PORTERS

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Das Ende?

Knapp zwanzig Jahre lang waren THE PORTERS unterwegs mit ihrem Folk-Punk. Lediglich mit den Alben haperte es ein bisschen: Bis 2012 brachten sie es nur auf drei. Jetzt kommt mit „To The Good Times And The Bad“ nach elf Jahren Pause zwar endlich Album Nummer vier heraus, aber das ist auch gleichzeitig das letzte. Die Band ist bereits offiziell aufgelöst und wird die neuen Songs nie live spielen können. Umso schöner ist es da, dass Frontmann und Gründer Volker Grüner im Gespräch noch einmal zurückblickt, das Ende erklärt – und vorausschaut auf das, was nun kommen könnte. Denn: Aufhören ist keine Option!

Volker, das neue THE PORTERS-Album heißt „To The Good Times And The Bad“. Wann waren zuletzt jeweils die guten und die schlechten Zeiten, die da besungen werden?

THE PORTERS haben in den letzten Jahren viel einstecken müssen, schlimme Dinge erlebt. Wir wurden abgezockt bis aufs letzte Hemd, das hätte uns beinahe das Genick gebrochen. Daraus ist der Song „Cheater tattoo“ entstanden. Es war aber zugleich sehr schön zu sehen, dass uns das nicht kaputtgemacht hat. Wir haben zusammengehalten, haben das gemeinsam durchgestanden und gekämpft, das war großartig! Dann waren meine gesundheitlichen Probleme mit meiner Stimme und meinem Gehör immer wieder Thema: Wir mussten Konzerte absagen, Studiotermine verlegen ... Überhaupt war die ganze Produktion des Albums ein einziges riesengroßes Desaster. Der Tontechniker hat aus gesundheitlichen Gründen irgendwann das Handtuch geworfen und wir mussten uns nach Ersatz umsehen und versuchen, Ordnung in das ganze Chaos zu bringen. Man muss sich das mal vorstellen: Das Album war bereits 2019 fertig aufgenommen – und wird erst jetzt, im Dezember 2023, veröffentlicht. Die guten Zeiten waren letztlich natürlich die unzähligen wunderschönen Momente, die wir als Band gemeinsam erlebt haben. Die ganzen netten und verrückten Menschen, die man unterwegs so kennen lernt. Die Bands, mit denen wir unterwegs waren, der ganze Blödsinn, den man so erlebt auf Tour. Die Partys, die Konzerte, Festivals.

Du sprichst Probleme mit dem Album an. Da hake ich noch mal nach: Es ist die erste Platte seit 2012. Warum hat das so lange gedauert?
Zum einen war da mein gesundheitlicher Zustand, der immer schlechter wurde. Nächtliches Sodbrennen hört sich erst mal nicht so dramatisch an, aber es hat meine Stimmbänder angegriffen und immer mehr gelähmt. Das ging bis zum völligem Stimmverlust. Ich konnte im Studio meistens nur wenige Songs singen und teilweise musste Satz für Satz aufgenommen werden, weil mir die Power fehlte, alles in einem Take durchzusingen. Wir mussten Termine finden, an denen meine Stimme stabil war, was immer schwieriger wurde. Aber wir wollten eben ein möglichst perfektes Album abliefern und haben uns die Zeit genommen.

All das, was du sagst, lässt erahnen, warum die neue Platte auch eure letzte sein wird – so kommuniziert ihr das ja.
Genau. Mein Gehör ist so zerschossen – da geht einfach nichts mehr. Ich mache seit vierzig Jahren Musik. Laute Musik! Die ersten zwanzig Jahre ohne Gehörschutz. Niemand hat damals über Gehörschutz nachgedacht. Das war nie Thema – und wenn, wurde es belächelt. Auf großen Bühnen ist die Lautstärke zwar noch erträglich. Aber in kleinen Clubs kann es höllisch laut werden, besonders mit lautem Drummer. Dann gibt es noch die Momente, wenn du neues Equipment bekommen hast ... Dann willst du ja hören, wie das klingt, und stopfst dir in dem Fall mal nicht die Ohren zu ... Wie auch immer, über die Jahre hat es mir erst die hohen Frequenzen weggefressen, dann ging es irgendwann in den Bereich, in dem es schwerfällt, einem Gespräch zu folgen. Wenn die „S“ und „T“-Laute verschwinden, hört sich das an, als wäre dein Kopf unter Wasser in einem Aquarium. Der Tinnitus wurde lauter. Zudem habe ich im linken Ohr eine Überempfindlichkeit. Das Gehör sagt dir einfach irgendwann: Nein, ich will jetzt nicht mehr – und bricht schon bei geringen Lautstärken zusammen. Das Pfeifen und die Geräusche im Ohr werden lauter, die Hörminderung nimmt zu. Ganz zu schweigen von den Ängsten, die du hast, weil du nicht weißt, ob das wieder besser wird oder für immer so bleibt. Du musst dir das mal vorstellen: Ein Musiker hat ja ein extrem trainiertes Gehör. Du bist ewig auf der Suche nach dem perfekten Sound, experimentierst, kaufst dir teure, bessere Amps, setzt besser klingende Röhren ein, kaufst dir die besten Pedale, deine Gitarren werden teurer und besser, du baust bessere Pickups ein, du hörst quasi die Flöhe husten, wenn es um guten Sound geht ... Und auf einmal zerbröckelt dein perfektes Gehör nach und nach ... Du hörst es einfach nicht mehr, diese Kleinigkeiten, die deinen Sound besser machen und für die du die ganzen Jahre so viel Zeit und Herzblut verschwendet hast. Das war eine ganz bittere Erfahrung für mich. Und als das dann nicht mehr reichte, war der Punkt erreicht, an dem Musikmachen mit einer Band nicht mehr möglich war. Daher blieb mir, blieb uns nichts anderes übrig, als das Handtuch zu werfen.

