UNITY WORLDWIDE RECORDS

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Deutsch-amerikanische Freundschaft

2017 gründeten der Leipziger „Billy“ Sven Günther und der Ex-IGNITE Gitarrist Joe Foster das amerikanisch-deutsche Label Unity Worldwide. Im Interview erzählen beide von der Entstehungsgeschichte, von ihren Punkrock-Supergroups und Neuentdeckungen. Neben ihrer Vorliebe für melodischen Oldschool-Orange-County- und DC-Hardcore eines wird ganz besonders deutlich – ihre tiefe freundschaftliche Verbundenheit.

Wie und wann habt ihr euch das erste Mal getroffen und seid Freunde geworden?

Joe:
Das ist eine lustige Geschichte, ich glaube, es war auf der zweiten IGNITE-Tour in Europa und ich fing an, diesen Kerl überall zu sehen, hatte aber nicht mit ihm gesprochen. Nach einer Show haben wir uns draußen unterhalten und er sagte, dass er die ganze Zeit in unserem Bus als Tourbegleiter mitgefahren ist, haha.

Billy, du stammst aus der DDR, wie kamst du so schnell mit US-Bands in Kontakt?

Billy:
Kurz vor der Wende waren YOUTH OF TODAY im Westen auf Tour und durch einen späteren Mitarbeiter des Conne Island Clubs in Leipzig konnten wir hin. Seine Eltern waren Mitarbeiter in der Botschaft oder des Konsulats und die mussten zufällig an diesem Tag in den Westen. 1992 bin ich so richtig im Conne Island eingestiegen, und ich war einer, der Englisch sprechen konnte. So lernte ich die Bands kennen und freundete mich mit einigen an, was auch daran lag, dass sehr viele Bands bei mir in der Wohnung unterkamen, wenn sie auf Tour waren oder einen Day Off hatten. Auf der von Joe angesprochenen IGNITE-Tour hatte ich anfangs nur mit Brett und Zoli zu tun, doch Joe und ich wurden dann auch Freunde.

Gab es einen konkreten Anlass oder Startschuss für das Label?

Billy:
Ja. 2016 hatte ich aus Anlass von 25 Jahren Conne Island zusammen mit Revelation Records die SICK OF IT ALL- und GORILLA BISCUITS-Nachpressungen gemacht – mein erster Berührungspunkt zu Plattenproduktionen. Im Februar 2016 starb Jon Bunch, der Sänger von SENSE FIELD. Für seinen Sohn haben wir eine Spendenaktion gestartet und an der Ost- und der Westküste der USA gab es Benefizshows. An einem Abend waren wir mit unseren Familien zusammen essen und für uns war klar, dass eine neue Band gegründet werden musste. Das wurden LASTLIGHT, mit Leuten von UNITY, BLOOD DAYS und OUTSPOKEN. Ich hatte ihnen zu der Zeit immer wieder die erste Single von TAUSEND LÖWEN UNTER FEINDEN vorgespielt – sie waren begeistert, dass eine deutsche Hardcore-Band auf Deutsch sang, sie haben sowieso nie verstanden, wieso fast alle anderen auf Englisch singen. Es wurde dann eine Split-Single von LASTLIGHT und TLUF eingespielt, die war komplett fertig und alles lag bei Let It Burn Records. Dann kam 2017 die Mitteilung, dass sie keine Musik mehr rausbringen, und die Bands standen ohne Label da. Ich habe mit Joe telefoniert und mit meiner Frau wegen Startkapital gesprochen. Als Partner haben wir dann die 7“ rausgebracht. Das Label dafür wurde mit Sitz in den USA und eben zwei Offices gegründet – er in Amerika, ich hier. Für uns war aber klar, dass es eine einmalige Sache wird. Dann hat mich allerdings der Manager von DOWN BY LAW-Sänger Dave Smalley angerufen, der damals für die genannte Eastcoast-Benefiz-Show zuständig war. Daves Band DON’T SLEEP wollte auf den Markt und erst mal auch etwas Exklusives herausbringen, sie hatten die Split-7“ von LASTLIGHT und den Tausend Löwen gesehen. Außerdem gab es bei uns den „Link“ zu Coretex Records. Joe und ich entschieden, dass dies wirklich eine einmalige Sache werden würde. Und dann wurde es im Ergebnis doch mehr. Jeder macht heute das, was er besonders gut kann. Joe kann mit dem PC umgehen, ist richtig gut in Artwork und Layout, ich kann mit den Leuten reden, mit Zahlen umgehen und Verträge aufsetzen. Der Startschuss war eigentlich die Geschichte mit Let It Burn im Mai 2017.

Joe: Die Sache mit Dave und DON’T SLEEP war tatsächlich zu 100% Billy. Ich glaube nicht, dass ich in den letzten 15 Jahren überhaupt mit Dave gesprochen habe, also war das ein großartiger Auftakt für unser Label. Billy war von Anfang an die Verbindung für so ziemlich jede amerikanische Hardcore-Band in Europa und ich denke, wir beide wollten schon immer etwas zusammen machen. Wir wollten dazu beitragen, europäische Bands in Amerika voranzubringen und umgekehrt. Wir haben uns einen Namen ausgedacht, der uns beiden etwas bedeutet, und losgelegt. Wir beide lieben einen speziellen DC- und Orange County-Sound von Hardcore.

