NINAMARIE

Foto© by Birte Filmer

Kaffee und Kalauer

Im Laufe eines Jahrzehnts können Dinge und Menschen schon mal in Vergessenheit geraten. Der Name NINAMARIE war zwar nie gänzlich aus dem Gedächtnis verschwunden, die Nachricht über eine neue Platte des Duos war nichtsdestotrotz eine große – und vor allem auch schöne Überraschung, die den Titel „Was für Land, welch ein Männer“ trägt. Wenn Marten von TURBOSTAAT und Thomas von den BEATSTEAKS sich an Silvester endlich wieder zusammensetzen, kann ja eigentlich nur Gutes dabei herauskommen, was nun in Form der neuen EP geschehen ist. Hier erzählen die zwei Neujahrsmusiker, wie NINAMARIE funktioniert und was die Band für sie ausmacht.

Habt ihr euch über eure Bands TURBOSTAAT und BEATSTEAKS kennen gelernt oder gibt es eine längere Geschichte zwischen euch?

Marten: Richtig kennen gelernt haben wir uns eigentlich bei den Aufnahmen zum Song „Frieda und die Bomben“, den unsere Bands zusammen gemacht haben. Bevor ich angekommen bin, habt ihr mich gefragt, ob ich ein Hotel brauche oder ob ich privat bei Thomas pennen würde, was ich natürlich nicht ablehnte. Er hat mich am Ostbahnhof abgeholt und uns erst mal ein Wegbier geholt. Da war eigentlich alles klar.
Thomas: Nach einem gemeinsamen Konzert unserer Bands in Kiel waren wir anschließend in einer Kneipe namens Subrosa und da kam das Gespräch auf unsere Gemeinsamkeiten und vor allem auf ein Date an Silvester.

Ist die neue EP „Was für Land, welch ein Männer“ wieder aus einer Silvestersession heraus entstanden?
Thomas: Wir müssen es ja nicht mehr an Silvester machen, seit Marten nach Berlin gezogen ist.
Marten: Deswegen hat es so lang gedauert.

Ich habe mich ja auch gefragt, ob diese Silvestersession nicht ein bloßer Mythos ist, den ihr einfach gern aufrechterhaltet.
Marten: Es hat damals tatsächlich an Silvester angefangen. Das ist unser Gründungsmythos. Aber ein Dogma haben wir daraus nicht gemacht.
Thomas: Es waren aber schon drei oder vier Silvester. So ganz falsch ist das nicht.

Seit eurer letzten Veröffentlichung „Feuer in der Nachbarschaft“ sind zehn Jahre vergangen. Hätte diese Zeit nicht für ein ganzes Album anstelle einer EP gereicht? Es sind aber nur sechs Songs geworden.
Thomas: Das ist viel mehr als andere, die gar keine Platten machen.
Marten: Ja, daran muss man es messen.

Es waren bisher ja immer 7“s oder EPs. Den Anspruch, ein ganzes Album zu machen, hattet ihr nie?
Marten: Aus meiner Warte ist so eine 7“ oder dergleichen überschaubarer und weniger ernsthaft. Ein Album ist direkt ein richtiges Werk und so was steht uns gar nicht. Etwas schnell aus der Hüfte zu schießen, will auch gelernt sein.

Wenn du sagst, ein Album wäre zu ernsthaft und würde euch nicht stehen, schließe ich daraus, dass ihr NINAMARIE nicht so richtig ernst nehmt.
Marten: Doch, aber ein Teil unserer Auffassung ist es, schnell etwas zu produzieren, das wir gut finden. Wir wollen uns nicht wochenlang den Kopf darüber zermartern, ob man einen Song jetzt so bringen kann, ob wir alles richtig machen, oder ob jede Facette der Persönlichkeiten abgebildet ist. Wir machen ein schönes Lied, freuen uns darüber und bringen es irgendwann raus. In den letzten zehn Jahren, in denen wir nichts mehr gemacht haben, hatten wir wohl andere Sachen zu tun.
Thomas: Wir haben ja nach der ersten EP noch zwei kleine Singles gemacht, noch eine EP und dann sind über zehn Jahre ins Land gezogen. In der Zeit ist Marten Papa geworden. Jetzt, da seine Tochter in die Pubertät kommt, können wir weitermachen.

