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A CERTAIN RATIO

ACR Loco

Mittlerweile hat Mute den gesamten Backkatalog der Ende der Siebziger in Manchester gegründeten A CERTAIN RATIO, die ihre frühen Platten wie JOY DIVISION bei Factory veröffentlichten, wieder zugänglich gemacht. Zuletzt die tolle „ACR: Box“, eine Sammlung von Raritäten, Demos und unveröffentlichten Stücken, die die musikalische Bandbreite von ACR wesentlich besser veranschaulichte als die Originalplatten. Der Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger verbreitete Post-Punk nimmt allerdings nur einen kleinen Teil im Schaffen von ACR ein, bei denen mit Jez Kerr, Martin Moscrop und Donald Johnson immer noch drei der Gründungsmitglieder aktiv sind. Denn ACR wandten sich schnell wieder vom Post-Punk ab und experimentierten mit Pop, Jazz, Dub, Funk, Soul und anderen Formen von Dance Music, produzierten damit aber nie typisches Chartsmaterial, sondern blieben immer sympathisch undergroundig und besaßen auch ihre „dunkleren“ Momente. Dieser Spagat gelang ihnen zwar in ihrer Anfangszeit nicht immer durchweg überzeugend, sieht man mal von ihrem sehr poppigen Album „Force“ von 1986 ab, dafür konnten sie dann auf ihrem Reunion-Album „Mind Made Up“ von 2008 all diese Elemente auf hervorragende Art zu einem echten Groove-Monster bündeln. Zwölf Jahre später erschien jetzt der Nachfolger „ACR Loco“, nachdem die Band auch wieder auf Tour war, und es knüpft nahtlos an „Mind Made Up“ an, ist aber ein in rhythmischer Hinsicht noch wesentlich tighteres Album. Aber auch die Pop-Sensibilität von „Force“ kommt hier wieder zur Geltung, die nicht weit von NEW ORDER entfernt ist. Wer eine extreme Abneigung gegen jede Form von Dance Music hat, den werden ACR auch mit „ACR Loco“ nicht zum Fan machen, aber Kerr, Moscrop und Johnson zeigen damit einmal mehr, wie extrem unterbewertet sie in diesem Bereich sind, denn smarter und virtuoser kann man so etwas kaum umsetzen und dabei gleichermaßen Kopf und Bauch ansprechen.