CHIEFLAND

Foto© by Katharina Sterl

Sich neu erfinden

Viel ist passiert bei der Band aus Göttingen – neue Mitglieder, neuer Sound, ein Album in Eigenregie. Wie es dazu kam, erklärt uns Gitarrist Achim.

Seit eurem Debüt „Wildflowers“ 2019 ist einiges passiert, es gab Mitgliederwechsel und eine globale Pandemie – stand die Band jemals auf der Kippe?

Um ehrlich zu sein, gab es Phasen, die uns schon echt demotiviert haben. Dennoch haben wir nie in Erwägung gezogen, einfach so aufzuhören. Ich glaube, was uns am Ende immer motiviert hat, war der feste Glaube daran, dass wir aus unserer Sicht Songideen auf Lager hatten, die es einfach wert waren, ausgearbeitet, produziert und veröffentlicht zu werden. Das haben wir nun geschafft und wir könnten glücklicher nicht sein, einfach auch in schwierigen Zeiten die Arschbacken zusammengekniffen und weitergemacht zu haben.

Wie hat der Besetzungswechsel das Bandgefüge sowie den Sound beeinflusst?
Definitiv sehr. Allein der Fakt, dass auf unserer neu­en Platte gesungen statt geschrien wird, ist ein gigantischer Unterschied, der von jeder/m Hörer:in anders, meist jedoch positiv aufgenommen wird. Das hat unsere Musik für viele zugänglicher gemacht, die wir vorher mit dem klassischen Melodic-Hardcore-Einschlag eher nicht erreichen konnten – angefangen bei den eigenen Schwiegereltern.

Haben die neuen Bandmitglieder auch neue Einflüsse mit in die Band gebracht, die es vorher vielleicht nicht so gab?
Auf jeden Fall, auch mal von dem ganzen Gesangsthema abgesehen. Während unsere alten Songs eher auf Storytelling abzielten mit konstanten Strängen und einem permanenten Aufbauen von Spannungen aufgrund weniger Wiederholungen, sind wir im Writing doch deutlich poppiger geworden, was das Storytelling jedoch nicht schmälern soll. Vorher basierten unsere Songs immer auf Instrumentals – jetzt, vor allem durch Chris, stehen viele Hooks schon unabhängig vom rest­lichen Song. Und generell haben wir jetzt Refrains im eigentlichen Sinne, was vorher bei CHIEFLAND eher nicht der Fall war. Das liegt einfach daran, dass sich Chris selbst auch mit Akustikgitarre hinsetzt und Ideen schreibt.

Verglichen mit eurem Debüt, wo denkst du hat sich Band am deutlichsten weiterentwickelt und ver­än­dert? Was habt ihr beibehalten?
Die Standardantwort wäre: Wir sind erwachsener geworden. Irgendwie passt das auch bei uns an vielen Stellen. Primär durch die größere Zugänglichkeit unserer Musik, aber auch durch Faktoren wie weniger verzerrte Gitarren, Mut zu ruhigeren Songs und Parts oder auch neuen Klängen, zum Beispiel bei „Feel you still“. Nichtsdestotrotz haben wir unseren natürlichen Sound beibehalten, was uns auch live nach wie vor ausmacht. Wenig Schnickschnack, eine transparente Produktion und vor allem Platz für die Musik zu wirken, ohne dabei zwanzig Chöre, Synth-Backings und zwanzig Gitarrenspuren zu stapeln.

Wenn ich das richtig gesehen habe, bringt ihr „Quiet Confidence“ nun eigenverantwortlich raus. Warum habt ihr euch gegen die Zusammenarbeit mit einem Label entschieden, was die Veröffentlichung neuer Musik angeht?
Das hatte viele Gründe. Am Ende war es der Zeitfaktor, der den Stein ins Rollen brachte. Wir waren nach Chris’ Einstieg direkt im Studio, um zwei Songs zu tracken, haben zwei Monate später ein Video gedreht und wollten direkt raus damit. Das ist terminlich nicht immer leicht umzusetzen, wenn mehrere Partner an Bord sind. Wir wollten jedoch neue Tracks herausbringen, um zum Beispiel auch das Booking angehen zu können. Das wäre mit dem alten Material schlichtweg eine „Mogelpackung“ gewesen. An dem Punkt haben wir entschieden, das Ganze selbst anzupacken und auch das Album unter dem DIY-Aspekt zu veröffentlichen. Für uns war und ist es ein mega guter Test, bei dem wir als Band herausfinden, welche Aufgaben wir selber guten Gewissens übernehmen können. Für eine mögliche Zusammenarbeit mit zukünftigen Partner:innen gar nicht mal so ein unwichtiger Aspekt.

Lass uns kurz über den Titel sprechen: „Quiet Confidence“ – wie fasst der zusammen, worum es auf dem Album geht?
Für mich passt dieser Name perfekt zu den Songs: Klar, sie sind allesamt etwas ruhiger geworden, doch fühle ich mich sehr wohl mit unserem neuen Sound. Ich denke, da kann ich auch für Chris, Justus und Lucas sprechen. Was sich schon früh in dieser Besetzung herauskristallisiert hat, war ein neues Selbstbewusstsein nach dem Motto: Hey, auch nach Mitgliederwechseln und einer Pandemie geht es immer irgendwie weiter. Das ist besonders schön zu sehen.

Habt ihr euch bestimmte Ziele mit dem Album gesteckt, die ihr erreichen wollt?
Wie schon angedeutet, ist der Release für uns in gewisser Weise ein Testballon, der aufzeigen soll, wo abseits der Musik, etwa im Organisatorischen, im Marketing und der Promo, unsere Stärken und Schwächen liegen. Darüber hinaus wollen wir mit dem neuen Album natürlich 2023 so viel wie möglich live spielen.