TOMMY AND THE ROCKETS

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Nicht gerade Raketenwissenschaft

Die Redensart „der Name ist Programm“ führt im Fall der dänischen Band TOMMY AND THE ROCKETS gleich doppelt in die Irre. Denn erstens handelt es sich um eine klassische Ein-Mann-Band und zweitens hat das Ganze wenig mit Raketenwissenschaft zu tun. Vielmehr bietet Mastermind Thomas Stubgaard aus Odense bodenständigen Bubblegum-Pop-Punk’n’Roll mit hoher Hitdichte und einer perfekten Kombination aus BEACH BOYS und RAMONES. Vor wenigen Wochen ist mit „Scandinavian Flavor“ erschienen, ein Split-Album mit PSYCHOTIC YOUTH. Wir sprachen mit Tommy über die Vor- und Nachteile eines Soloprojekts und natürlich über seine Liebe zu den RAMONES.

Seit wann gibt es die Band?

Die Band ist seit Anfang 2016 aktiv, das erste Album „Beer And Fun And Rock ’n’ Roll“ erschien am 23. April 2016. Das war genau am vierzigsten Geburtstag des ersten RAMONES-Albums. Das RAMONES-Album hat somit am selben Tag wie meines das Licht der Welt erblickt. Wenn wir hier von Band sprechen, muss ich gestehen, dass es im Grunde genommen eine Ein-Mann-Band ist. Die Frage nach Bandmitgliedern wird regelmäßig gestellt, da die meisten Leute denken, dass es sich um eine komplette Band handelt. Im Wesentlichen nehme ich in meinem eigenen kleinen Studio die Songs zumeist im Alleingang auf. Ich habe lediglich eine Handvoll Gastmusiker, die mich bei Bedarf unterstützen.

Das ist dann wohl auch der Grund dafür, dass du uns kein herkömmliches Bandfoto zur Verfügung stellen konntest.
Richtig. Das Foto, das ich für das Interview rausgesucht habe, ist im Rahmen meiner Hochzeit entstanden. Ich hatte das Vergnügen, in einem lokalen Plattenladen heiraten zu können. Ich hatte schon immer ein freundschaftliches Verhältnis zu dem Ladenbesitzer, er hat 2016 auch meine „Here Comes Summer“-7“ auf seinem Label 1st Time Records rausgebracht. Meine Frau und ich wollten keine traditionelle Hochzeit feiern, also gab es eine Überraschungsparty im Plattenladen. Mit dieser Hochzeit haben wir es sogar in die dänischen Tageszeitungen geschafft. Es gab sogar Presseartikel in Norwegen, weil meine Frau von dort stammt. Über die Zeitung haben auch meine Eltern und der Rest der Familie von der Hochzeit erfahren, sie wussten vorher nicht Bescheid. Meine Mutter lag mir übrigens ständig in den Ohren, dass wir endlich heiraten sollen. Sie ging sogar so weit, mir 5.000 Dänische Kronen zu versprechen, wenn ich heiraten würde. Das sind ungefähr 675 Euro. Ich habe es natürlich abgelehnt, für Geld zu heiraten. Wir wollten sowieso heiraten, auch zur Absicherung unserer gemeinsamen Kinder. Die Geschichte habe ich dem Reporter erzählt. Er hat das dann auch in den Zeitungsbericht gebracht, so dass jetzt jede Menge Leute wissen, dass mir meine Mutter noch 675 Euro schuldet, haha.

Was sind die Vor- und Nachteile, eine Ein-Mann-Band zu sein?
Für mich hat es vor allem Vorteile. Ich bin introvertiert und eher ein Einzelgänger, zudem stottere ich, was das Zusammensein mit anderen Menschen auch nicht einfacher macht. Wenn ich zu Hause alleine aufnehme, habe ich alle Zeit der Welt, habe keinen Druck und keine Deadlines.

Du singst und spielst alle Instrumente selbst ein, nur ab und zu holst du dir Unterstützung an den Drums.
Richtig. Wenn ich mir Hilfe hole, dann meist bei den Drums. Ich spiele zwar selbst Schlagzeug und habe sogar auf meinem RAMONES-Cover-Album „I Wanna Be Covered“ und bei einigen anderen Songs alle Drums selbst eingespielt. Manchmal verlangen die Stücke aber nach einem anderen Groove oder einem anderen Gefühl, was ich dann nicht hinkriege, und dann ist es einfach klasse, mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten. Ich habe auch schon Schlagzeug in anderen Bands gespielt, beispielsweise bei THE HITCHCOCKS. Für mein aktuelles Split-Album mit PSYCHOTIC YOUTH habe ich bei Mike von den DEECRACKS angefragt, ob er die Drums übernimmt, und glücklicherweise hat er sofort zugesagt. Er ist ein super Typ und total unkompliziert in der Zusammenarbeit.

Und wie sieht es mit der Möglichkeit aus, Live-Shows zu spielen? Oder ist es lediglich ein Studioprojekt?
Ich würde auf jeden Fall total gerne mit Begleitband auf Tour gehen, im Moment konzentriere ich mich aber darauf, das nächste Album einzuspielen. Danach wird es mir dann aber hoffentlich gelingen, eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen und auf Tour zu gehen.