Was gibt es für eine Verbindung zu Coretex?

Billy:
Ich kenne die seit Anfang der Neunziger. Wir sind sehr eng befreundet, Andy ist zum Beispiel Patenonkel meiner Tochter. Durch die freundschaftliche und familiäre Verbindung vertrauen wir uns natürlich zu 100%, und wenn wir etwas machen, hat es wirklich Hand und Fuß.

UWW stand immer für Vinyl zuzüglich Download-Code. Seit drei Veröffentlichungen kommen CD-Versionen eurer Scheiben bei Swell Creek Records raus. Ist das eine längerfristige Zusammenarbeit?

Billy:
Das hängt erst mal von den Bands ab. DON’T SLEEP wollten nur Vinyl, keine CD und keine digitale Version außer auf Bandcamp, die aber eingestellt wurde. WINDS OF PROMISE hatten eine CD kategorisch abgelehnt. Bei TAUSEND LÖWEN UNTER FEINDEN war aber klar, dass die neue Platte auch auf CD veröffentlicht wird. Durch die Jungs von MIOZÄN kam der Kontakt zu Bauke von Swell Creek zustande und wir haben ihnen die Rechte an CD und Digital gegeben. Ich mag Bauke und finde auch cool, was Swell Creek macht. Wir selbst wollen aber keine CDs rausbringen. Aber alles, was den Bands hilft, ein breiteres Publikum zu bekommen, ist gut, wenn es die Band will. Wir haben auf keiner Band die Hand drauf – ganz im Gegenteil, wir stellen die Kontakte her. Es war völlig okay, als DON’T SLEEP zu Victory Records gegangen sind – wenn ein Hörer sich den Backkatolog anschaut, findet er auch unser Label und das ist ja dann keine schlechte Werbung.

Ums Geldverdienen geht es euch nicht großartig, oder? Die Gewinne durch die LP von WINDS OF PROMISE gingen alle an eine Multiple-Sklerose-Stiftung.

Billy:
Unser Anspruch ist, qualitativ hochwertige Musik zu einem vernünftigen Preis zu veröffentlichen. Wenn man Platten für über 20 Euro sieht, überlegt man sich genau, ob man sie kauft – das ist horrend. Wenn du eine LP im Mailorder aber für 14 Euro siehst, kaufst du auch eher eine von einer Band, die du eventuell noch nicht so kennst. Gewinn gibt es am Ende nirgends, wir haben zum Beispiel die Erlöse mit der BATTERY-7“, die exklusiv auf dem Konzert im Conne Island verkauft wurde, an ein Kinderhospiz in Leipzig gespendet.

Viele alte Freunde sind auf eurem Label. Haltet ihr auch gezielt nach jungen Bands Ausschau?

Billy:
Wir schauen immer. Wir schicken uns das dann gegenseitig zu und sprechen drüber.

Und was war mit TUNING aus der Bay Area?

Joe:
Sie hatten unseren Freunden bei Coretex Records ein Demotape geschickt und die mochten es. Also haben sie es sofort an uns weitergeleitet. Coretex Records war für die Entwicklung unseres Labels unerlässlich. Sie sind die besten Jungs und arbeiten sich für die Szene den Arsch ab.

Mit NATIONS AFIRE, mit Leuten von IGNITE, RISE AGAINST oder DEATH BY STEREO, habt ihr neben WINDS OF PROMISE wieder eine Punkrock-Supergroup am Start.

Billy:
Die Leute kenne ich alle seit Ewigkeiten. Die kamen auf uns zu, weil sie Vinyl machen wollten. Wir haben LASTLIGHT im Rahmen einer Split-7“ mit dazu gepackt – die Herstellungskosten wären ohnehin die gleichen gewesen. Und so entstand diese schöne Platte von lauter Leuten, die sich schon ewig kennen.

Meiner Meinung nach ist das Markenzeichen von UWW dieser spezifische Orange County- und DC-Oldschool-Sound. Auch deine Band WINDS OF PROMISE klingt so, Joe. Hiervon weichen nur TAUSEND LÖWEN UNTER FEINDEN und die Nachpressung der ersten BATTERY-LP ab.

Billy:
Wir wollten unserem Label einen Stempel aufdrücken. Tausend Löwen passen meiner Meinung nach aber auch zu uns, selbst wenn sie mehr Metal drin haben. Außerdem sind sie Familie – auch wenn sie Folk oder Country machen würden, würden wir sie rausbringen. Die BATTERY-Sachen sprechen uns ebenso an, außerdem sind unsere Familien seit Urzeiten eng befreundet.

Joe: Das ist das, mit dem ich aufgewachsen bin, mit den frühen Dischord-Platten, den Melodien von frühem Orange County-Punkbands wie MIA oder ADOLESCENTS. Wir wollen, dass die Leute und im Voraus wissen, wie es klingt, wenn sie eine UWW-Platte kaufen. In der Regel entweder wie eine Mischung aus Orange County und DC oder exklusiv das eine oder andere. Irgendwie wie in den alten Tagen, als man unbesehen eine Platte von Dischord oder Revelation Records kaufen konnte und wusste, dass es einem gefallen würde.