Wenn ihr über NINAMARIE sprecht, klingt es immer nach einem Projekt, das in erster Linie für euch zwei da ist, an dem ihr einfach Spaß habt. War von Anfang an klar, dass ihr auch Musik veröffentlichen wollt?
Marten: Als wir uns an jenem Silvester das erste Mal zum Musikmachen getroffen haben, haben wir einfach nur gemacht. Da wusste ich nicht, ob wir das mal aufnehmen werden. Als es dann passiert ist, war Thomas relativ schnell dafür, eine Single rauszubringen. Das fand ich fantastisch.
Thomas: Wir sind an jenem Tag um sechs Uhr morgens aus dem Raum gestolpert und hatten zwei Songs. Ich fand die so toll und dachte, es wäre blöd, wenn die nicht veröffentlicht würden. Ich war Feuer und Flamme.

Ist NINAMARIE also so etwas wie eine große Experimentierspielwiese für euch?
Marten: Es ist schon ein Baukasten, mit dem man experimentieren kann. Wir machen Sachen, die uns von der Herangehensweise her interessieren. Diesmal haben wir dieses Chor-Keyboard gebastelt. Da erzählen wir bestimmt noch viel drüber. Nach ein paar Takes im Studio schien es so, als müsste hier und da ein Chor drüber. Wir haben also jeder jeden Ton auf der Tonleiter rauf und runter zwanzigmal eingesungen und so einen Chor aus uns selbst kreiert. Das hat ein halbes Jahr gedauert und erklärt vielleicht das langsame Tempo bei der Entstehung dieser EP. Dafür haben wir jetzt ein Keyboard mit unseren eigenen Stimmen, das wir immer spielen können und daraus unseren eigenen Chor machen. Der klingt ziemlich schräg, aber wir können uns immer selber begleiten. Solche Dinge interessieren uns und es ist cool, dass wir mit NINAMARIE so einen Quatsch machen können. Es geht mehr um solche Spielereien und weniger um Experimente mit Genres.

Der Titel dieser EP lautet „Was für Land, welch ein Männer“. Das kommt auch im Song „Käsejunge“ wieder. Könnt ihr mehr über diesen Titel erzählen?
Marten: Ursprünglich war das ein Kalauer zwischen uns, der plötzlich auch inhaltlich ganz gut passte. Es geht um die verdrehte Sicht auf sich selber. Genauer gesagt, in „Käsejunge“ geht es um die verquere Ansicht, die weiße, junge Männer von sich haben. Passend dazu haben wir den Titel von EXTRABREIT „Welch ein Land! – Was für Männer“ umgedreht und so hat es eine gewisse Komik.
Thomas: Ein sehr passender Kalauer.

NINAMARIE besitzen musikalisch eine gewisse Lockerheit. Ist das etwas, das euch bei euren anderen Bands fehlt?
Thomas: Ich glaube nicht, dass wir irgendwas ausleben müssen, was uns sonst verwehrt bleibt, weil wir nicht zum Zuge kommen. Das empfinde ich zumindest nicht so. Wenn wir beide uns treffen, ist das gar nicht immer zum Musikmachen, sondern wir trinken Kaffee und quatschen und machen dann auch mal Musik. Daher klingt es vielleicht nicht so ambitioniert, und wir wollen damit ja auch nichts Besonderes erreichen. Dennoch sollen Leute sich das gern anhören. Es ist nicht so, dass es einen Teil meiner Persönlichkeit gibt, der sonst nicht ans Tageslicht kommt. Ich fühle kein Nachholbedürfnis.