Ist „To The Good Times And The Bad“ auch eine Art Abrechnung?
Nein, es sind ja trotz allem überwiegend positive Erinnerungen, die ich mit THE PORTERS verbinde. Als wir anfingen, waren wir Punks, die sich erst finden mussten. Ich kann mich an die ersten Shows erinnern, da war alles noch neu, diese Folk-Punk-Geschichte ... Es gab die DROPKICK MURPHYS, die REAL McKENZIES und THE POGUES natürlich ... Und dann uns. Die Folk-Punk-Szene war noch in den Anfängen. Ich erinnere mich, wie die Leute uns überrascht anstarrten, weil wir völlig anders waren als das, was sie so kannten. Aber sie liebten uns und das, was wir machten.

Was sind die Pläne für die Zukunft?
Mittlerweile sind fast alle irgendwo untergekommen. Und für mich gilt: Aufhören ist keine Option! Jeder normale Mensch würde zwar in meinem Fall die Musik an den Nagel hängen und sich ein „vernünftiges“ Hobby suchen. Aber ich bin weder normal noch vernünftig, haha. Ich habe, glaube ich, keine fünf Minuten übers Aufhören nachgedacht. Und ich habe in den letzten Jahren viel zu viel MOTÖRHEAD gehört ...

Das ist ein Hinweis!
Ich habe mir so eine „My Guitar Heroes“-Wand im Treppenhaus gebastelt mit Gitarren von Brian Setzer, Johnny Ramone, Stevie Ray Vaughan, Kralle Krawinkel – und auch der Rickenbacker-Bass von Lemmy sollte da eigentlich einen Ehrenplatz erhalten. Dieser Bass hat mir dann aber so viel Spaß gemacht, dass ich irgendwann eine Band im Stil von MOTÖRHEAD gründen musste. Ich hatte auch schon einen Gitarristen und einen Schlagzeuger am Start. Aber wir hatten leider nur eine einzige gemeinsame Probe. Die war trotzdem grandios. Wir spielten all die alten MOTÖRHEAD-Hits aus der „No Sleep ’Til Hammersmith“-Ära. Meine Gesundheit machte uns dann jedoch einen Strich durch die Rechnung – und das Projekt war erst mal wieder Geschichte. Danach war ein Soloprojekt mein erster Gedanke gewesen. Mir fehlten aber die Kenntnisse und die Technik, um das alles umzusetzen. Dann kam auf einmal Ollrich von FLEISCHWOLF um die Ecke und hat mir angeboten, mit ihm etwas zusammen zu machen. Und das war das Beste, was mir passieren konnte. Anfangs ging es nur um ein, zwei Stücke, für die er einen MOTÖRHEAD-Bass brauchte. Da ich aber auch schon eigene Stücke im MOTÖRHEAD-Stil geschrieben hatte, entschlossen wir uns, eine kleine Band zu gründen. Nur zu zweit. Wegen meines Gehörs ist das nur in moderater Lautstärke möglich und wir können leider keine Shows spielen ... Aber wir können geile Musik machen, haha. Und das machen wir derzeit. Wir schreiben Songs und haben sogar schon begonnen, die ersten Sachen aufzunehmen. Irgendwann wird das mal ein Album werden. DEADMOTÖRS ist der Bandname. Also watch out!

Gibt es etwas, das du in Sachen PORTERS rückblickend anders machen würdest?
Wir haben uns natürlich mit dem ersten Album selber auf ewig in eine Schublade einbetoniert, aus der wir nie wieder rauskamen. Die Folk-Einflüsse blieben bis heute. Aber wir haben uns schon recht früh mehr und mehr vom Irish Folk entfernt und waren eher vom amerikanischen Folk beeinflusst. Ich hörte viel Country, Bluegrass, Hank Williams, Johnny Cash und so, die Solosachen von Mike Ness oder die Folk-Platten von Bruce Springsteen. Das war das, was uns später beeinflusst hat. Es hat nur keiner wahrgenommen, wir blieben die Irish-Folk-Band, bis zum Ende. Das ist nicht schlimm. Aber ich würde es heute anders machen. Wir waren als Band vielleicht manchmal zu sehr Punk, ein bisschen mehr Geschäftssinn hätte uns ganz gutgetan, um alles größer zu machen, um mehr Leute zu erreichen und größerer Shows spielen zu können.