BONY MACARONI

Foto© by Wout van Heck

Scheiss auf diesen Ort

Die Niederländer BONY MACARONI beehren uns dieser Tage mit ihrem Debütalbum. Für Sänger Stefan eine Abrechnung mit dem Kapitalismus und eine Aufarbeitung seiner Jugend, die von Krisen und extrem beschissenen Jobs geprägt war. Dass diese Themen hervorragend von Emo-Songs transportiert werden können, beweist „The Big Bucks“.

The Big Bucks“ ist von vielen persönlichen Erfahrungen inspiriert – kannst du uns erklären, was die Hauptidee hinter dem Album ist?

„The Big Bucks“ ist eigentlich eine Zusammenfassung meines Erwachsenwerdens. Das hört sich vielleicht etwas klischeehaft an, aber beim Schreiben des Albums fiel mir ein übergreifendes Thema auf: Verlust. Meine Teenagerjahre waren bis zu einem gewissen Grad von finanzieller Not geprägt, während meine frühen Zwanziger durch das Ende einer Beziehung überschattet wurden, die ziemlich toxisch war.

Du hast gesagt, dass die Finanzkrise von 2008 einen ziemlich großen Einfluss auf dich hatte. Wie hat sich dein Alltag in den folgenden Jahren verändert? Wie hat sich das deiner Meinung nach auf deinen Lebensweg ausgewirkt?
Ich glaube, die Finanzkrise von 2008 hat die ganze Welt auf eine wirklich bedeutende Weise beeinflusst. Ich habe das Gefühl, dass es die erste weithin spürbare wirtschaftliche Katastrophe seit der neoliberalen Wende des Kapitalismus in den Achtziger Jahren war. Leider ging das kleine Unternehmen, das mein Vater im Laufe seines Lebens aufgebaut hatte, sofort in Konkurs. Wir mussten das Haus verkaufen, das mein Vater gebaut hatte, und wir waren hoch verschuldet. Der Stress, den das verursachte, war täglich zu spüren. Das ist jetzt 13 Jahre her, und meine Eltern haben sich tatsächlich immer noch nicht ganz davon erholt.

„Grind me into paste“ ist ein Song über die Arbeit in einem Fleischverarbeitungsbetrieb – wahrscheinlich einer der schlimmsten Jobs, die ich mir vorstellen kann. Wie bist du dort gelandet und welche Erfahrungen hast du dort gemacht, die als Inspiration für den Song dienten?
Ich glaube, meine Eltern waren sehr besorgt, dass mir ein ähnliches Schicksal wie ihnen bevorsteht, also haben sie dafür gesorgt, dass ich einen Job bekam und behielt. Der Hühnerschlachthof war so ziemlich die einzige Fabrik in unserer Stadt, deshalb arbeiteten dort viele Jugendliche. Die Bezahlung war gut – für einen 16-Jährigen –, aber ich hasste diesen Job total. Auch wenn ich keine Hühner schlachten musste, musste ich den „Hackboden“ abspritzen und die Körperteile in Kisten verpacken. Es war kalt, nass und verdammt eklig dort.

Was denkst du, was solche Jobs mit Menschen machen, die vielleicht nicht die Möglichkeit haben, eines Tages aufzuhören und etwas anderes zu machen?
Ich finde die meisten Jobs scheiße. Komisch ist, dass wir alle gegen Diktaturen im politischen Sinne sind, aber wenn es um den Arbeitsplatz geht, sind wir mit einer autoritären Befehlskette von oben nach unten völlig einverstanden. Die meisten Menschen haben kein Mitspracherecht, wie das Leben am Arbeitsplatz gestaltet wird. Manche Jobs sind sogar völlig nutzlos. Ich glaube, der Anthropologe David Graeber nannte das „spirituelle Gewalt“, und ich denke, das ist eine treffende Beschreibung.

Hat diese Erfahrung deine Sichtweise auf dein Leben und deine eigene Ernährung verändert?
Haha, ja, ich bin jetzt Veganer! Es hat mir auch klar gemacht, dass sich immer jemand an der Spitze die Taschen mit dem Geld füllt, für das andere Leute gearbeitet haben, und dass das immer so bleiben wird, wenn wir nichts dagegen tun.

Emo-Songs und politische Texte gegen den Kapitalismus – wie passt das für dich zusammen?
Für mich passt das wunderbar! Unser derzeitiges System erzeugt wirklich Traurigkeit und Wut in mir, also habe ich keine andere Wahl!

Ist „The Big Bucks“ in deinen Augen ein Album mit einem positiven Ausblick auf die Zukunft oder vermittelt es eher eine „Scheiß auf diesen Ort“-Einstellung?
Normalerweise bin ich ein super optimistischer Mensch. Aber das Album ist hauptsächlich eine „Scheiß auf diesen Ort“-Nummer, hahaha. Alle hoffnungsvollen Töne betreffen eher die persönliche Ebene.