FLOYA

Foto© by Rabea Zeppenfeld

Zeit, über den Tellerrand zu schauen

Obwohl „Yume“ erst das Debütalbum des Duos aus dem Ruhrpott ist, sind Phil Bayer und Marvin Bruckwilder keine Unbekannten mehr, schließlich spielten sie zuvor bereits bei TIME, THE ­VALUATER beziehungsweise ALAZKA. Wer hier jedoch die nächste Hardcore-Supergroup erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Was dahintersteckt, klären wir mit Marv im Interview.

Ihr habt vorher beide in Bands gespielt, die man grob der Hardcore-Szene zuordnen kann, mit FLOYA habt ihr euch deutlich davon entfernt – seht ihr euch mit noch als Teil dieser Szene?

Wir sind keine Fans von Schubladendenken und fühlen uns genretechnisch zu keiner Szene wirklich zugehörig. Wir schreiben einfach das, worauf wir Lust haben, und am Ende entscheidet allein unser Bauchgefühl, ob wir mit einem Vibe weiterarbeiten oder nicht. Sicherlich sind unsere Wurzeln an einigen Stellen weiterhin hörbar und vor allem live auch spürbar.

Wie habt ihr euren Sound gefunden? Bands, die harte Musik machen und massig Elektro-Elemente darüberstreuen, gibt es ja schon zuhauf, habt ihr bewusst einen anderen Weg gewählt?
Wir waren Ende 2021 gemeinsam mit unserem Produzenten Christof Kempe in Norwegen und haben uns dort vier Wochen lang eingeschlossen, um uns einfach besser kennen zu lernen und ganz ohne große Erwartungshaltung erste Ideen auszutauschen. Es wurde schnell klar, dass wir das Projekt als Duo angehen wollen, da uns das im Vergleich zu standardmäßig besetzten Bands viel mehr Freiheiten beim Songwriting und bei der Auswahl der Sounds gibt. So sind in den vier Wochen Ideen und Songs wie „Wonders“, „Epiphany“ und „Lights out“ entstanden. Gemeinsame Einflüsse aus unserer Kindheit wie U2, COLDPLAY und Peter Gabriel haben uns bei der Stilfindung definitiv inspiriert.

Wie viel Hardcore, Metal und Punk steckt noch in FLOYA?
Genau so viel, wie auch radiotauglicher Pop und Elemente aus dem EDM in uns stecken. Im Jahr 2024 sollte jeder etwas über den Tellerrand schauen können. Es gibt so wahnsinnig viel gute Musik da draußen, da wäre es viel zu schade, sich nur auf ein Genre zu beschränken.

Warum sollte sich der generische Hardcore-Fan „Yume“ anhören und warum ein Anhänger elektronischer Musik?
Wir denken, dass Menschen, die sich hauptsächlich mit harter Musik beschäftigen, auf der Suche nach starken Emotionen sind, zweitrangig, welche das individuell sein mögen. Unser größtes Anliegen ist es, unsere Hörer mit starken Emotionen zu bedienen – eine Parallele. Phil singt beispielsweise mit sehr zarter Stimme, das geht bis hin zu tonbesetztem Schreien, unsere Rhythmusgruppe bedient sich des Öfteren bei Grooves, die an härtere Gangarten erinnern. Es gibt also genügend Elemente, die Fans härterer Musik den Einstieg in unsere Welt erleichtern. Was Freunde von elektronischen Klängen betrifft, sollte ihnen der Zugang besonders bei Songs wie „Drift“, „Stay“ oder „Florescent“ leichtfallen, da diese eine sehr ausgeglichene Mischung beider Welten beinhalten.

Die erste Single „Wonders“ ist bereits im März 2022 erschienen, also zwei Jahre vor dem Release von „Yume“, wieso diese lange Zeitspanne? Was ist seither bei euch passiert?
Als „Wonders“ rauskam, waren wir noch in einer absoluten Findungsphase. Wir haben seitdem viel ausprobiert und herumexperimentiert, wir wollten sicher sein, dass wir nichts auslassen, bevor wir das Album fertigstellen. Darüber hinaus durften wir erste Konzerte spielen, unter anderem auf dem Radar Festival in Manchester oder dem Reeperbahn Festival, dazu gab es erste Europatouren mit Künstlern wie HOLDING ABSENCE, THORNHILL,­ SIAMESE und FROM FALL TO SPRING.