KNIGGE + KRUST

Foto© by Joachim Hiller

Spießige Punks

Seit der Bandgründung 2019 haben KNIGGE + KRUST nur eine einstellige Zahl Konzerte gespielt. Bühnenerfahrung haben die drei aber mit vielen anderen Bands schon zur Genüge gesammelt: Michi (bs, voc) etwa bei NEIN NEIN NEIN, KRAUTBOMBER und KÖTER, Bica (gt, voc) bei LOTSE, NAIVE und DR. DOSENBIER und Alex (dr) zuletzt bei H-BOMB HOLIDAY CAMP und ANTI ANTI ANTI, um nur ein paar zu nennen. Bica und Alex kennt ihr übrigens auch als Ox-Schreiber:innen. Das soll aber kein Grund für das Interview sein, eher das endlich vorliegende selbstbetitelte Debütalbum.

Ich muss die unangenehme Frage nach dem Namen stellen.

Michi: Ich kann mich noch daran erinnern, dass wirklich fürchterliche Vorschläge von Alex kamen. Und dann habe ich mich daran erinnert, dass ich mal bei einer Hausbesetzung unterwegs war und mich dazu geäußert habe, dass ich es nicht verstehe, dass alles, was Punk oder autonom ist, immer gleich dreckig sein muss. Warum muss in einem besetzten Haus alles gleich mit Graffiti vollgeschmiert und vermüllt werden? Und dann war ich gleich der Spießer und die Leute haben mir geraten, ich sollte so ein Heftchen mit Punk-Regeln rausbringen. Und da waren wir bei „Knigge und Krust“. Und ob jetzt „Crust“ oder „Krust“ – da war einfach die Alliteration geil.

Was für Regeln würden in dem Heftchen stehen?
Michi: So was wie: Wenn du irgendwo reinkommst, sprühst du als Erstes die Wand voll, als Zweites trittst du die Toilette weg und als Drittes siehst du zu, dass es kein Warmwasser mehr gibt, haha! Nee, wir haben nur eine Regel: Unsere Disco, unsere Regeln.
Bica: Und Schuhe an, haha!
Michi: Nein, wir haben keine Regeln. Wir haben Vorerfahrungen und man kann sich schön da rein pathetisieren, dass einerseits jeder Mensch Regeln braucht, aber wir alle keine Regeln wollen.

Machen wir’s mal konkreter: Was für Regeln würden denn auf euren Konzerten gelten?
Bica: Ich fänd’s gut, wenn alle ihre Shirts anbehalten. Andere Regeln ergeben sich aus der Erfahrung. Mit DR. DOSENBIER haben wir zum Beispiel die Regel, dass es keinen Schnaps im Auto gibt, dafür gibt es Gründe.
Michi: Ich bin ein bisschen hilflos bei der Frage.
Bica: Ach, wir kommen doch alle aus der gleichen Richtung und da gibt es schon viel Konsens. Für mich würde es sich falsch anfühlen, wenn es Regeln bräuchte.

Wie kam es überhaupt zur Bandgründung?
Michi: Wir kannten uns alle schon lange und ich hatte schon länger in der Pipeline, mit Alex was zu starten. Und dann hat Bica sich noch ins Spiel gebracht, und nach einem MUFF POTTER-Konzert haben wir uns dazu entschieden, eine Band zu gründen.
Bica: Michi dachte, er kennt keine Frauen, die Gitarre spielen, aber ich habe ihn eines Besseren belehrt und daraus wurde KNIGGE + KRUST.
Michi: Na ja, ich wusste schon, dass Bica Gitarre spielen kann, aber ich dachte: Auf so eine Mucke hat die doch eh keinen Bock.

Davon würde ich auch ausgehen, wenn ihr euch auf einem MUFF-POTTER-Konzert trefft. Das passt ja musikalisch mal gar nicht zu dem, was ihr als Band jetzt macht. Bianca, auch deine Texte und Interviews, die du fürs Ox machst, sind meistens im Indie-Bereich.
Bica: Mein Musikgeschmack ist nicht nur das, was ich fürs Ox mache. Ich bin total open-minded. Ich mag Emo, da gibt’s aber viele Ausnahmen. Ich mag Deutschpunk, aber davon nur wenige Bands. Aber was wir machen, finde ich gut, haha!

Wo wir gerade beim Thema Schreiben sind: Wer ist für eure Texte verantwortlich?
Michi: Auch wenn mit Alex Gräbeldinger bei uns ein Autor mitspielt: Er hat noch nicht einen Text für uns geschrieben. Und ich habe noch in keiner Band gespielt, bei der ich keine Texte geschrieben habe, so also auch hier.
Bica: Vieles ergibt sich aber auch einfach im Proberaum.

Mit kurzen Songs und knackigen Texten passt ihr ganz gut zu den Labels Spastic Fantastic, Raccoone und Search For Fame, auf denen euer selbstbetiteltes Debütalbum erschienen ist. Die Version von SFF ist richtig individuell gestaltet. Ich bin beeindruckt!
Bica: Ja, Fanta von SFF, den man auch als Schlagzeuger von SNIFFING GLUE kennt, macht aktuell nicht viele Veröffentlichungen, aber bei uns hatte er Bock drauf. Und da ist viel Liebe drin: Sogar der Karton ist selbst gefaltet.

Wie wichtig ist euch DIY?
Michi: Du bist so lange DIY, wie du es brauchst. Aber an der Stelle, wo es zu viel Arbeit macht, legen Menschen das auch gerne beiseite. Klar ist es schön, Sachen selbst zu machen, ich bin aber froh, dass Bica das jetzt macht.
Bica: Ich hatte noch nie die Option, etwas nicht DIY zu machen. Ich find’s aber auch total schön, Dinge selbst zu machen, Menschen, Clubs und Initiativen selbst kennen zu lernen, anstatt das einer Booking-Agentur zu überlassen.
Michi: Die Menschen, die das Booking oder ein Label oder so machen, die tauschen sich ja mit der Zeit auch immer aus. Wenn ich jetzt meine Kontaktliste von vor zehn Jahren wieder rauskramen würde, sind die meisten davon vermutlich nicht mal mehr aktiv.
Bica: In Sachen Label ist aber großartig, dass Maz von Spastic Fantastic, Rick Raccoone und Fanta zumindest so Sachen wie Vertrieb oder Streaming übernommen haben und uns auch einige Kontakte überlassen.

Als Kölner Band abschließend die Frage, weil jede Kölner Band eine hat – ist so! –, wie ist eure Verbindung zu KNOCHENFABRIK?
Bica: Ich habe da gar keinen Draht zu.
Michi: Ich bin ein riesiger KNOCHENFABRIK-Fan, die kann man so geil ernst, ironisch oder wie du selbst sie lesen willst, verstehen. Ich weiß aber auch, dass der Schlagzeuger mich total scheiße findet und mir mal gesagt hat, ich solle mit meinem Rumgeheule mal an der frischen Luft arbeiten gehen. Na ja, manchmal muss man eben das Werk vom Künstler trennen. Außerdem sind wir alle zugezogen und müssen keine Verbindung zu KNOFA haben.