Foto

CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER

Home

Als der Wuppertaler Caspar Brötzmann, Sohn des Jazzmusikers Peter Brötzmann und Jahrgang 1962, 1986 CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER gründete, war seine erste, plakativ gesehen, wildere musikalische Phase längst vorbei: mit DIE ALLIERTEN erfüllten er und seine Mitstreiter alle Klischees einer Oi!-Band, rechte Scheiße mal außen vor gelassen. Ihr „Ruhm und Ehre“-Album, ähnlich subtil betitelt wie die Veröffentlichungen ihrer Rock-O-Rama-Labelkollegen OHL, war 1983 erschienen und Brötzmann bald in einer anderen Welt angekommen, in Berlin, wo sich damals –Stichwort: EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN (F.M. Einheit spielte zeitweise bei CBM Schlagzeug und produzierte „Home“) – auch andere an der Neudenkung von unkonventioneller Musik jenseits von, aber basierend auch auf Punk versuchten. Mit Eduardo Delgado López (Bass; Bruder von Gabi Delgado López von DAF) gründete Brötzmann CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER – Massaker mit scharfem, teutonischem K, nicht „Massacre“. 1987 erschien auf dem Berliner Ausnahmelabel Zensor das erste Album „The Tribe“ und war seiner Zeit weit voraus, vor allem aber meiner: als junger Punk konnte man zwar die Wildheit jener Musik erfassen, die Ruppigkeit der Gitarre, aber irgendwie überforderte einen das latent, wie auch diese „jazzigen“ Platten auf SST damals. Hendrix spielte für Brötzmann jr., damals Mitte zwanzig, wohl eine wichtige Rolle, wie auch der Musiker Hans Reichel, ein Freund der Familie, der ihm zeigte, wie man seine Gitarre technisch manipulieren kann. Was folgte, ist Geschichte: Brötzmann wurde, wie sein Vater, avantgardistischer Musiker, entwickelte sich heraus aus dem Punk-affinen Underground, wo er noch 1996 mit Page Hamilton von HELMET das „Zulutime“-Album veröffentlicht hatte. Heute findet er in „unseren“ Kreisen kaum noch statt, was sich dank der Rereleases der CMB-Alben vielleicht ändern kann. Southern Lord aus Los Angeles und kein deutsches Label nahm sich der Rerelease-Aufgabe im CD- und LP-Format an, die alle 2018 im Berliner Candy Bomber Studio von Ingo Krauss remastert wurden und mich heute – anders als in den späten Achtzigern – nicht mehr überfordern, sondern schon beinahe „zahm“ wirken. Man hat wohl mittlerweile Wilderes gehört ... Den Rereleases von „The Tribe“ (1987) und „Black Axis“ (1989) folgten „Der Abend der schwarzen Folklore“ (1992 auf Our Choice erschienen) und „Koksofen“, das im Juni 1993 ebenfalls auf dem hauseigenen Label des deutschen Rough Trade-Vertriebs erschien. CMB hatten einen guten Lauf damals, mit „Home“ erschien Anfang 1995 dann das fünfte und letzte Album der Band, wieder auf Our Choice beziehungsweise in UK auf Blast First und in den USA auf Thirsty Ear. Aufgenommen wurden es wie die beiden Alben davor in der Besetzung mit Eduardo Delgado López am Bass und Danny Lommen von GORE am Schlagzeug. Im März 1994 ging man dafür ins Studio Steinschlag, F.M. Einheit und Bruno Gebhard fungierten als Produzenten. Auch den Erstrelease gab es im LP-Format, allerdings wurden die ersten drei Songs mit zusammen knapp dreißig Minuten Spielzeit auf die A-Seite gepresst (im wahrsten Sinne des Wortes), so dass nach heutigen Standards die Klangqualität schon suboptimal war. Southern Lord hat sich deshalb bei der Neuauflage für eine Doppel-LP entschieden mit weniger als 15 Minuten Musik auf jeder Seite. Einfacher war die auf „Home“ auch nicht geworden: an Hendrix-Improvisationen erinnerndes Gitarrrenlärmen mit einem schleppenden, pulsierenden Rhythmus-Unterbau, etwas Geschrei dazu – das fordert. Wie für alle anderen Alben gilt auch hier: Eine spannende, lohnenswerte (Wieder-)Entdeckung einer Band, die man im Kontext von EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN, NICK CAVE & THE BAD SEEDS und SWANS sehen muss, aber bislang nicht so viel Aufmerksamkeit erfahren hat wie diese. Leider kommt auch dieses Album ohne Linernotes.