment.

Gibt es einen Coversong, den du besser findest als das Original oder den du eventuell auch lange fälschlicherweise für das Original gehalten hast?
Ja, das ging mir schon ein paar Mal so, dass ich erst später das Original kennen gelernt habe. Als ich noch ganz klein war, gab es von THE WHO die Platte „Tommy“, das war so eine Art Rockoper. Es ging um einen blinden, taubstummen Jungen, der zum absoluten Flipperkönig wird. In der Filmversion gewinnt der Junge gegen Elton John beim Flippern und ich fand diese Musik so unfassbar geil. Das war meine absolute Lieblingsplatte damals. Und dann habe ich so ungefähr fünf Jahre später mitgekriegt, dass es gar nicht der Original-Meilenstein von THE WHO war, sondern eine Doppel-LP mit der Filmmusik. Da haben schon welche von THE WHO mitgespielt, aber es wurde von den Schauspielern gesungen. Das habe ich damals abgefeiert und dachte immer, das wäre das Original, haha. Aber trotzdem ist das für mich das Original, ich kenne es auswendig und ich finde es so gut, dass ich dann beim richtigen Original nicht befriedigt bin.

Ihr habt beim IDEAL-Song „Monotonie“ ein einziges Wort ausgetauscht und singt die Zeile „Campari mit HAITYI“. Das war aber ein bewusster Shoutout an die Rapperin, oder?
Na ja, der Witz lag ja schon auf dem Elfmeterpunkt, und was die macht, ist echt klasse, da muss man schon großen Respekt haben. Deshalb strahlt vielleicht von ihrem Licht etwas auf uns ab, wenn wir ihren Namen erwähnen. Die ist wirklich top.

Stichwort Humor. Alle Videos haben den typischen BEATSTEAKS-Humor, der sämtliche Altersklassen anspricht. Ihr macht fast nie ernsthafte Videos, oder?
Ja, manches ist eventuell auch erst mal gar nicht so explizit lustig gemeint und wird trotzdem am Ende albern. Die Albernheit ist einfach auch etwas, das uns als Band verbindet.

Als Cover für die EP „In The Presence Of“ habt ihr ein Gemälde namens „BEISEIN“ vom Berliner Künstler Jonas Burgert gewählt, wie kam es dazu?
Er war mal bei einem Konzert von uns und hat das genossen. Der Kontakt kam dann über Arnim und dann haben wir mal ganz unverschämt angefragt. Das Bild fanden wir sofort toll und auch der Titel passt ja gut zu dem, was wir gemacht haben. Also in Anwesenheit der Lieder von anderen Künstlern, also sind die irgendwie auch da. Jede Art von Beisein passt auch sehr gut zu unserem Schmarotzertum, denn wir sind ja auch parasitär, was diese Lieder angeht, haha.