ELWOOD STRAY

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2016 in Essen gegründet, haben sie noch im gleichen Jahr eine EP veröffentlicht und einen Newcomer-Contest gewonnen, danach nahmen sich ELWOOD STRAY erst mal Zeit, um ihren eigenen Stil im Metalcore-Kosmos zu definieren. Am 30. Juni erscheint nun ihr Debütalbum „Gone With The Flow“. Wir sprechen darüber mit Sänger Maik Nehrkorn, Gitarrist und Sänger Fabian Petz und Gitarrist Niels Flor.

Nennt doch mal drei Gründe, wieso man in „Gone With The Flow“ reinhören sollte.

Fabian: Kommt, jeder nennt einen Grund! In jedem Fall der Facettenreichtum des Albums. Wir haben zwar unseren ELWOOD STRAY-Stil gefunden, aber die Songs unterscheiden sich dennoch deutlich voneinander, haben ihren eigenen Charakter.
Niels: Riffs! Ich saß wirklich sehr lange an den Gitarrenriffs und habe mir Gedanken gemacht, wie man diesbezüglich einen möglichst einzigartigen Sound schaffen kann. Letztendlich könnte man leicht ironisch sagen, dass es eine Mischung aus Rock’n’Roll, Blues und Metalcore geworden ist. Wer gitarrenlastige Lieder mag, kommt bei uns auf seine Kosten.
Maik: Ich muss den Facettenreichtum noch mal unterstreichen. Wir haben beispielsweise härtere Refrains, ausschließlich mit Shouts sowie auch poppige. Ich denke, jede Person, die sich für harte Musik interessiert, wird sich auf irgendeine Weise in unserer Musik oder auch unseren Texten wiederfinden – und zu einem gewissen Teil auch darin verlieren. Es gab bereits auf einigen Shows, bei denen wir neue Songs getestet haben, die Situation, dass anschließend Leute zu uns kamen und sagten: „Während der dreieinhalb Minuten des Songs habe ich alles vergessen, was mich unter der Woche genervt und bedrückt hat.“ Ich denke, das ist eine Stärke dieses Albums.

Das Feedback zu euren Songs ist außerdem sehr breit gefächert: Mal feiern die Leute die Harmonie zwischen euch zwei Vocalists, dann den Groove, das Riff, den Breakdown, die Snare... Seid ihr auch so detailverliebt im Schreibprozess?
Niels: Absolut! Und es geht noch darüber hinaus. Wir haben teilweise coole, ungewöhnliche Elemente in unseren Tracks verbaut. Ich will gar nicht alles verraten, aber ein Beispiel ist der Breakdown-Build-up bei „No cure“. Hier haben wir ein Otamatone verwendet. Googlet das mal, das sieht total lustig aus. Das Instrument erzeugt jedenfalls einen zirkulären Ton, der langsam, aber stetig aufsteigt.
Fabian: Was die Vocals betrifft ist uns wichtig, dass wir auch im Songwriting Abwechslung schaffen. Maik und ich versuchen, uns immer wieder neu zu erfinden. Dass der Shouter nur die Strophen macht und ich als Cleansänger die Refrains – so was gibt es bei uns nicht. Mein persönliches Steckenpferd sind aber schon die catchy Refs, bezüglich Reimschema und Melodie bin ich sehr detailverliebt. Das liegt vielleicht an meiner Pop-Punk-Vergangenheit. Eingängige Refrains sind übrigens am schwierigsten, deshalb bin ich auch froh, mal eine Strophe zu schreiben.
Maik: Ich glaube, dass jeder seine eigene Detailliebe mitbringt. Deshalb haben wir auch alle unterschiedliche Lieblingssongs auf der Platte.

Welche sind eure persönlichen Favoriten und wieso?
Fabian: Mein Herz schlägt natürlich für die Vocals. Für mich ist ein Song gut, wenn man ihn hört und beim zweiten Mal mitsingen kann. Daher ist mein Favorit „Seasons“, meiner Meinung nach auch das facettenreichste Stück – ob Riffs oder Phrasierung der Strophen, der Breakdown ist hart und die Struktur ist interessant. Es gibt nämlich einen C-Part, eine Art zweiten Refrain. Der war ein kleines Problemkind: Ich hatte zwar einen guten Chorus geschrieben, aber es brauchte noch den zusätzlichen Part. Ich dachte wirklich, den verhaue ich komplett, aber letztendlich ist er rund geworden. Vielleicht mag ich den Track auch genau deshalb so gern, weil er herausfordernd war. Außerdem sind bei uns – im Gegensatz zu vielen anderen Bands – ja quasi alle stark in den Songwriting-Prozess involviert, es gibt nicht einen Kopf und die anderen machen ein bisschen mit. Ich finde, das wird bei diesem Track ganz besonders deutlich.
Niels: Das zeigt auch mal wieder, dass sich Dinge gar nicht planen lassen. Mein Lieblingstrack ist „No cure“, der hat eine gute Struktur, darin sind coole Sounds verbaut. Vom Otamatone habe ich ja schon erzählt und für die Strophe habe ich zum Beispiel eine Fender Stratocaster verwendet, das ist ja eher untypisch für unser Genre. Aber ich mag, dass sie so schön drahtig-bluesy klingt. Außerdem liebe ich den Clash aus dem unfassbar harten Breakdown und dem soften Chorus.
Maik: Ich mag den Vibe von „Negative“, das ist der vorletzte Track des Albums und der rundet das Ganze musikalisch und textlich noch mal so richtig schön ab.

Die Qualität im Metalcore und auch von Debütalben des Genres ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Empfindet ihr das eher als einschüchternd oder motivierend?
Niels: Das stimmt! Liegt sicherlich auch daran, dass man sich heute mit dem nötigen Geld selbst ein gutes Heimstudio einrichten kann. Vor zwanzig Jahren hätte man dafür bestimmt zwei Nieren verkaufen müssen – haha! Uns motiviert das und wir suchen den Austausch mit anderen Bands. Mit den Essenern THE NARRATOR sind wir zum Beispiel recht eng, die wohnen alle bei mir in der Ecke. Ich schätze sehr, dass wir dadurch aus unserer eigenen Bubble herauskommen. Viele Bands empfinde ich als sehr homogen, die Mitglieder mögen alle eine Musikrichtung, es gibt keine Kontroversen beim Songwriting ... Dabei ist Globalismus in einer Band so wichtig. Diskutieren, was gerade abgeht in der Szene, welche Songs weshalb gehypet werden, nicht immer einer Meinung sein – das mag ich am Austausch mit anderen Bands.
Maik: Die Qualität steigt, ja, aber ich habe das Gefühl, es gibt weniger Bands. Ich weiß nicht, ob das an unserem Alter liegt, aber früher war viel mehr los, ständig gab es lokale Shows. Also, Leute, macht mal wieder mehr Musik, gründet Bands ...
Fabian: ... und hört dabei unsere Musik – haha!