DVNE

Foto© by Alan Swan

Raus aus der Komfortzone

Mit ihrem Album „Etemen Ænka“ haben DVNE aus Schottland international auf sich aufmerksam gemacht. Entgegen dem mutmaßlichen Magnum Opus der Band steht hinter „Voidkind“ nun ein neuer Ansatz, es soll leichter zugänglich sein und beginnt mit direkter Ansprache. Gitarrist Victor Vicart erzählt von neuen Schwierigkeiten beim Songwriting, den Vorbildern für das neue Album und warum von der Ankündigung bis zum Release nur sechs Wochen Zeit vorgesehen waren.

In Zeiten von künstlicher Intelligenz ist es etwas verwunderlich, dass „Voidkind“ im Vergleich zu seinem Vorgänger weniger an SciFi-Erzählungen angelehnt ist. Während „Etemen Ænka“ ein SciFi-Werk zwischen Post-Metal, Progressive Metal und Sludge darstellt, fokussiert sich „Dystopia“ mit ähnlichem Sound auf einen eher dystopischen Ansatz, erzählt von Fanatismus und Religion. Großen Einfluss hatte der 1989 erschienene Fantasy-Roman „Hyperion“ von Dan Simmons, aber auch das Videospiel „Dark Souls“ sowie die japanische Manga-Serie „Berserk“. Es sind diese Welten, die die Ästhetik der Visuals von „Voidkind“ beeinflusst haben, so Victor. „‚Hyperion‘ hat uns alle gleichermaßen sehr beeinflusst, die Geschichten sind wirklich enorm gut. Es hat uns umgehauen, wie aktuell sie in der heutigen Zeit noch sind.“ Ein politisches Album ist „Voidkind“ also nicht, auch wenn dem Gitarristen klar ist, dass jede Form von Kunst auf gewisse Weise immer auch politisch ist. „Uns geht es nicht um eine politische Message, sondern viel mehr um den Eskapismus. Egal, ob man Musik hört, ein Manga liest oder ein Videospiel spielt.“

Mit dem Hintergedanken, selbst ein eigenes Universum zu kreieren, befruchtete das Konzept die Musik und umgekehrt. „Sobald wir die Musik haben, kommen die Geschichten mit den Texten fast von selbst. Beides formt sich gegenseitig und wird im Studio so lange angepasst, bis am Ende im Gesamtkontext alles stimmig wirkt.“ Der Prozess ist recht ausgeglichen, beginnt jedoch meist mit dem Sound. „Natürlich hören wir auch viel Musik und überlegen, was wir machen möchten. Also schreiben wir viele Songs, die von anderen Bands beeinflusst sind, die in die Richtung gehen, was wir letztlich machen wollen. Elektronische Musik ist da ebenso wichtig wie etwa Balkanmusik, die ja oft diesen total verrückten 7/8-Takt hat. Die Leute hören also ‚progressive‘ Musik, ohne dass es ihnen bewusst ist. Genau wie die Mikrotonalitäten, die Skalen, fasziniert mich all das sehr.“
New Album, New DVNE
Direkt zu Beginn des Albums springt einem „Summa blasphemia“ förmlich ins Gesicht, ohne eine Atmosphäre aufzubauen. Mit dem Ansatz, etwas konziser zu werden und einen neuen Aspekt zu etablieren, wirkt „Voidkind“ etwas anders als sein Vorgänger. „Als ‚Etemen Ænka‘ fertig war und wir es live gespielt haben, haben wir gemerkt, dass manche Songs doch ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit und Geduld erfordern, gerade bei Festivals. Wir wollten also Songs, die etwas konziser sind und kürzer. Das ist ein ganz anderer Anspruch. MASTODON schaffen das in drei Minuten. Wir haben es jetzt auf fünf Minuten gebracht.“ Darüber hinaus geht es der Band auch darum, sich selbst nicht zu wiederholen, wie Victor ausführt. „Wir hätten natürlich noch mal etwas schreiben können, das wie sein Vorgänger ist, aber wir wollten etwas machen, das sich anders anfühlt. Etwas, das anders ist, aber trotzdem nach uns klingt.“ Daraus resultierte „Voidkind“, das für den Gitarristen und Sänger einen anderen Zugang und damit andere Fertigkeiten erforderte. „Wir mussten etwas aus unserer Komfortzone rauskommen, aber das war eine gute Sache.“ So ist „Voidkind“ ein Ausdruck dessen, was DVNE als nächsten Schritt in ihrer musikalischen Karriere erreichen wollten.

Doch anknüpfend an den Erfolg des Vorgängeralbums und in Anbetracht der Spielzeit des neuen Albums stellt die Auswahl einer Setlist die Band vor Diskussionen. „Es ist enorm schwierig, einen Flow in den Ablauf zu bringen. Das liegt daran, dass wir auf ‚Voidkind‘ drei Tunings haben, von denen nur eins auf ‚Etemen Ænka‘ benutzt wurde“, so Victor. Des Weiteren möchte der Musiker auch einfach nicht immer dieselben Songs spielen, sondern den Fans die Möglichkeit geben, eine vielseitige und abwechslungsreiche Setlist zu erleben. Dabei kommt es allerdings auch auf den Kontext an: „Bei Headliner-Shows kennen die Leute viele der Stücke in- und auswendig, so dass man mehr experimentieren kann. Bei Festivalshows hingegen ist es ein Geduldsspiel und es braucht einen spannenden Mix aus allem, also Atmosphäre, progressiven Songs sowie Tracks, die einfacher zu verdauen sind, was dem Grundkonzept von ‚Voidkind‘ entgegenkommt.“

Ähnlich prägnant wie einzelne Tracks des neuen Albums lief auch die Produktion von „Voidkind“. „Im Spätsommer hatten wir die Demos fertig und dann Gitarren, Bass und Schlagzeug aufgenommen. Im Oktober folgten die Vocals und im November kamen das Artwork und alles weitere zusammen. Gemixt und gemastert war das Album dann im Dezember beim Label, während im Februar und März noch die Musikvideos entstehen. Alles in allem, würde ich sagen, umfasste der Prozess sieben Monate, also ging es schneller als ein Kind, haha.“ Aber dadurch müssen Fans von DVNE auch nicht lange auf das Album hinfiebern, fällt die Wartezeit doch überraschend knapp aus. „Wir haben insgesamt sechs Wochen von der Ankündigung bis zum Release und veröffentlichen zwei Singles. Das ist ein Kompromiss aus dem, was wir wollten, und dem, was das Label uns vorgeschlagen hat. Vier Wochen wären zu kurz gewesen, aber ob es nun sechs oder acht Wochen sind, macht hinsichtlich Preorder keinen großen Unterschied. Wichtiger ist, dass man nach der Veröffentlichung auf Tour geht, und um den Release herum stehen bei uns im Frühjahr so einige Termine an. Live zu spielen ist wirklich das Wichtigste. Zudem müssen die Leute dann nicht so lange warten. Zwei Singles, dann das Album. Das hat Punch. Das mag ich.“