DAGOBA

Foto© by Morgane Khouni

Science-Fiction

Auf ihrer neuen Platte „By Night“ erkunden die französischen Modern-Metaller neue Sound-Sphären. Wie es dazu kam, welche legendären Filme dabei eine Rolle spielten und warum ein Abend mit METALLICA unvergesslich wurde, erklärt uns Fronter Pierre „Shawter“ Maille.

Ihr scheint euren Sound für die neue Platte komplett überdacht zu haben. Ist „By Night“ eine Art „Neuerfindung“ eurer selbst?

Nun ja, wir haben schon immer versucht zu vermeiden, dass wir uns bei einem neuen Albums selbst wiederholen. Insofern ist das schon richtig. Wir wollten etwas Frisches, Neues liefern. Ein neues Gesicht zeigen. Das ist immer das Ziel, bei jedem Album. Der erste Song, den ich geschrieben habe, war „The last crossing“. Ich hatte mir einfach die Gitarre genommen und begonnen, Riffs zu schreiben. Als die Struktur des Songs ziemlich klar war, begann ich über die Arrangements nachzudenken. Zu dieser Zeit beschäftigte ich mich viel mit Synthesizern. Und ich habe dann versucht, diesen Spätachtziger- und Neunziger-Sound einzufangen. Es war cool zu beobachten, wie sich die gesamte Stimmung des Songs dadurch verändert hat. Und dann habe ich beschlossen, dass das die Grundausrichtung der ganzen Platte sein sollte. Das ist dann wohl die „Neuerfindung“, die du meinst, haha.

Auch das visuelle Konzept rund um das Album und die bereits veröffentlichten Singles unterscheidet sich doch ziemlich von dem, was ihr bisher gemacht habt. Wie kam es dazu?
Die Idee ist natürlich, kohärent zu sein. Die Musik, das Artwork und die Videos müssen zusammenpassen. Wir haben viel Zeit damit verbracht, die Bilder und Designs auszuwählen und die Videos zu produzieren. Ich habe da auch durchaus Inspiration bei Filmen wie „Blade Runner“ oder „Akira“ gefunden, als ich das Konzept entwickelt habe. Die Jungs finden es jedenfalls alle super und stehen voll dahinter.

Das Video zu „The hunt“ ist die größte Produktion, die ihr je gefahren habt. Wie ist das Projekt entstanden, wie lange hat es gedauert und welche Vision hattet ihr dabei?
Tatsächlich war das ein Mammutprojekt. Wir hatten eine Kickstarter-Kampagne gelauncht, um das Ganze überhaupt zu ermöglichen. Dank der Unterstützung unserer Fans konnten wir dann in Manchester mit einer fantastischen Videocrew arbeiten. Die Hauptidee war, sich von den genannten Filmen inspirieren zu lassen, diese Stimmung einzufangen und viele Charaktere und Orte zu zeigen, statt nur die Band. Es sollte ein bisschen „SciFi“ sein. Aber ja, es hat ewig gedauert: Vom Start der Kampagne bis zum fertigen Video ungefähr vier Monate.

Was waren generell die größten Hindernisse beim Schreiben und Aufnehmen der Platte?
Ganz klar: die Schlagzeugparts zu schreiben. Es ist ziemlich schwer, etwas Effizientes und Cooles zu machen, ohne dabei zu viel Doublebass oder Blastbeats zu verwenden. Eine durchgehämmerte Doublebass lässt deine Riffs zwar schwerer und straffer klingen als sie vielleicht tatsächlich sind, und die Blastbeats verleihen einem Song natürlich Aggressivität. Aber irgendwie wird es dann auch schnell langweilig. Die gute Balance zwischen tight und heavy zu finden, war wohl der spannendste und interessanteste Teil der Aufnahmen.

Konntet ihr euch während des Songwriting-Prozesses regelmäßig treffen, schreiben und proben?
Nicht wirklich, nein. Wir haben uns wirklich kaum gesehen. Unser Gitarrist Richard kam, um seine Parts aufzunehmen. Aber das war’s dann. Wegen der Pandemie musste ich den Rest mehr oder weniger komplett selbst machen. Wir haben uns seitdem aber ein paar mal zum Proben getroffen, weil wir zumindest zwei Konzerte hatten, aber nicht vor oder während der Aufnahmen.

Ihr habt euch die Bühne schon mit einer Reihe der „ganz großen Namen“ geteilt. Ist dir ein spezieller Moment in Erinnerung geblieben?
Ich werde nie vergessen, als wir mit METALLICA gespielt haben. In erster Linie natürlich, weil ich ein Riesenfan von ihnen bin. Aber auch weil sie uns einen Tag vor der Show angerufen haben. Der Frontmann der eigentlich geplanten Vorband war verhindert, also brauchten sie einen Ersatz. Leider mussten wir dafür genauso kurzfristig einen guten Slot beim With Full Force absagen, und das tut mir heute immer noch leid. Aber wenn METALLICA anrufen, kannst du nicht ablehnen. Es war ein krasser Abend. Das Publikum rechnete noch mit der anderen Band. Aber am Ende unseres Sets wollten sie Zugaben hören. Lars Ulrich sagte uns dann, dass wir doch noch zwei, drei Songs spielen sollen. Backstage hat James Hetfield unseren halben Merchstand leergekauft. Verdammt, war das ein geiler Abend.

Ihr seid jetzt seit mehr als zwei Jahrzehnte aktiv, ist die Corona-Zeit die schwierigste Phase, die ihr als Band bislang erlebt habt?
Definitiv. Es ist hart, wenn du nicht das machen kannst, was du liebst: Rausgehen und Shows spielen, vor allem. Und ich habe leider das Gefühl, dass 2022 auch ein sehr hartes Jahr für uns alle wird.