LAMB OF GOD

Foto© by Travis Shinn

Die eigene Identität

Sprechen wir von den größten Metalbands der Gegenwart, führt an LAMB OF GOD kein Weg vorbei. Nicht nur definieren die fünf Musiker aus Richmond, Virginia den Begriff der New Wave of American Heavy Metal, LAMB OF GOD sind auch das Paradebeispiel für Groove Metal und haben ihren Sound so sehr gefestigt wie kaum eine andere Band. Die letzten zwanzig Jahre Bandgeschichte waren von Erfolgen, aber auch von Schicksalsschlägen geprägt. Wir haben mit dem Songwriter und Gitarristen Mark Morton darüber gesprochen und auch das kommende Album „Lamb Of God“ unter die Lupe genommen.

Der Erfolg der letzten zwanzig Jahre

Die Geschichte von LAMB OF GOD beginnt bereits im Jahr 1994, als sich die Musiker am College kennen lernten. Als BURN THE PRIEST gegründet, war es ausgerechnet Mark Morton selbst, der die Band 1995 verließ, um sein Masterstudium zu beginnen. Zwei Jahre später kehrte er jedoch zurück und man nahm zusammen das erste Album auf, das nach der Band selbst benannt wurde. Nach der Umbenennung in LAMB OF GOD folgte schnell ein Plattendeal, der zur Veröffentlichung von „New American Gospel“ führte und den Sound der Band maßgeblich beeinflusste.

Spätestens mit den Veröffentlichungen von „Ashes Of The Wake“ und „Sacrament“ wurden LAMB OF GOD eine der relevantesten Metalbands der Nuller Jahre und damit weltweit bekannt für ihren rhythmischen, Groove-orientierten Metal. Diese beiden Alben haben noch immer einen hohen Stellenwert in der Diskografie der Band, während Songs wie „Laid to rest“, „Redneck“ oder „Now you’ve got something to die for“ aus ihrer Live-Setlist nicht wegzudenken sind. Dennoch verbringt Mark nicht allzu viel Zeit damit, in Nostalgie zu schwelgen. „Ich fokussiere mich auf das Hier und Jetzt. In den letzten 16 Jahren ist verdammt viel passiert.“ Dass die Alben so erfolgreich sind, liegt seiner Meinung nach auch daran, dass sie in die Umstände gepasst haben und zur richtigen Zeit veröffentlicht wurden. Doch wenn er über das Songwriting nachdenkt, ist er sich sicher, dass LAMB OF GOD 2020 auf dem Zenit ihrer Fähigkeiten sind. „Wir sind heute viel bessere Songwriter als je zuvor.“

Nachdem LAMB OF GOD 2007 bereits für ihren Song „Redneck“ bei den Grammy Awards in der Kategorie „Best Metal Performance“ nominiert wurden, folgten 2010 und 2011 zwei weitere Nominierungen, die sich beide auf das 2009 veröffentlichte Album „Wrath“ bezogen. Mit „Wrath“ standen LAMB OF GOD zudem zum ersten Mal international in den Charts. 2020 blickt Mark auf insgesamt fünf Grammy-Nominierungen sowie etliche weitere Chartplatzierungen zurück. Diese Zahlen sind für den Musiker dennoch nicht von allzu großer Bedeutung. „Ich weiß nicht wirklich, wie viel uns das am Ende bringt. Aber es ist natürlich cool zu sehen, dass wir auch innerhalb der Billboard Charts wahrgenommen werden, Airplay bekommen und auch für große Awards wie den Grammy nominiert wurden.

Möglicherweise könnte „Lamb Of God“ das Album sein, mit dem die Band ihre erste Nummer eins sowie den Grammy gewinnen könnte. Doch die aktuelle Corona-Krise lässt eine Erwartungshaltung für Mark nicht zu. „Wir wissen seit Jahren, wie unterstützend die Metal Community ist und wie wichtig dieses Genre für viele Menschen ist. Es ist also schön, den Support zu sehen, und es wäre cool, einen Grammy zu gewinnen.“

Krisen und deren Einfluss
Anstatt mit KREATOR und POWER TRIP auf Europatour zu gehen und das neue Album zu promoten, sind LAMB OF GOD gezwungen daheim zu bleiben. Die Record Stores haben geschlossen und Mark denkt, dass die physischen Verkaufszahlen unter der Corona-Pandemie stark leiden werden. Doch diese aktuelle Krise ist nicht die erste Herausforderung, die die Band bewältigen muss:

Nachdem Sänger Randy Blythe 2010 während eines Konzerts in Prag einen Fan von der Bühne schubste, der in Folge dessen verstarb, wurde der Sänger auf der Europatour zwei Jahre später in Prag von tschechischen Beamten festgenommen. Erst 38 Tage nach der Inhaftierung wurde Blythe aus dem Gefängnis entlassen, um 2013 letztlich freigesprochen zu werden. Und Ende 2017 hatte Schlagzeuger Chris Adler einen Motorradunfall, über den er erst im September 2018 öffentlich sprach. Die Band tourte also ohne Adler, der noch nicht vollends wieder zu Kräften gekommen war, und hieß 2019 Art Cruz (WINDS OF PLAGUE, PRONG) als neuen Schlagzeuger in der Band willkommen. Eine Entscheidung, die von einigen Fans scharf kritisiert wurde.

Politik
Neben den eigenen Krisen und Konflikten gibt es aber auch andere Themen, die das Songwriting von LAMB OF GOD stark beeinflussen. Insbesondere Sänger Randy Blythe begeistert sich für geschichtliche Ereignisse und lässt diese in seine Texte mit einfließen. Auch wenn er sich in einem Text wie „Make America hate again and bleed sheep to sleep“ unmissverständlich ausdrückt, ist „Lamb Of God“ dennoch kein reines Anti-Trump Album. Die Texte greifen verschiedene Vorkommnisse des politischen Weltgeschehens auf, wie zum Beispiel die Opioidkrise in den USA, den Vietnamkrieg und die Iran-Contra-Affäre. Der Song „Reality bath“ richtet sich laut Mark an die Generation seiner Tochter und behandelt den Umgang mit Amokläufen in Schulen.

Typisch LAMB OF GOD
Der Sound von LAMB OF GOD hat sich nicht geändert. Auch, die Entscheidung, das Album nach dem Bandnamen zu betiteln, ist kein Zufall. Das Drumming klingt noch immer so, wie man es von der Band gewohnt ist. Das liegt daran, dass einzig und alleine auf der Basis von Riffs geschrieben wird, wie Mark erzählt. „Wir haben einfach unseren Sound gefunden und der basiert darauf, was Willie und ich schreiben.“ Erst im Proberaum fügen sich die Riffs mit den anderen Instrumenten zusammen und entsteht der Sound, den LAMB OF GOD über zwanzig Jahre etabliert haben.

„Es gibt immer Leute, die sich beschweren. Egal, ob du drastisch etwas an deinem Sound änderst oder gar nichts. Aber das ist okay für mich. Wir haben noch nie eine kreative Entscheidung getroffen auf Grundlage dessen, was andere von uns hören wollen. Weder seitens der Fans, Journalisten oder des Labels. Wir machen schon immer die Musik, von der wir überzeugt sind.“ An diesem Ansatz hat sich in all den Jahren der Bandgeschichte nichts geändert.