DETECTORS

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Überbau/Basis

Bei der Veröffentlichung von „Ideology“ haben sich vier Kieler THE DETECTORS etwas Zeit gelassen. Was dahinter und was in dem neuen Album steckt, verraten Sascha und Henning, beide Gitarre und Gesang, uns im Interview.

Zwischen Album Nummer zwei und drei gab’s sieben Jahre Pause. Wie kam es zu der Unterbrechung?

Sascha: Na ja, sieben Jahre Pause waren es in dem Sinne ja nicht. Wir waren vor allem die ersten zwei Jahre nach dem Release von „Deny“ wahnsinnig busy mit Touren und konnten mit der Zeit fast alle europäischen Länder von unserer Dort-müssen-wir-unbedingt-mal-eine-Tour-gespielt-haben-Liste streichen. Hätte mir damals jemand erzählt, dass wir mal eine Tour durch Russland spielen würden, hätte ich gesagt: Never! Außerdem durften wir zweimal auf dem The Fest in Gainesville spielen. Leider kam es zu Unstimmigkeiten mit unserem Drummer, weshalb wir uns einvernehmlich getrennt haben. Dank Freunden, die ausgeholfen haben, konnten wir zwar weiterhin Konzerte spielen, aber unserem Songwriting-Prozess tat das natürlich gar nicht gut. Somit zogen einige Jahre ins Land bei der Suche nach Ersatz. Als wir dann in Manuel unseren neuen Trommler gefunden hatten, haben wir erst mal die Handbremse gezogen und alles entschleunigt. Wir zogen uns ein Jahr lang in den Proberaum zurück, spielten nur noch ausgewählte Shows und bastelten am Album. Als wir dann 2018 ins Studio gingen, wusste noch keiner von uns, dass uns auch das ein Jahr kosten würde. Aber nun ist die Scheibe da und wir freuen uns wahnsinnig, dass sie endlich erschienen ist und das bei so einem tollen Label wie SBÄM.

Als politische Punkband, gibt es da Gespräche über Inhalte oder „ergibt“ sich die Themenfindung bei euch einfach?
Henning: Ja und ja. Ich glaube, die Themen sind natürlich welche, die uns bewegen, und darüber tauschen wir uns aus. Außerdem sind wir eine sehr basisdemokratische Band und würden nie irgendeine Zeile in einem Song veröffentlichen, mit der sich jemand nicht wohl fühlt. Es gibt bei uns immer einen gewissen Berg an verworfenen Textideen, der natürlich schnell in Vergessenheit gerät, weil gerade Lyrics immer auch im Diskurs entstehen. Über die meisten Inhalte und Aktionen, an denen wir uns beteiligen, herrscht aber großer Konsens.

Das neue Album ist schlicht „Ideology“ betitelt, was bedeutet das für euch?
Sascha: Der Titel ist klassisch im Sinne von Marx zu verstehen, also das, was Marx als Überbau bezeichnet und das Verhältnis des Überbau/Basis-Prinzips, das dieser birgt, dass nämlich die Produktionsverhältnisse die ökonomische Struktur einer Gesellschaft bilden, der bestimmte Bewusstseinsformen entsprechen. Allgemeiner gesprochen, dass die Verhältnisse das Bewusstsein bestimmen. Schaut man sich die desaströsen politischen Entwicklungen der letzten Jahre an, so lässt sich das Prinzip, das hinter „Überbau/Basis“ steckt, auf diese übertragen. Wir ver- und bearbeiten viele dieser Entwicklungen in unseren Songs. In „Diciotti dilemma?!“ beispielsweise die menschenverachtende Politik der Festung Europa gegenüber geflüchteten Menschen oder in „To live and to let love“ Trans- und Homofeindlichkeit. Wir finden „Ideology“ somit ganz passend.

Wer hatte die fiese Idee mit dem Trump-Innencover?
Sascha: Das ist meine Schuld. Viele mögen die Idee mit Trump als banal, plakativ und abgedroschen empfinden, dabei geht es aber nicht um Trump per se. Vielmehr ist er der Platzhalter für ein weiteres dummes weißes allmächtiges x-beliebiges Arschloch, für den dieses rassistische System der Ausbeutung gut funktioniert hat. Offensichtlich benötigt man keinerlei Kompetenzen, sondern nur Privilegien, um das Amt des Präsidenten einer Weltmacht oder, besser gesagt, einer Atommacht zu bekleiden. Ich meine, das ist doch das Superlativ einer Farce, oder?

Ich bilde mir ein, dass das neue Album melodiöser klingt als die Vorgänger. Wo seht ihr selber Entwicklungen?
Henning: Wir haben lange debattiert, wo die Reise hingehen soll. Ich glaube, jeder von uns würde es anders beschreiben, ich denke „Ideology“ ist im Vergleich zu den beiden Vorgängern musikalisch deutlich vielfältiger, vielleicht hier und da auch noch etwas durchdachter, insgesamt weniger „hart“ als „Deny“, vielleicht ist es aber auch das, was du mit melodiöser meinst. Es ist auf jeden Fall kein irgendwie künstlich konstruierter Sound, um zwingend anschlussfähig zu bleiben, sondern das, worauf wir in den letzten Jahren musikalisch wirklich Bock hatten.