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Keine fünf Akte

Vielleicht haben wir uns in dem Interview ein wenig in der Theorie verrannt, dennoch war Sänger Brandon so frei, uns ein wenig was über die Aufteilung der Alben seiner Band in Kapitel zu erzählen.

Ihr habt eure Alben in „Chapter I“ und „II“ unterteilt. Welcher Gedanke steckt dahinter? In meinen Augen entsteht dadurch eine engere Verbindung zwischen den beiden Veröffentlichungen.

Unsere Historie als Band ist in unseren Augen zu einer Geschichte geworden, und wir erzählen die Kapitel nach und nach. Wir sind die Autoren. Während „Chapter I“ 2017 einen Blick auf einen Abschnitt unseres Lebens wirft, geht es jetzt in „Chapter II“ darum, unser altes Selbst und unsere alten Gewohnheiten loszulassen. Wir beginnen anzunehmen, wer wir geworden sind.

Es bedeutet auch, dass das neue Album eine Art Fortsetzung des ersten ist. Welche Themen und Ideen habt ihr übernommen, welche hinter euch gelassen?
Wir haben viel aus unseren Erfahrungen beim Schreiben des Debüts gelernt. Es war das erste Mal, dass wir ein ganzes Album aufgenommen haben. Danach, als wir anfingen, für „Chapter II“ zu schreiben, beschlossen wir, dass wir mehr mit unserem Sound als Ganzes experimentieren wollten. Schlagzeug, Gitarre, Gesang und Bass sind eine reifere Reflexion darüber, was „Chapter I“ ist. Ich würde nicht sagen, dass wir irgendetwas hinter uns gelassen haben, aber wir haben unser Verständnis dessen, was wir klanglich anstreben, irgendwie erneuert.

„Chapter I“ trug „Introspect“ als Titel, „Chapter II“ heißt „Bloom“. Man könnte also interpretieren, dass das, was zuvor in euch verborgen war, nun nach außen dringt und für alle sichtbar wird.
Ja, auf jeden Fall! Seit „Chapter I“ sind wir gewachsen und haben viel gelernt. Als wir anfingen, an „Chapter II“ zu arbeiten, erkannten wir, wie unsere Musik, aber auch wir selbst gewachsen sind, und wir fingen an, unsere eigenen Grenzen weiter zu verschieben.

Ich weiß, dass ich immer wieder von der „Kapitel“-Sache spreche, aber es ist ein spannender Ansatz. Ich bin mir nicht sicher, ob du mit der „5-Akt-Struktur“ von Gustav Freytag vertraut bist. Er hat herausgefunden, dass Shakespeare und altgriechische Dramen in sehr ähnlichen Mustern funktionieren. Um es kurz zu machen: Der erste Akt ist die Exposition, der zweite Akt eine Steigerung der Handlung. Das passt ja auch auf eure Alben.
Wir hatten das nicht speziell im Sinn, aber es ist ein sehr guter Vergleich. Wir betrachten „Chapter II“ definitiv als eine Steigerung der Handlung. Allerdings erwarten wir das auch von unseren kommenden Alben. Wir haben keine wirklichen Erwartungen, inwiefern sich diese Alben unterscheiden werden, aber wir denken, dass sie sich mit uns auf unserer Reise entwickeln werden.

Klassischerweise folgen im dritten Akte der Höhepunkt, im vierten Akt dessen Nachwirkungen und im fünften und letzten Akt die Auflösung. Kannst du da eine Verbindung zu kommenden Alben sehen?
Bei dieser Art des Schreibens gibt es ein Ende der Erzählung. Während wir unsere Musik schreiben, sehen wir in keinem der kommenden Kapitel ein Ende. Wenn wir hundert Kapitel schreiben könnten, wären das großartig, aber man kann wirklich nicht sagen, wohin die nächsten Stationen für uns führen werden. Wir sind einfach nur dabei und genießen jede Sekunde davon.