SONS

Foto© by Daniil Lavrovski

Song to change the world

Triggerwarnung: Homophobie, Mord. Mit Gitarrist Arno von der belgischen Band SONS sprechen wir über das neue Album, vor allem aber über den Song „L.O.V.E.“ – der entstanden ist, nachdem ein schwuler Mann an einem Ort ermordet wurde, an dem die Bandmitglieder aufgewachsen sind.

Sweet Boy“ ist eine Coming-of-Age-Platte – was genau bedeutet das für euch? Geht es um euren Sound oder die Texte oder euer persönliches Leben oder alles zusammen?

Wahrscheinlich alles zusammen. Wir haben das Album nicht geplant, um dieses Thema zu verarbeiten. Wir beginnen immer mit dem Schreiben der Musik und später nehmen die Texte in Form von Melodien und Worten Gestalt an. Später im Prozess entdecken wir dann die verschiedenen Inhalte und arbeiten daran, sie zu entwickeln. Wir haben uns Zeit genommen und ausführlich darüber gesprochen, wie wir das Album gestalten wollen. Die letzten Jahre waren, gelinde gesagt, seltsam, mit der Politik, den globalen Unruhen, dem Klima und so weiter. Das hatte einen großen Einfluss auf unser persönliches Leben, auf die Menschen um uns herum und auf die Community, in der wir leben. Wir haben gemerkt, dass es uns schwer fällt, uns anzupassen und den gesellschaftlichen Normen gerecht zu werden.

Habt ihr das Gefühl, dass ihr nur einmal in eurer Musikerkarriere eine Platte wie diese schreiben könnt? Werden die nächsten Platten „erwachsener“ sein?
Das würde davon abhängen, wie schnell wir das dritte Album fertig bekommen, haha. Ich denke, da ist eine Phase in unserem Leben und etwas, mit dem wir uns gerade auseinandersetzen. Ich hoffe, dass wir nie ganz „erwachsen“ werden. Aber selbst dann werden wir in unseren Köpfen immer die gleichen Teenager-Punk-Skater-Kids bleiben.

Lasst uns über den Song „L.O.V.E.“ sprechen – könnt ihr erklären, welche Ereignisse euch dazu gebracht haben, diesen Song zu schreiben?
„L.O.V.E.“ hatte noch keinen Text, als wir anfingen, unser zweites Album aufzunehmen. Und eines Tages wachten wir im Studio auf und bekamen eine Menge Textnachrichten und News-Meldungen über einen homophoben Vorfall. Zwei Teenager hatten in der Stadt, in der wir aufgewachsen waren, einen Mann mittleren Alters getötet. Wir waren völlig am Boden zerstört, sowohl wegen der Brutalität als auch wegen der Tatsache, dass dies in unserer eigenen Gemeinde geschah. Wir alle kannten den Ort und haben als Kinder dort gespielten. Spät in der Nacht begannen wir zu schreiben und die Worte sprudelten nur so aus uns heraus.

Fühlt es sich nicht unwirklich an, dass so etwas an einem Ort passiert, zu dem ihr so eine enge Verbindung habt?
Um ehrlich zu sein, dachten wir, dass so etwas in unserem eigenen Umfeld niemals passieren könnte, dass so etwas der Vergangenheit angehören würde. Wir waren so schockiert und zutiefst traurig, dass dieses Verhalten und Hassverbrechen gegen LGBTQ+ in unserer Gesellschaft immer noch existieren. Der Ort, an dem dies geschah, ist ein Kinderspielplatz in einem Park, es wird für uns nie wieder so sein wie früher.

Warum hattet ihr das Gefühl, dass ihr einen Song über dieses Ereignis schreiben musstest? Es geht euch ja um das Erwachsenwerden – hat dieses Ereignis etwas verändert? Hat es die Unschuld der Jugend getrübt, weil es an diesem besonderen Ort passiert ist?
Ganz genau. Es hat die Art und Weise verändert, wie wir unsere eigene Umgebung, unsere eigene Nachbarschaft betrachten. Es hat die unschuldigen Erinnerungen, die wir an unsere eigene Kindheit haben, befleckt, aber nicht nur das, es hat auch das Verhalten der Kinder und ihrer Eltern verändert.

Glaubst du, dass Lieder die Welt zu einem besseren Ort machen können? Können Songs wie „L.O.V.E.“ – oder jedes andere Stück – tatsächlich etwas verändern?
Ich glaube, dass Musik die Macht hat, Menschen zusammenzubringen. Gemeinsam zu singen, zu tanzen und Musik zu hören ist ein sehr starkes Gefühl, das viele Emotionen hervorrufen kann. Es ist in der Lage, die Gedanken und das Verhalten der Menschen zu verändern. Ich hoffe, dass wir etwas verändern können, auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist. Wenn auch nur ein einziger junger Mann während eines Konzerts mit uns „Love!“ schreit, ist unsere Arbeit getan.