VOICE

Foto© by Ronald Matthes

Nennen wir es ruhig Oi!

Ende 1983 gründete sich die Berliner Oi!-Band THE VOICE und 1985 erschien die erste Single „Teenage Nightmare“, da war man noch zu sechst. Doch das Line-up hatte nicht lange Bestand, so dass THE VOICE schließlich als Trio weitermachten.

Nach zwei viel beachteten Alben – 1988 „They’ll Never Find The Maniac“ und 1989 „Reflected Image“ – wurde es recht still um sie. Es gab noch eine Reunion, so dass das Linzer Label DSS Records 2005 eine Best-Of-Compilation veröffentlichte und im Folgejahr sogar ein neues Album namens „Album Plus“. Ich sitze mit Sänger und Gitarrist Uwe Quicker und Drummer Teddy beim Inder gegenüber von CoreTex Records und wir rollen das Vergangene noch einmal auf.

Was war die Initialzündung zur Band?
Uwe: Ich war vorher in einer anderen Band, die REIZSTOFF CS hieß. Wir spielten deutschen Punk mit DAF-Einschlag und als sich das auflöste, wollte ich weiter Musik machen. So fand ich schnell eine Crew und es war klar, dass es in die Ska- und Punk-Richtung gehen sollte. Nennen wir es ruhig Oi!. Wir hatten noch Keyboard und Posaune dabei, so dass die Besetzung als Sixpack startete.

Der Dritte in der Band war ja der „Gatte“. Was macht er heute, ist er noch mit an Bord?
Uwe: Nee, der ist nicht mehr dabei. Er hatte sich damals, nach der Auflösung, nicht mehr fürs Musikmachen interessiert, während Teddy und ich etwas Neues machten. Deshalb wurde er auch bei der Reunion 2006 nicht mehr bedacht. Aber wir haben noch Kontakt zu ihm und sehen uns ab und an.

Damals gab es in Deutschland außer DIE ALLIIERTEN, SPRINGTOIFEL, VANDALEN und eben euch praktisch keine Oi!-Band, die nicht rechtslastig war. Warum war das so?
Uwe: Haha. Keine Ahnung, da müsstest du die anderen Bands fragen, wir wissen es nicht, warum die rechtslastig waren. Wir waren es nicht.

Schon der erste Song eurer Debüt-LP handelte von Randalierern, die eure Gigs in Klump hauen wollten. Du sagtest mir mal, dass nicht klar war, ob nun die Antifa oder Nazis auftauchen würden ... Kam die SHARP-Bewegung 1989/90 für euch gewissermaßen zu spät?
Uwe: Das hatte damit nichts zu tun, die SHARPs hatten sich ja etwas anderes auf die Fahne geschrieben als beispielsweise die Antifa.

Aber bei den SHARP-Skins waren ja auch ehemalige Rechte dabei ...
Teddy: Das war so eine Art der Etikette, dass man keine aufs Maul kriegt und schön locker durchs Leben kommt.

Wurde Skin zu sein euch irgendwann zu nervig, weil die Berliner Polizei euch per se als Übeltäter ausmachte?
Uwe: Nö. Das war der Zeit einfach angemessen, dass es sich quasi ausgespielt hatte. Aber es gab ja aufgrund der Klamotten nicht nur mit der Polizei Probleme, auch bei anderen sozialen Kontakten hat man sich damit ja selbst Steine in den Weg gelegt. Auch in Discotheken reinzukommen, wurde einem als Skin öfter verwehrt. Dabei wollten wir dort nur Spaß haben, tanzen und irgendwelche Mädels kennen lernen. Aber aufgrund der Repressalien legten wir unsere Klamotten nicht ab, irgendwann war es einfach gut, der Zeitgeist änderte sich auch für uns. Wir waren sowieso nie eine reine Skin-Band, man sieht ja auf dem ersten LP-Cover, dass wir ein bunter Mix an Leuten waren.

Beide Alben wurden von Harris Johns im Music-Lab aufgenommen.
Teddy: Ja, das war gut und zu dieser Zeit auch die einzige Möglichkeit. Es sei denn, du warst Millionär, dann hättest du noch ins Hansa-Studio gehen können ...
Uwe: Wir waren sogar die Gründungsband von MAD Tourbooking, die Silvester 1983, zusammen mit OHL, mit uns ihren ersten Gig organisierten.

Eure anderen Projekte sind meines Wissens HAVANNA HEAT CLUB und SUKKAR.
Uwe: Wir sahen damals im Pool-Club, den wir betrieben haben, eine Band, die DICK O.D. hieß. Die verloren ihren Drummer und Gitarristen, und ehe die sich nun komplett auflösten, fragten wir die verbliebenen Mitglieder, ob sie weiter Musik machen wollen, und so gründeten wir dann diese „neue“ Band: HAVANNA HEAT CLUB, das Projekt existierte von 1999 bis 2009. Wir haben mit GLUECIFER, MAD SIN oder als Vorband von ROSE TATTOO gespielt. Viele Gigs. Teddy trommelte anfangs und war Gründungsmitglied. Nach HHC habe ich tatsächlich drei Jahre keine Musik mehr gemacht. SUKKAR entstand aus einer Idee von mir. Ich fragte meinen Freund Bernd, ob ich sein Studio nutzen könne, und der empfahl das einem Bassisten, der dann sogleich begeistert von dem Musikstil gemeinsam mit ihm einstieg.

Hört ihr noch Oi!-Punk oder hat sich das erledigt?
Uwe: Ab und an höre ich schon noch so etwas, ist ja auch klar, es war ja ein Bestandteil der eigenen Jugend. Warum sollte man das nicht mehr hören? Es war ja nicht alles Schrott. Sicher, einige Dinge, die damals das Herz zum Schlagen barachten, finde ich heute weniger gut, aber einiges ist weiterhin durchaus von Relevanz.

Was sich von THE VOICE bis zu der eher poppig-funkigen Band SUKKAR wie ein roter Faden durchzieht, sind die erotisch orientierten Texte. Die liegen euch offensichtlich?
Uwe: Dieses Thema ist die Triebfeder fast aller Handlungen. Erobern, erobert werden. Die ganze Literatur, Kunst, Film, Theater, das ganze Leben ist voll davon.
Teddy: Was treibt uns alle um? Klar schreibt man über Dinge, die einen interessieren, die einen begleiten und die einem Spaß machen.