VALUES HERE

Foto© by Bernard J. Hunt

Überzeugungstäter

Mit VALUES HERE hat John „Porcell“ Porcelly, den die meisten von seiner Arbeit mit SHELTER, JUDGE oder YOUTH OF TODAY kennen, ein neues Projekt am Start. Frontfrau des Ganzen ist die Spanierin Chui Kanela. Wir sprechen mit beiden über ihr Debütalbum „Take Your Time, I’ll Be Waiting“ – auch wenn die meiste Zeit Porcell redet.

Erzähl uns bitte etwas über die Gründung von VALUES HERE.
Porcell:
Das war Schicksal. Ich habe Chui zufällig bei einem Shelter-Konzert in Barcelona kennen gelernt. Sie kam nach der Show zu mir. Sie war mit einem Freund dort. Ihr Kumpel war ein wirklich großer YOUTH OF TODAY-Fan. Er sprach nicht so gut Englisch und Chui übersetzte für ihn. Wir haben nur ein bisschen rumgealbert. Und ich sagte: „Ja, wir sollten eine Band gründen.“ Und sie sagte: „Ja, du bist doch einer meiner Lieblingsgitarristen. Wir müssen eine Band gründen!“. Wir unterhielten uns ein paar Minuten. Chui war sehr hartnäckig. Ich sagte: „Gib mir deine E-Mail-Adresse. Ich habe ein paar Ideen. Chui schickte mir ein paar Spuren, auf denen sie sang. Und ich war sehr beeindruckt. Ich dachte: Wow, dieses Mädchen kann wirklich singen. Obwohl ich es nicht wirklich ernst meinte, setzte sich irgendwie in meinem Hinterkopf die Gewissheit fest, würde dieses Mädchen jemals eine Band gründen, es wäre eine wirklich gute Band. Und dann, fast direkt nach dieser Tour, ging ich nach Indien und blieb dort für ungefähr zwei Monate. Und als ich aus Indien zurückkam, begann die Pandemie. Das war’s. Ich bin Yogalehrer, also habe ich mein ganzes Jahr damit verbracht, Yoga zu unterrichten. Ich reiste, machte Retreats, unterrichtete, reiste zu all diesen verschiedenen Yogastudios und es war so irre, eins nach dem anderen, mein ganzes Jahr wurde abgesagt. Ich war komplett in meiner Wohnung eingesperrt, hatte keine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Und ich hatte sehr viel Zeit. Was sollte ich tun? Chui sagte zu mir: „Hey, ich kann dir beweisen, dass ich eine gute Sängerin bin. Schick mir ein paar Tracks.“ Und dann ist es einfach passiert. Es war lustig, weil wir jetzt bei uns Tim von BOLD bei uns haben, der Bass spielt. Und ich habe erst gestern mit ihm darüber gesprochen, wie seltsam es war, weil ich für Bold einen Haufen Songs geschrieben hatte. BOLD hatten ein ganz anderes Album geplant. Es ist nie erschienen, aber ich habe ein paar Songs für sie geschrieben. Und einer der Songs, die ich für BOLD geschrieben hatte, war „Will be tomorrow“, unsere erste Single. Es war im Grunde dasselbe. Ich hatte die Musik als Demo auf einer Festplatte. Und ich dachte, weißt du was? Dieses Mädchen könnte die passende Sängerin dafür sein, ich schicke es ihr. Chui ist so zielstrebig, dass zwei Tage, 48 Stunden später der fertige Track zurückkommt. Mit dem geschriebenen Text, dem gesungenen Lied, den Melodien und allen Harmonien. Ich hörte es mir an und dachte: „Das ist großartig! Also schickte ich ihr den anderen Track, den ich für BOLD geschrieben hatte, und der wurde „Bring me the PMA“. Der dritte wurde der Tierrechtssong „Earthlings“. Wir haben sehr lange an der Musik gearbeitet. Wir haben ungefähr ein Jahr gebraucht, um alle Songs zu schreiben. Wir arbeiteten zusammen, ich schrieb die Lieder und schickte sie ihr. Insgesamt lief es ganz gut, auch wenn es lange gedauert hat, weil wir wegen der Pandemie nicht wie sonst mit vier Leuten in einem Proberaum an den Songs arbeiten konnten. Aber so hat sich die Band zusammengefunden.

Chui, wie war die Erfahrung für dich?
Chui: Wir haben viele Lieder geschrieben. Wir hatten bestimmt zwanzig oder mehr. Dann mussten wir die besten auswählen. Aber wir haben viel gearbeitet. Und dann war der Aufnahmeprozess nichts. Denn am Anfang haben wir das Demo mit dem Schlagzeug in GarageBand aufgenommen. Aber dann hat ein Schlagzeuger, ein Freund von mir, weil wir in der Pandemie waren, konnten wir nichts machen. Du warst also in Barcelona in deinem Haus eingesperrt. Ich meine, wir konnten nicht in ein Aufnahmestudio gehen. Wir mussten es zu Hause machen. Dann kam ein Freund von mir und wir nahmen dort das Schlagzeug auf, aber es klang nicht so gut. Also mussten wir es nochmal machen und noch mal und noch mal.

Wie liefen dann die finalen Aufnahmen?
Porcell: Nach monatelangem Hin und Her rief ich meinen alten Freund Tom Soares an, der schon bei JUDGE „Bringing It Down“ produziert hatte. Er hat auch „Best Wishes“ von den CRO-MAGS aufgenommen, die ­LEEWAY-Platte, eine Reihe von IGNITE – und SICK OF IT ALL-Scheiben. Begonnen hat er tatsächlich mit Pop-Sachen. Eine seiner ersten war eine Platte von NEW KIDS ON THE BLOCK und er arbeite mit Marky Mark. Also bereits am Anfang seiner Karriere hatte er diese riesigen Hit-Platten. Aber dann kam er irgendwie zum Hardcore und machte eine Art Karriere mit klassischen Hardcore-Platten. Ich war damals sehr gut mit ihm befreundet und wir hatten eine tolle Arbeitsbeziehung bei JUDGE und SHELTER. Er bekam einen Job im Electric Lady Studio. Jimi Hendrix hat da aufgenommen, die ROLLING STONES. Er hat dort in den folgenden Jahren die ganze große Popmusik gemacht. Ich rief ihn also an und dachte nur, das wird er nie machen. Der Typ ist der größte Produzent der Welt. Aber er ist ein Freund von mir, der schon lange im Geschäft ist! „Hey Tom, erinnerst du dich an mich?“ Er sagte: „Oh mein Gott, wie geht es dir, mein alter Freund!“ Und so haben wir eine Stunde lang telefoniert, wir haben uns einfach gut verstanden, wir haben lange geredet, nicht einmal über die Band. Und ich sagte: „Also, ich rufe dich an, weil ich bei dieser neuen Band bin. Wir haben eine tolle Sängerin. Ich glaube, die Band hat viel Potenzial, aber wir kriegen einfach keine gute Aufnahme hin. Kannst du die Platte aufnehmen?“ Und er sagte: „Natürlich nehme ich die Platte auf.“ Das war also unser erster großer Durchbruch, die Mitwirkung von Tom Soares an der Platte, und ohne ihn hätten wir sie wahrscheinlich nie fertig bekommen. Sie wäre definitiv nicht so gut geworden, wie sie ist, ohne ihn. Er war wirklich mit Herz und Seele bei der Sache und wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet.