INK BOMB

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Nachbarschaftshilfe

Bei den niederländischen Nachbarn bewegt sich etwas: seit knapp drei Jahren schreiben INK BOMB aus Nijmegen– das sind Joost (voc), Arina (bs), Paul (dr) und Quirijn (gt) – passable Punkrock-Songs mit offensichtlicher Neunziger-Skatepunk-Reminiszenz. Nachdem etliche Clubs in den Niederlanden und England beackert wurden, ging es im Januar zum ersten Deutschlandbesuch ins Essener Don’t Panic. Mitgebracht hatten sie ihre neue EP „Swim“, die für in den Neunzigern Hängengebliebene ein echter Hinhörer geworden ist. Zeit für ein bisschen Nachbarschaftshilfe!

Warum gründet man mit Mitte dreißig eine Nineties-Punkrock-Band? Sentimentalität?
Joost:
Ich habe seit der Schule immer in Bands gespielt oder nebenbei als Roadie gearbeitet und habe nach meinem Umzug nach Nijmegen einfach eine Anzeige geschaltet, auf die sich diese wunderbaren drei Menschen hier gemeldet haben.
Arina: Wir haben uns wirklich das erste Mal im Proberaum getroffen, alles fing bei null an.
Quirijn: Ich war eine Weile gar nicht in Bands aktiv und habe dann spontan auf Joosts Twitter-Anfrage geantwortet. Wahrscheinlich Schicksal!
Paul: Definitiv ist es auch Sentimentalität. Joost und ich stehen auch total auf Super Nintendo, noch so ein Relikt der Neunziger.
Joost: Wir sind alle in den Neunzigern mit der damaligen Skatepunk-Welle mit NOFX und PENNYWISE aufgewachsen. Das waren unsere ersten Konzerte. Wir hören heute alle sehr unterschiedliche Sachen, aber das ist der gemeinsame Nenner, diese Energie.
Quirijn: Und die Melodien.
Paul: Das Schlagzeug ist auch sehr markant. Straight nach vorne. Ich liebe das.

Wie sieht es mit der Punk-Szene in Nijmegen aus?
Joost:
Es gibt immer noch das Doornroosje, allerdings in einer neuen Location und um einiges kommerzieller als früher.
Arina: De Bijstand ist eine Punkrock-Bar, da sind wegen der Anwohner aber nur fünf, sechs Konzerte pro Jahr. De Onderbroek ist ein ehemaliges besetztes Haus, da finden die meisten Punk-Konzerte statt. Dort haben wir im November 2017 auch die Releaseparty gemacht.
Paul: Generell gibt es eine gute aktive Musikszene. Obwohl Nijmegen eher klein ist, hat man viele Möglichkeiten Live-Musik zu sehen.

Die neue EP „Swim“ klingt ja deutlich reifer als eure früheren Sachen.
Paul:
Wir haben diesmal häufiger erst akustisch gejammt, bevor wir die Songs verstärkt gespielt haben. Ich hatte den Eindruck, dass es dadurch dynamischer wurde.
Quirijn: Technisch gesehen bin ich einfach besser im Produzieren geworden. Was die Songs betrifft, haben wir versucht, Hektik und Pop-Appeal stärker zu verbinden.
Joost: Wir haben uns aneinander gewöhnt, harmonieren besser und haben uns individuell verbessert, auch beim Gesang. Zusammenwachsen klingt so klischeehaft, passt aber hier.

Worum geht es in den Texten?
Joost:
„Heavy crosses“ zum, Beispiel handelt vom gesellschaftlichen Umgang mit Teenagerschwangerschaften in Holland in den Fünfziger Jahren, insbesondere im ländlichen Raum. Aufgrund von religiösem und gesellschaftlichem Druck mussten Mädchen auch nach Vergewaltigungen das Kind austragen, es nach der Geburt zur Adoption freigeben und dann alleine in ihr Dorf zurückkehren, damit die Reputation der Gemeinde nicht leidet. Ich habe an einer Studie dazu mitgearbeitet und das Thema hat mich sehr gepackt. Das wurde so sogar bis in die Achtziger Jahre praktiziert. Es ging in der Studie auch darum, inwiefern sich die niederländische Regierung durch ihre Gesetzgebung daran mit schuldig gemacht hat.

Steht der Titel „Swim“ im Zusammenhang zu eurem Coversong von Cyndi Lauper, „Time after time“, mit dem ihr Surfkurse für Kinder mit Behinderung finanziell unterstützt?
Arina:
Ich arbeite bei der Aktion auch ehrenamtlich mit. Ziel ist es, Kindern mit ADHS, Autismus und Down-Syndrom kostenlose Surfstunden zu geben und für sie Sozialkontakte zu schaffen. Einen direkten Zusammenhang zum Titel gibt es aber nicht.
Quirijn: Schwimmen ist das Gegenteil von untergehen. Das ist für mich sehr positiv besetzt, im Sinne von sich nicht in der Melancholie hängen zu lassen.

Wird es Zeit für ein komplettes Album?
Arina:
Wir haben keinen festen Plan, schreiben einfach Songs und schauen, was passiert.
Joost: Touren ist momentan wichtiger. Wir möchten jetzt häufiger in Deutschland spielen. Es ist ein gutes Pflaster für Punkrock und für uns ist es ein Katzensprung zu euch.