SHINEDOWN

Foto© by Sanjay Parikh

Not macht erfinderisch

Wenn die Studios geschlossen haben, baut man halt sein eigenes. Wenn Konzerte nicht möglich sind, spielt man Drive-in-Shows, und wenn ein Nachfolger zu „Attention Attention“ her muss, dann erschafft man den eben „out of thin air“. SHINEDOWN-Sänger Brent Smith steckte während der Pandemie sicher nicht den Kopf in den Sand. Mit mir redet er über einige Dinge, die seit Ende 2019 passiert sind, und vor allem über das neue Album „Planet Zero“.

Das Album entstand mitten in der Pandemie. Als wir begannen, es zu schreiben, rief ich einige Studios an, um zu sehen, ob es Zeiträume gibt, in denen wir aufnehmen können. Viele der Studios sagten mir sofort „Wir haben keine Ahnung, wann wir überhaupt wieder Leute hier reinlassen können“. Das brachte uns dann dazu, eine wirklich wichtige Entscheidung zu treffen. Unser Bassist Eric Bass, für alle die es nicht wissen, er ist auch der Engineer, Mixer und Producer unseres letzten Albums ‚Attention Attention‘ und jetzt auch von ‚Planet Zero‘, ließ uns auf seinem Grundstück ein Studio bauen. Wir haben dieses Studio von Grund auf neu gebaut und 18 Wochen dafür gebraucht. Das waren also zwei Dinge, die wirklich speziell waren: die globale Pandemie und ein eigenes Studio zu errichten. Eric lebt mit seiner Frau auf einer Insel in South Carolina. Für seine Frau war es ein dreißig Jahre lang gehegter Traum, eine eigene Scheune mit Stallungen auf dem Grundstück zu haben, um Pferde zu züchten. Eric und seine Frau entschlossen sich also, das Studio und die Scheune gleichzeitig hochzuziehen. Eine ganze Menge Produktivität also.“

Not macht erfinderisch und so disponierten SHINEDOWN­ um, sobald klar wurde, dass Corona die Welt erst mal im Griff haben wird. „Nach Abschluss unserer Tour im Dezember 2019 wollten wir beginnen, das zu schreiben, was dann später ‚Planet Zero‘ werden sollte. Damals wollten wir eine kleine Auszeit nehmen, um über die Feiertage bei unseren Familien zu sein. Zack Myers und ich hatten vor, in dieser Zeit. an einem neuen Album für unser Projekt SMITH & MYERS zu arbeiten Als die Pandemie dann ausbrach, schauten wir, was wir unternehmen können, um in dieser Situation etwas Gutes zu tun. Für alle, die es nicht wissen: Wir haben einen Song veröffentlicht namens „Atlas falls“ und haben dafür mit der Charity-Organisation Direct Relief zusammengearbeitet. Ich glaube, bis heute konnten wir circa 600.000 Dollar zusammenkriegen. Und unser Gitarrist Zack und ich gaben ein paar Drive-in-Konzerte in dieser Zeit. So konnten wir inmitten der Pandemie einige Shows spielen. Als ich endlich in Charleston ankam, war es Juni 2020. Damals begannen wir, „Planet Zero“ zu schreiben. Ich habe jetzt sehr weit ausgeholt, aber ich denke, es ist wichtig zu verstehen, dass wir uns im Studio nie unter Zeitdruck gesetzt haben. Selbst vor dieser Platte war das so. Wir sind bei Atlantic Records seit zwanzig Jahren. Sie haben uns nie unter Druck gesetzt und uns immer erlaubt, uns so viel Zeit für die Alben zu nehmen, wie wir brauchten. Sie wussten, wenn wir was einreichen, dass es die Wartezeit dann wert war. Zeit war also nie ein Hindernis für uns. Ich bin immer derjenige in der Band, der die anderen wissen lässt, wann ein guter Zeitpunkt ist, eine Sache abzuschließen, um in dem Kreislauf den nächsten Schritt machen zu können. Wenn es darum geht, kann ich perfekt zwischen linker und rechter Gehirnhälfte, also von der Business-Seite zur künstlerischen Seite der Angelegenheiten umschalten. Ich bin dann meistens derjenige, der den anderen ins Gedächtnis ruft, dass wir dies oder jenes zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig haben sollten, um zum nächsten Schritt übergehen zu können.“

Dabei versuchen SHINEDOWN, auch ihre Musik frei von Erwartungshaltungen und Bewertungen entstehen zu lassen. „Wenn wir Songs schreiben, gibt es keine Grenzen und Tabus. Wir haben sehr großen Respekt für den jeweils anderen. Ich bin seit zwanzig Jahren für die Texte verantwortlich, aber ich lasse mich jederzeit gerne von den anderen inspirieren. Wenn wir zusammen Musik machen, ist das für uns immer ein ‚Safe Room‘. Das bedeutet für uns, dass es keine schlechten Ideen gibt. Das Gute, wenn wir miteinander in einem Raum sitzen, ist, dass man einfach nicht diesen Stress hat, unbedingt etwas Gutes haben zu müssen von Beginn an. Oft kommen wir mit ganzen Bootsladungen voller Ideen an und checken erst mal aus, was da ist. Manchmal summe ich auch irgendwas oder gehe die Voice-Memos durch, die ich über die Zeit gesammelt habe, wenn ich auf Tour oder im Hotel war. Es gibt bei uns kein Regelwerk, wie wir Songs machen. Das Schöne ist doch, dass man etwas aus dem Nichts erschafft. Man zieht Kreativität aus dem Nichts. Mein Sohn wurde schon mehrfach gefragt: ‚Was macht dein Dad beruflich?‘ Und mein Sohn ist sehr clever, also hat er geantwortet: ‚Mein Dad denkt sich Dinge aus.‘ Was ich neunzig Prozent der Zeit als Texter mache, ist über etwas zu schreiben, das mich innerlich beschäftigt, oder etwas, das ich kenne, oder Geschichten von Dingen und Leuten, die mir wichtig sind und die ich mag.“

Dabei zeigt sich Brent sehr dankbar für die Treue der Fans. „Unsere Fanbase geht seit so vielen Jahren aktiv auf uns zu, sie sind wirklich die besten! Diese Community macht mich wirklich sehr glücklich. Wenn diese Fans unsere Musik beschreiben müssten, würde sicherlich öfter das Wort ‚ehrlich‘ auftauchen. Wir beziehen unsere Ideen meist aus dem echten Leben. Manchmal ist es aber auch anders. Als wir zum Beispiel ‚Diamond eyes‘ für Silvester Stallone und den Film ‚The Expendables‘ machten, gab er uns zwar allen Freiraum, wollte aber, dass wir ein paar essenzielle Dinge einbeziehen. Wenn wir Songs schreiben, gibt es also keine Vorbehalte, es geht immer nur darum, kreativ zu sein.“ Diese schöpferische Freiheit hört man „Planet Zero“ an.