Ist es als Ein-Mann-Band einfacher, durch die Pandemie zu kommen? Und hast du die letzten Monate umfangreich genutzt, um neue Songs zu schreiben und aufzunehmen?
Wir haben drei Kinder, im Alter von elf, acht und drei Jahren. Und die waren Pandemie-bedingt rund um die Uhr zu Hause, was es total erschwert hat, Songs aufzunehmen. Ich hatte mir diesbezüglich für die vergangenen Monate enorm viel vorgenommen, hänge aber aufgrund der aktuellen Situation total hinter meinen Plänen zurück. Aber egal, ich habe ja keinen Zeitdruck. Ich habe aber auf jeden Fall genug neues Material für zwei komplette Alben in der Pipeline.

Hört man deine Songs, kannst du mit Sicherheit nicht verleugnen, dass die RAMONES und die BEACH BOYS wichtige Einflüsse für dich sind. Gibt es weitere Inspirationen?
Es ist keine einfache Sache, hier meine Einflüsse aufzuzählen, weil mein Musikgeschmack eine enorme Bandbreite hat, die reicht von Radio-Pop bis Metal. Natürlich liebe ich die RAMONES und die BEACH BOYS. Jeder, der über ein bisschen musikalischen Verstand verfügt, liebt diese Bands. Beide sind Blaupausen für Rock’n’Roll und Punk. Zu meinen Favoriten der letzten Jahre zählen aber auch MASKED INTRUDER mit ihrem dritten Album, das neue Soloalbum von Billie Joe Armstrong von GREEN DAY, Geoff Palmers tolles Werk „Pulling Out All The Stops“ sowie das aktuelle Album „For Those About To Pop“ von den YUM YUMS. Diese kleine Liste könnte ich noch um einige Positionen ergänzen. Angeblich soll in diesem Jahr noch ein Album von einem Burschen mit dem Namen Trevor Treiber rauskommen. Er hat in letzter Zeit einige Songs auf YouTube eingestellt. Die gehören zu den besten Sachen, die ich in den ganzen letzten Jahren gehört habe. Dieses Album kann ich kaum erwarten.

Du hast jede Menge Coversongs im Programm. Was muss ein Stück haben, damit du es nachspielst?
In den letzten Jahren sind bei meinen Aufnahmen schon jede Menge Coverversionen zusammengekommen. Um ehrlich zu sein, war das nie mein Plan, als ich angefangen habe. Das hat sich einfach so ergeben. Bei der Songauswahl muss zunächst einmal gewährleistet sein, dass ich diesen Track auch singen kann, da ich in meinem Stimmumfang schon limitiert bin. Ich bin nicht in der Lage, abgedrehte schwierige Gesangseinlagen zu liefern. Deshalb neige ich schon dazu, Songs auszusuchen, die nicht zu schwierig zu singen sind. Und natürlich suche ich Titel aus, die super eingängig sind.

Bei deinem RAMONES-Coveralbum fällt auf, dass du nicht die ganz großen Hits und sogar einige eher unbekannte Songs ausgewählt hast.
Das war etwas, das ich schon lange machen wollte. Die RAMONES waren schon immer meine absoluten Favoriten. Auch wenn ich zugeben muss, dass eigentlich ausnahmslos alle Songs auf den ersten vier oder fünf RAMONES-Alben großartig sind, bin ich doch auch ein großer Fan der weniger bekannten Sachen. Die meisten großen Hits der Band sind schon von Millionen Bands gecovert worden, die wären für das Coveralbum dann doch zu offensichtlich gewesen. Ich hatte schon das Gefühl und den Anspruch, es anders machen zu müssen. Ich habe sogar noch vier weitere Stücke aufgenommen, die aber bis heute nicht vollendet sind. Vielleicht bringe ich die irgendwann in Zukunft mal als Bonus raus.

Du bringst deine Songs auch immer auf Vinyl raus und veröffentlichst sogar noch regelmäßig 7“s. Das ist heute ja nicht unbedingt mehr der Standard.
Ehrlich, ich liebe Vinyl. Ich sammle Platten seit meiner Jugend. Ich mag zwar auch CDs, aber meine Vinyl-Leidenschaft können sie nicht ersetzen. Und ja, ich liebe das 7“-Format. Ich glaube, ich habe in meiner Sammlung sogar mehr Singles als LPs.

Kannst du erklären, warum es so viele gute skandinavische Bands im Bereich des fröhlichen, sonnigen Surf-Pop-Punk gibt?
Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es ja daran, dass wir neun lange Monate im Jahr sehr bescheidenes Wetter haben und wir uns deshalb nach Sonne und guter Laune sehnen.

Welche Pläne und Wünsche hast du für die Zukunft der Band?
Ich würde natürlich gerne haufenweise Platten verkaufen, so dass ich endlich in der Lage wäre, mir den alten Camaro zu kaufen, von dem ich schon lange träume, haha.