SID VICIOUS

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... is dead! Zum 40. Todestag „des“ Punks am 2.2.

„Sid shot dope and then got drunk / He did it his way ‚Punk‘ / He didn’t have a problem / Till he met that bloody cunt“, lautet die erste Strophe des Liedes „Sid Vicious was innocent“ von THE EXPLOITED, welches auf ihrem 1982er Album „Troops Of Tomorrow“ erschien. Bereits bei ihrem Debütalbum „Punks Not Dead“ fand sich auf dem Cover ein Verweis auf den Tod von Sid Vicious.

Auch andere Bands würdigten den ehemaligen SEX PISTOLS-Bassisten in Liedern, unter anderem THE RAMONES mit „Love kills“. Der 21-jährige Bubi des Punkrocks, der sich autodidaktisch anhand einer RAMONES-Platte innerhalb einer Nacht das Bassspielen beigebracht haben soll, und Nancy Spungen, das ehemalige Groupie der NEW YORK DOLLS, wurden zu Romeo und Julia des Punkrock verklärt, nicht zuletzt durch den schnulzigen Film „Sid & Nancy“ (1986), bei dem Alex Cox Regie führte. Wenn Nancy nicht gerade, wie im Falle von THE EXPLOITED, zur „cunt“ erklärt wurde, denn ihr wird immer wieder die Heroinabhängigkeit von Sid zur Last geleg. Im Gegensatz zum klassischen Liebespaar starben sie weder zusammen noch wurden sie nebeneinander begraben. Der Wunsch von Sids Mutter Anne Beverley, ihn neben Nancy zu beerdigen, scheiterte an Nancys Mutter, die später eine Biografie über ihre Tochter schrieb.

Der am 10. Mai 1957 als John Simon Ritchie im Londoner Stadtteil Lewisham geborene Coverboy des frühen Punk hat den 77er-Stil – sowohl in Bezug auf den Habitus als auch hinsichtlich der Mode – sicher entscheidend geprägt. Begonnen hatte er als großer David Bowie-Fan, was man ihm später nicht mehr unbedingt anmerkte. Auf ihn soll die Erfindung des Pogo, die Einführung der Kette mit Umhängeschloss um den Hals und auch die provokante Zurschaustellung des Hakenkreuzes im frühen Punk zurückzuführen sein.

Musikalisch hat er ja nicht viel beigetragen, obwohl sich seine „Karriere“ wie das Who’s Who des frühen Punk liest: Schlagzeuger bei SIOUXSIE AND THE BANSHEES, kurzes Intermezzo als Sänger und Saxophonist bei den FLOWERS OF ROMANCE, aus denen THE SLITS hervorgingen. Zeitweilig war er auch als Sänger für THE DAMNED im Gespräch gewesen. Dann löste er Glen Matlock bei den SEX PISTOLS als Bassist ab, um nach der Auflösung der Band noch eine Solokarriere mit der Band VICIOUS WHITE KIDS zu versuchen, bei deren einzigem Konzert er auch seine bekannte Version von Frank Sinatras „My way“ einspielte. Letzteres dürfte bis heute das bekannteste Stück von ihm sein – obwohl es sich lediglich um ein schräg eingesungenes Cover des Sinatra-Hits handelt. Zu der Band gehörte unter anderem Glen Matlock am Bass, den man einst wegen seiner angeblichen Vorliebe für THE BEATLES bei den SEX PISTOLS rausgeworfen hatte.

Vielleicht hatte deren Sänger John Lydon recht, als er anmerkte, dass Sid auf der Bühne lediglich ein Kleiderständer sei. Zum Teil wird kolportiert, dass Sids Bass bei Konzerten nicht mal eingestöpselt gewesen sei, was bei seinem Zustand auch niemanden verwundern würde. Er hatte aber jenen Habitus, der ihn zu einem Mythos machte, und auch sein früher Tod trug dazu bei. Wie sangen bereits THE ADVERTS: „It’s no time to be 21 / To be anyone“. Dieser Habitus machte ihn zum Punk schlechthin, auch wenn der heutigen Szene dieser Stil mittlerweile eher befremdlich vorkommt.

Im Oktober 1978 wurde Nancy Spungen in einem Hotelzimmer im legendären New Yorker Chelsea Hotel, welches von Leonard Cohen besungen und von Dee Dee Ramone in „Chelsea Horror Hotel“ literarisch verewigt wurde, ermordet aufgefunden. Als Haupttatverdächtiger galt Sid Vicious, der sich am 2. Februar 1979 selber einen goldenen Schuss setzte. Seine Drogenabhängigkeit hatte er bereits öffentlich vielfach zur Schau gestellt, etwa mit den auf seinen nackten Oberkörper geschriebenen Wörtern: „Gimme a fix“.

Seine Drogenkarriere hatte aber bereits früher begonnen, vorbelastet durch seine Hippie-Mutter, die ihn schon frühzeitig mit (leichten) Drogen versorgte. Über Nancy, die in Gefolgschaft der Heroin-affinen NEW YORK DOLLS auch zum Junkie geworden war, kam er mit dieser Droge in Verbindung – und wurde das erste prominente Opfer aus den Reihen des Punkrock. Mittlerweile wurde er gar aufgenommen in die Rock and Roll Hall of Fame ... „‚Vicious is a murderer!‘ Sid will never die“!